Verfahrensgang

LG Offenburg (Aktenzeichen 3 O 104/19)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beklagten werden der Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 07.06.2021, Az. 3 O 104/19, und der durch die Kostenrechnungen vom 13.01.2020 und vom 24.08.2020 verkörperte Kostenansatz - mit Ausnahme der angesetzten Auslagen in Höhe von 20,67 EUR - aufgehoben.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Gegenstand des dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Rechtsstreits sind Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus einer ärztlichen Behandlung der Klägerin im ...Klinikum, deren Träger der beklagte Landkreis ist. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 07.06.2021, durch den dieses die Erinnerung des Beklagten vom 03.09.2020 gegen den Kostenansatz des Landgerichts zurückgewiesen hat.

Durch Beschluss vom 10.01.2020 hat das Landgericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO einen zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich festgestellt, wonach sich der Beklagte u.a. zur Zahlung von 20.000 EUR an die Klägerin verpflichtet hat und eine Kostenquotelung dahin vorgenommen worden ist, dass die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3 der außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten zu tragen hat (s. im Einzelnen AS I, 199 ff.).

Mit Kostenrechnungen vom 13.01.2020 (AS I, Vorblatt II) und vom 24.08.2020 (AS I, 285) sind dem beklagten Landkreis - der Kostenquote im Vergleich entsprechend - durch die Landesoberkasse Gerichtskosten in Höhe von 20,67 EUR (1/3 der angesetzten Auslagen in Höhe von 62 EUR) und 262 EUR (1/3 der angesetzten Gerichtsgebühren in Höhe von 786 EUR), insgesamt also 282,67 EUR, in Rechnung gestellt worden. Mit Schreiben vom 03.09.2020 (AS I, 283), das das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung als Erinnerung gegen den Kostenansatz (s. Beschluss vom 07.06.2021, AS I 328) ausgelegt und der es mit Beschluss vom 08.09.2020 nicht abgeholfen hat (AS I, 289), hat der Beklagte unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG um Aufhebung der ausschließlich die Gerichtsgebühren betreffenden Kostenrechnung vom 24.08.2020 ersucht.

Mit Stellungnahme vom 01.10.2020 (AS I, 301 f.) hat die Bezirksrevisorin zur Erinnerung des Beklagten Stellung genommen und beantragt, diese zurückzuweisen.

Nach Übernahme des Rechtsstreits durch die Kammer durch Beschluss vom 29.10.2020 (AS I, 323 f.) hat das Landgericht die Erinnerung des Beklagten vom 03.09.2020 gegen den Kostenansatz mit Beschluss vom 07.06.2021 (AS I, 327) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG sei nicht einschlägig, da die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur Bund und Länder erfasse und eine erweiternde Auslegung nicht geboten sei. Da die streitige Angelegenheit eine wirtschaftliche Betätigung des Beklagten betreffe, führe auch die landesrechtliche Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG BW nicht zu einer Gebührenbefreiung des Beklagten; dem stehe insbesondere die für die Frage einer Gebührenbefreiung nicht anwendbare Vorschrift des § 102 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 GemO BW nicht entgegen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten vom 23.06.2021 (AS I, 337 ff.). Aus §§ 67 Abs. 1, 2 DGO, 102 Abs. 1, 4 GemO BW folge, dass von einer nichtwirtschaftlichen Betätigung auszugehen sei, soweit ein Landkreis oder eine Gemeinde im Bereich der nach §§ 67 Abs. 2 DGO, 102 Abs. 4 GemO privilegierten Daseinsvorsorge tätig werde. Dies gelte mit Blick auf den Gleichheitssatz umso mehr, als den Beklagten eine gesetzliche Verpflichtung zum Betrieb eines Krankenhauses treffe.

II. A. Die ausschließlich gegen den durch die Kostenrechnung vom 24.08.2020 verkörperten Teil des Kostenansatzes gerichtete Beschwerde des Beklagten ist - wovon das Landgericht im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgegangen ist - als (insoweit beschränkte) Beschwerde gegen den Kostenansatz statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro, § 66 Abs. 2 S. 1 GKG.

B. Die Beschwerde ist darüber hinaus vollumfänglich begründet. Zwar liegen die Voraussetzungen einer Kostenbefreiung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht vor (dazu 1.), dafür aber diejenigen einer Gebührenbefreiung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG BW (dazu 2.).

1. Zutreffend hat das Landgericht im angegriffenen Beschluss (dort S. 2) darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen einer Kostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht vorliegen und eine erweiternde Auslegung nicht angezeigt ist.

Insoweit fällt der Beklagte bereits nicht in den personellen Anwendungsbereich der Vorschrift. Landkreise sind Gemeindeverbände (vgl. OLG Karlsruhe, Die Justiz 1973, 294; OLG Naumburg, Beschluss vom 01.08.2000 - 1 U 77/99, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.08.2007 - 7 W 54/07, BeckRS 2007, 16402, beck-online) und genießen als solche keine Kostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG, da die Vorschrift schon ihrem Wortlaut nach nur den "Bund und die Länder" sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes ...

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