Verfahrensgang
LG Offenburg (Aktenzeichen 3 O 359/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 17.06.2021, Az. 3 O 359/15, und der durch die Kostenrechnung vom 01.09.2020 verkörperte Kostenansatz - mit Ausnahme der angesetzten Auslagen in Höhe von 908,65 EUR - aufgehoben.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Gegenstand des dem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Rechtsstreits sind Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus einer ärztlichen Behandlung im ... Klinikum, deren Träger der Beklagte ist. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Beschluss des Landgerichts Offenburg vom 17.06.2021, durch den dieses die Erinnerung des Beklagten vom 15.09.2020 gegen durch die Landesoberkasse erhobene Gerichtskosten zurückgewiesen hat.
Durch Beschluss vom 07.01.2019 hat das Landgericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO einen zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich festgestellt, wonach sich der Beklagte u.a. zur Zahlung von 39.000 EUR an die Klägerin verpflichtet hat und eine Kostenquotelung dahin vorgenommen worden ist, dass die Klägerin 85% und der Beklagte 15% der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen hat (s. im Einzelnen AS I, 837 ff.).
Mit Kostenrechnung vom 01.09.2020 (AS I, 1013) sind dem Beklagten - der Kostenquote im Vergleich entsprechend - durch die Landesoberkasse 15% der gem. Nr. 1210 KV GKG angefallenen Gebühren in Höhe von 6.849 EUR, mithin 1.027,35 EUR, in Rechnung gestellt worden. Nicht in Rechnung gestellt worden ist der Auslagenanteil nach Anlage 1, Teil 9 KV GKG des verfahrensgegenständlichen Kostenansatzes, der ausweislich der Kostenrechnung 908,65 EUR (= 6.057,67 EUR × 0,15) beträgt. Mit Schreiben vom 15.09.2020 (AS I, 1011), das das Landgericht als Erinnerung gegen den Kostenansatz ausgelegt und der es mit Verfügung vom 23.10.2020 nicht abgeholfen hat (AS I, 1017), hat der Beklagte unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG um Aufhebung der Kostenrechnung vom 01.09.2020 ersucht, weil er als Landkreis von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit sei.
Mit Stellungnahme vom 23.10.2020 (AS I, 1019 ff.) hat die Bezirksrevisorin zur Erinnerung des Beklagten Stellung genommen und beantragt, diese zurückzuweisen.
Das Landgericht (Einzelrichter) hat die Erinnerung des Beklagten vom 15.09.2020 mit Beschluss vom 17.06.2021 (AS I, 1023 ff.) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG sei nicht einschlägig, da die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur Bund und Länder erfasse und eine erweiternde Auslegung nicht geboten sei. Da die streitige Angelegenheit eine wirtschaftliche Betätigung des Beklagten betreffe, führe auch die landesrechtliche Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG BW nicht zu einer Gebührenbefreiung des Beklagten; dem stehe insbesondere die für die Frage einer Gebührenbefreiung nicht anwendbare Vorschrift des § 102 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 GemO BW nicht entgegen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten vom 29.06.2021 (AS I, 1035 ff.), der das Landgericht nicht abgeholfen hat (AS I, 1053). Aus §§ 67 Abs. 1, 2 DGO, 102 GemO BW folge, dass von einer nicht-wirtschaftlichen Betätigung auszugehen sei, soweit ein Landkreis oder eine Gemeinde im Bereich der nach §§ 67 Abs. 2 DGO, 102 Abs. 4 GemO privilegierten Daseinsvorsorge tätig werde. Dies gelte umso mehr, als den Beklagten eine gesetzliche Verpflichtung zum Betrieb eines Krankenhauses treffe und nach der Betriebssatzung des Beklagten dieser gerade nicht mit Gewinnerzielungsabsicht tätig sei.
II. A. Die ausschließlich gegen die Erhebung von Gerichtsgebühren gerichtete Beschwerde des Beklagten ist - wovon das Landgericht im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgegangen ist - als (insoweit beschränkte) Beschwerde gegen den Kostenansatz statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro, § 66 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 GKG.
B. Die Beschwerde ist darüber hinaus vollumfänglich begründet. Zwar liegen die Voraussetzungen einer Kostenbefreiung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht vor (dazu 1.), dafür aber diejenigen einer Gebührenbefreiung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG BW (dazu 2.).
1. Zutreffend hat das Landgericht im angegriffenen Beschluss (dort S. 2) darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen einer Kostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht vorliegen und eine erweiternde Auslegung nicht angezeigt ist.
Insoweit fällt der Beklagte bereits nicht in den personellen Anwendungsbereich der Vorschrift. Landkreise sind Gemeindeverbände (vgl. OLG Karlsruhe, Die Justiz 1973, 294; OLG Naumburg, Beschluss vom 01.08.2000 - 1 U 77/99, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.08.2007 - 7 W 54/07, BeckRS 2007, 16402, beck-online) und genießen als solche keine Kostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG, da die Vorschrift schon ihrem Wortlaut nach nur den "Bund und die Länder" sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anst...