Entscheidungsstichwort (Thema)

Abwesenheitsverhandlung bei allgemeinem Entbindungsantrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Stellt der Betroffene einen allgemeinen, nicht terminsbezogenen Antrag nach § 73 Abs. 2 OWiG und gibt das Amtsgericht dem Antrag für den tatsächlich stattgefundenen Hauptverhandlungstermin statt, kann auch dann nach § 74 Abs. 1 Satz 1 OWiG in Abwesenheit des Betroffenen verhandelt werden, wenn der ursprünglich vorgesehene Termin verlegt worden war.

2. Rügt der Betroffene bei seiner und des Verteidigers Abwesenheit in der Hauptverhandlung eine unzureichende Mitteilung nach § 222 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG (hier: keine vorherige genaue namentliche Bezeichnung des erschienenen Sachverständigen), muss er für eine zulässige Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs dartun, dass er trotz erfolgter Entbindung von der Anwesenheit zur Hauptverhandlung erschienen wäre und den Sachverständigen befragt hätte.

 

Normenkette

OWiG § 73 Abs. 2, § 74 Abs. 1 S. 1, § 80 Abs. 3 S. 3; StPO § 222 Abs. 1, § 344 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 11.12.2014; Aktenzeichen 31 OWi 520 Js 21181/14)

 

Tenor

  1. Der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts F. vom 11. Dezember 2014 zuzulassen, wird als unbegründet verworfen.
  2. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
 

Gründe

I.

Das Amtsgericht F. hat den Betroffenen - in seiner und des Verteidigers Abwesenheit - mit Urteil vom 11.12.2014 - 31 OWi 520 Js 21181/14 - wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 28 km/h zu einer Geldbuße von 80,-- EUR verurteilt.

Nachdem am 24.07.2014 zunächst Hauptverhandlung auf den 28.08.2014 bestimmt worden war, gab der Verteidiger mit Schriftsatz vom "01.04.2014", eingegangen am 11.08.2014, eine Stellungnahme ab. In dieser wurde die Fahrereigenschaft eingeräumt, wohingegen die Richtigkeit des Messergebnisses (mittels PoliScanspeed) bestritten wurde. Der als eigene Äußerung des Betroffenen verfasste Inhalt des Schriftsatzes endet als letzter Absatz wie folgt:

"Ich habe mit diesen Ausführungen alles gesagt, was ich zu sagen hatte. Einen Hauptverhandlungstermin beim Amtsgericht möchte ich nicht wahrnehmen müssen. Der Aufwand für die Wahrnehmung eines Termins in F. wäre mir aus zeitlichen Gründen und Gründen der hohen Kosten zu aufwendig. Ich bin beruflich sehr stark in Anspruch genommen und würde durch die Wahrnehmung eines Termins in F. bei vernünftiger Planung zwei Arbeitstage verlieren. Das möchte ich mir nicht zumuten. Auf der Grundlage meiner obigen Erklärung kann das Gericht auch so eine Entscheidung fällen. Weitere Erklärungen gebe ich nicht ab. Ich würde mich auch in einer Verhandlung nicht äußern."

Da nunmehr die Ladung eines Zeugen und eines Sachverständigen erforderlich war, wurde der Termin vom 28.08.2014 am 12.08.2014 aufgehoben. Mit Verfügung vom 16.09.2014 wurde neuer Termin auf den 13.11.2014 bestimmt. Hierzu wurde der die Messung durchführende Polizeibeamte und als technischer Sachverständiger "Dr. L. oder Vertreter" geladen. Mit Beschluss vom selben Tag wurde der Betroffene gem. § 73 Abs. 2 OWiG vom Erscheinen zum Termin vom 13.11.2014 entbunden. Wegen Verhinderung des Zeugen wurde der Termin vom 13.11.2014 am 23.09.2014 auf den 04.12.2014 verlegt. Zugleich erging ein Beschluss nach § 73 Abs. 2 OWiG für den neuen Termin. Da der Zeuge auch an diesem Termin nicht erscheinen konnte, wurde er am 31.10.2014 auf den 11.12.2014 verlegt. Ferner erging wiederum ein Beschluss nach § 73 Abs. 2 OWiG in Bezug auf den 11.12.2014. Ausfertigungen sämtlicher Entbindungsbeschlüsse wurden dem Verteidiger und dem Betroffenen übersandt. Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht. Die Ladung zum 11.12.2014 wurde dem Verteidiger und dem Betroffenen ordnungsgemäß zugestellt. In dieser wurde wegen der geladenen Personen auf die frühere Ladung hingewiesen.

Der Verteidiger und der Angeklagte sind zum Hauptverhandlungstermin ohne weitere Erklärungen nicht erschienen. Die Hautverhandlung, in der der Polizeibeamte als Zeuge und Dipl.Ing. S. vom Sachverständigenbüro Dr. L., F., vernommen wurden, wurde in Abwesenheit des Betroffenen und des Verteidigers durchgeführt. Hierbei legte der Sachverständige Lichtbilder anderer am Vorfallstag gemessener Fahrzeuge sowie des Fahrzeugs des Betroffenen vor, die er im Rahmen der Überprüfung der Richtigkeit des Messergebnisses gefertigt hatte; diese wurden in Augenschein genommen. Ferner wurde ein Schreiben vom 05.09.2014 des als Zeuge vernommenen Polizeibeamten an das Regierungspräsidium K. - Zentrale Bußgeldstelle - verlesen, wonach anhand einer Nachschau in den Unterlagen an dem eingesetzten Gerät zwischen der Eichung und dem 22.01.2014 (Tag der Messung) keine Reparaturen oder dokumentierten Defekte aufgetreten seien.

Der Betroffene hat gegen die Entscheidung form- und fristgerecht Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. In diesem erhebt er Verfahrensrügen und die allgemeine Sachr...

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