Leitsatz (amtlich)
Für die Genehmigung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von Minderjährigen nach §§ 1643, 1697a BGB ist nicht in jedem Fall die Vertragskonstruktion mit dem geringsten Risiko zu wählen. Vielmehr ist eine Abwägung der Risiken und Vorteile vorzunehmen.
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 530 F 550/22) |
Tenor
1. Auf die Beschwerden der Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg im Breisgau vom 23.05.2022 abgeändert und in Ziffern 1 und 3 des Tenors wie folgt neu gefasst:
1. Die Erklärungen von A. K. sowie C. K. als gesetzliche Vertreter für O. K., P. K., A. K. und L. K., mit folgendem Gegenstand:
a) Schenkungsvertrag vom 26./29.03.2022, geschlossen zwischen Frau T. K. und den vier Beschwerdeführern, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter, zur Übertragung von Teilkommanditanteilen an der X. KG in Höhe von je nominal 40.153,48 EUR (Anteil am Gesellschaftskapital über 0,010603 %; Kommanditeinlage 10.000 EUR),
b) Schenkungsvertrag vom 26./29.032022, geschlossen zwischen Frau T. K. und den vier Beschwerdeführern, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter, zur Übertragung von Teilkommanditanteilen an der X. Beteiligungen KG in Höhe von je nominal 26,04 EUR (Anteil am Gesellschaftskapital über 0,017539 %, Kommanditeinlage 1.000 EUR), sowie
c) Schenkungsvertrag vom 26./29.03.2022, geschlossen zwischen Frau T. K. und den vier Beschwerdeführern, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter, zur Übertragung von Anteilen an der X. Familien GbR in Höhe von je nominal 620,15 EUR (Anteil über 0,013154 %),
werden familiengerichtlich genehmigt.
3. Der Verfahrenswert wird festgesetzt auf 4.000.000 EUR.
2. Die Betroffenen tragen die Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren zu je einem Viertel. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Genehmigung von Rechtsgeschäften.
Die Großtante der vier minderjährigen Betroffenen, Frau T. K., ist Kommanditistin der X. KG sowie der X. Beteiligungen KG. Außerdem ist sie Gesellschafterin der X. Familien GbR. Im Zuge einer umfassenden Übertragung von Anteilen auf die nächste Generation in der Familie ist die Übertragung von Teilen dieser Beteiligungen an die vier minderjährigen Betroffenen vorgesehen. Für die Kommanditanteile soll ein Nießbrauch der Schenkerin bestehen. Der Eintritt in die Gesellschaften soll zum 31.03.2022 erfolgen. Hinsichtlich der Haftung zwischen diesem Zeitpunkt und der Eintragung ins Handelsregister übernimmt die Schenkerin im Innenverhältnis die Haftung.
Die Betroffenen machen geltend, diese Konstruktion sei gewählt worden, weil so die Schenkungssteuerlast von 3.452.250 EUR pro Kind auf 7.860 EUR gesenkt werden könne. Die X.-Gruppe habe mit enormem Aufwand bestimmte vermögenswirksame Tätigkeiten heruntergefahren, um für die Minderjährigen ein optimales Übertragungsfenster zu ermöglichen und die gesetzlichen Voraussetzungen der schenkungssteuerlichen Begünstigung (§§ 13 a ff. ErbStG) zu schaffen. Aus unternehmerischen Gründen könne die X.-Gruppe diesen Zustand nicht über unbestimmte Zeit aufrechterhalten, so dass sich nach dem festgelegten Übertragungsstichtag 31.03.2022 das Zeitfenster für eine Anteilsübertragung wieder schließe. Das Haftungsrisiko falle angesichts des relevanten Überschusses der X. KG im Jahre 2021 von 761,4 Mio. EUR gering ins Gewicht. Es handele sich um eine zentral koordinierte stichtagsgenaue Anteilsübertragung an insgesamt 103 Beschenkte.
Beim Senat ist ein Parallelverfahren hinsichtlich der Übertragung an Kinder aus einem anderen Familienzweig anhängig (5 WF 76/22), außerdem soll es weitere 13 Verfahren in anderen Gerichtsbezirken geben.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht die familiengerichtliche Genehmigung aller Geschäfte versagt. Es sei nicht die haftungsrechtlich günstigste Variante gewählt worden, da die Betroffenen nach § 176 Abs. 2 HGB für den Zeitraum zwischen Eintritt und Eintragung als Kommanditisten wie persönlich haftende Gesellschafter haften. Der Beschluss wurde den Betroffenen am 30.05.2022 zugestellt.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Betroffenen mit Anwaltsschriftsatz vom 07.06.2022, eingegangen beim Familiengericht am selben Tag. Darin machen die Betroffenen geltend, das Haftungsrisiko sei zeitlich begrenzt und lediglich abstrakter Natur. Die Vorteile würden deutlich überwiegen.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet. Das zur Entscheidung stehende Rechtsgeschäft ist nach §§ 1643, 1822 Abs. 1 Nr. 3 BGB sowohl genehmigungsbedürftig als auch genehmigungsfähig.
1. Die Genehmigungsbedürftigkeit des notariellen Vertrages vom 23.09.2013 folgt aus §§ 1643, 1822 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Die Betroffenen gehen mit der schenkweisen Übertragung der Kommanditanteile Gesellschaftsverträge z...