Leitsatz (amtlich)
1. Im Klageerzwingungsverfahren kann die Staatsanwaltschaft durch eine gerichtliche Entscheidung zur Aufnahme von Ermittlungen aufgefordert werden, wenn sie eine Strafbarkeit aus unzutreffenden rechtlichen Gründen verneint (OLG Karlsruhe DJ 2003, 270 ff.).
2.a) Der Begriff des Unternehmens i.S.v. § 206 StGB ist weit auszulegen. Hierunter ist jede Betätigung im geschäftlichen Verkehr anzusehen, die nicht ausschließlich hoheitlich erfolgt oder auf eine private Tätigkeit beschränkt ist.
b) Stellt eine Hochschule ihre Telekommunikationseinrichtungen zur Versendung und Empfang elektronischer Post (E-Mail) ihren Mitarbeitern und anderen Nutzergruppen auch für private und wirtschaftliche Zwecke zur Verfügung, so wird sie damit außerhalb ihres hoheitlichen Aufgabengebietes tätig und ist als Unternehmen i.S.v. § 206 StGB anzusehen.
3.a) Dem Tatbestandsmerkmal "unbefugt" kommt in § 206 StGB eine Doppelfunktion zu. Ein Einverständnis schließt bereits die Tatbestandsmäßigkeit des § 206 StGB aus, im Übrigen handelt es sich um ein allgemeines Rechtswidrigkeitsmerkmal.
b) Als Rechtfertigungsgründe für Eingriffe in das Post- und Fernmeldegeheimnis kommen Erlaubnissätze in Betracht, die in einer gesetzlichen Vorschrift, d.h. in einem formellen Gesetz oder einer Rechtsverordnung niedergelegt sind, und die sich ausdrücklich auf Postsendungen, den Postverkehr oder Telekommunikationsvorgänge beziehen. Auch ein Rück-griff auf allgemeine Rechtfertigungsgründe ist möglich, so dass das technische Herausfiltern einer E-Mail gerechtfertigt sein kann, wenn ansonsten Störungen oder Schäden der Telekommunikations- und Datenverarbeitungssysteme eintreten können.
Tenor
Der Antrag des Anzeigeerstatters C. auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft v. 11.3.2004 wird als unzulässig verworfen, soweit er sich gegen Y. und Z. richtet.
Im Übrigen wird die Aufnahme von Ermittlungen wegen des Verdachts der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses (§ 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB) gegen X. angeordnet.
Gründe
I. Mit Schreiben v. 28.12.2003 erstattete der Antragsteller C. bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen die Angehörigen der Hochschule H. nämlich X., Y. und Z. wegen des Verdachts der Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses, der Datenveränderung und der Störung von Telekommunikationsanlagen. Zur Begründung führte er aus, dass er v. 1.3.1994 bis 30.6.1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule H. gewesen sein. Eine von ihm im Herbst 1999 eingereichte Arbeit sei abgelehnt worden. Seine hiergegen eingereichte Klage vor dem VG sei erfolgreich gewesen. Die Hochschule H. habe vor dem VGhof die Rücknahme des Prüfungsbescheides erklärt, um einer Verurteilung zu entgehen. Auch gegen den erneuten Prüfungsbescheid habe er Klage eingereicht.
Mit Schreiben v. 24.10.2003 sei ihm von X. mitgeteilt worden, dass er ihm aus gegebenem Anlass das Privileg entziehe, die Kommunikationseinrichtungen der Fakultät einschließlich E-Post zu benutzen. Der Antragsteller trägt vor, dass es keinen konkreten Anlass für das Verbot gegeben habe. Nachdem er das Schreiben am 29.10.2004 erhalten habe, habe er noch am selben Abend eine E-Mail an den X. gesandt und darauf hingewiesen, dass er keinerlei Anlass gegeben oder Angriff unternommen habe, und dass man ihm wohl fälschlicherweise einen Angriff anderer unterstelle. Am nächsten Morgen habe er in seinem Posteingang eine Fehlermeldung des Mailservers des Vereins gefunden, über den er seine E-Mails ausliefere. Der Server habe mitgeteilt, dass er die Mail noch nicht habe zustellen können. Er habe festgestellt, dass zumindest einer der beiden Mail-Server der Fakultät die Annahme von E-Mails an diesem Abend dauerhaft und wegen Überlastung verweigert habe. Auf telefonische Nachfrage nach dem Grund für die Sperre habe ihm X. erklärt, dass es keinen Anlass gebe, und dass man auch nicht angegriffen worden sei, dass man ihn aber für gefährlich halte und als Bedrohung ansehe.
Nach dem Gespräch habe der Antragsteller festgestellt, dass sämtlicher Internet-Verkehr vom Vereinsrechner in das Fakultätsnetz gesperrt worden sei. Er habe daraufhin seinen Privatrechner so umgestellt, dass seine E-Mails nicht mehr den Umweg über den Vereinsrechner genommen hätten, sondern direkt über das Internet ausgeliefert worden seien. Da nur der Vereinsrechner, nicht aber sein Privatrechner gesperrt worden sei, sei die Mail-Auslieferung zunächst wieder normal verlaufen. Er habe trotzdem Widerspruch gegen die Sperrung erhoben.
Am übernächsten Tag sei der E-Mail-Verkehr nicht mehr möglich gewesen, weil eine zweite Maßnahme ergriffen worden sei, die Gegenstand der Strafanzeige sei.
Der Antragsteller trägt hierzu vor, dass er nun festgestellt habe, dass er mit Dozenten, anderen Wissenschaftlern und Freunden an der Fakultät nicht mehr per E-Mail habe kommunizieren können. Zum einen seien sämtliche E-Mails gesperrt worden, in deren Absenderadresse sein Name vorgekommen sei, und zwar auch dann, wenn die E...