Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Beschwerde der Gläubigerin gegen den Vollstreckungsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten und der eingeschränkten Prüfungskompetenz des Rechtspflegers, einen Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids oder Vollstreckungsbescheids zurückzuweisen, wenn sich aus den vorhandenen Angaben des Antragstellers ergibt, daß die behauptete Forderung überhaupt nicht besteht.

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Tenor

1. Die als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung der Gläubigerin gegen den Vollstreckungsbescheid des Landgerichts Heidelberg vom 27. Oktober 1986 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Beschwerde trägt die Gläubigerin.

3. Der Beschwerdewert wird auf 993,80 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin aus Mannheim mahnte am 9.12.1985, 6. und 20.1.1986 bei der im Landgerichtsbezirk Heidelberg ansässigen Beschwerdegegnerin eine am 26.11.1985 in Rechnung gestellte Forderung von etwas unter 8.000 DM an. Danach beauftragte die Beschwerdeführerin ein behördlich zugelassenes Inkassounternehmen in Wiesbaden, dessen Inhaber als Rechtsbeistand zugelassen ist. Dieses übersandte der Beschwerdegegnerin am 4.3.1986 ein Inkassoschreiben, mit dem zusätzlich zur Hauptforderung Mahnkosten von 8,– DM und eine Inkassogebühr von 497,90 DM geltend gemacht wurden. Am 26.3.1986 beantragte der Inhaber des Inkassounternehmens einen Mahnbescheid über die Hauptforderung nebst 497,90 DM + 8,– DM vorgerichtliche Kosten. Als Kosten des Verfahrens setzte er für seine Gebühren 495,90 DM gemäß BRAGO an. Gegen den antragsgemäß ergangenen Mahnbescheid legte die Antragsgegnerin Widerspruch ein. Danach begründeten Rechtsanwälte aus Wiesbaden für die Beschwerdeführerin die Klage. Nach Abgabe an das Landgericht Heidelberg und Terminbestimmung meldeten sich für die Beschwerdeführerin dort zugelassene Anwälte als Prozeßbevollmächtigte und verwiesen auf die vorgelegte Klagebegründung. Die Beschwerdegegnerin nahm anschließend den Widerspruch gegen den Mahnbescheid zurück. Die Rechtsanwälte aus Wiesbaden beantragten daraufhin Vollstreckungsbescheid. Der Rechtspfleger sah nur die Kosten eines Anwalts für erstattungsfähig an und lehnte auch die Festsetzung der vorgerichtlichen Kosten von 497,90 DM ab, da sie bei sofortiger Einschaltung eines beim Prozeßgericht zugelassenen Anwalts nicht entstanden wären. Mit der Erinnerung begehrt die Beschwerdeführerin die Festsetzung der Gebühren der Prozeßbevollmächtigten in Höhe von 495,90 DM und die Ansetzung der vorgerichtlichen Kosten von 497,90 DM. Das Landgericht hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Die beim Landgericht Mannheim zugelassenen Anwälte sind in aller Regel auch beim Landgericht Heidelberg zugelassen.

II.

1. Soweit sich die Erinnerung gegen die Absetzung der vorgerichtlichen Kosten als Nebenforderung richtet, handelt es sich um eine unbefristete Erinnerung. Soweit sich die Erinnerung gegen die unterlassene Festsetzung der Kosten der Prozeßbevollmächtigten richtet, handelt es sich um eine als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung, die nach §§ 21 Abs. 1 und 2, 11 Abs. 2 Satz 4 und 5 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO zulässig ist (vgl. OLG Frankfurt, Rechtspfleger 1981, 239 und Zöller-Vollkommer, ZPO, 15. Aufl., § 699 Anm. V 2).

Der Rechtsbehelf brauchte nicht durch einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt zu werden (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O. § 78 Anm. II 1 b dd; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl., Anhang nach § 153 GVG Anm. 6).

2. Der für den Erlaß des Vollstreckungsbefehls zuständige Rechtspfleger beim nach § 699 Abs. 1 Satz 3 ZPO zuständigen Landgericht Heidelberg war durch den erlassenen Mahnbescheid nicht an die darin liegende stillschweigende Bejahung der Zulässigkeitsvoraussetzungen gebunden (so auch: Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 699 Anm. III 1; Stein-Jonas-Schlosser, ZPO, 20. Aufl., § 699 Rdn. 6). Zwar ergeht der Vollstreckungsbescheid nach § 699 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf der Grundlage des Mahnbescheides. Der Mahnbescheid erlangt jedoch weder Rechtskraft noch eine Bindungswirkung analog § 318 ZPO. Der Erlaß des Vollstreckungsbescheids ist nicht nur eine Vollstreckbarerklärung des Mahnbescheids, sondern ein selbständiger Teil des Mahnverfahrens, dessen Voraussetzungen auch zum Zeitpunkt des Vollstreckungsbescheides noch gegeben sein müssen. Der Rechtspfleger hat daher die gleiche Prüfungsbefugnis wie bei Erlaß des Mahnbescheids (so wohl auch Thomas-Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 699 Anm. 4 a ff) und darf auch die Angaben in einer inzwischen eingegangenen Klageschrift verwenden.

3. a) Auch wenn dem Rechtspfleger keine Schlüssigkeitsprüfung für den im Mahnverfahren geltend gemachten Anspruch mehr obliegt, ist er doch berechtigt, den Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids oder Vollstreckungsbescheids zurückzuweisen, wenn sich aus den vorhandenen Angaben des Antragstellers ergibt, daß die behauptete Forderung überhaupt nicht besteht. Das Mahnverfahren hat zwar den Zweck, auf einfache und billige Weise dem Gläubiger e...

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