Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschädigung einer Abwasserleitung durch Setzungen eines Gebäudes - Klagebeschränkung
Leitsatz (amtlich)
1. Führen Setzungen eines rechtmäßig errichteten Gebäudes dazu, dass eine unter dem Gebäude verlaufende Abwasserleitung, die der Entwässerung des Nachbargrundstücks dient, beschädigt wird, rechtfertigt dies keinen Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch des Nachbarn gegen den Gebäudeeigentümer.
2. Bei einer Klage des Nachbarn gegen einen Gebäudeeigentümer, Beschädigungen an einer unter dem Gebäude verlaufenden Abwasserleitung zu beseitigen, ist die Pflicht des Gebäudeeigentümers, die dem Nachbarn dienende Abwasserleitung zu dulden, eine rechtliche Vorfrage. Dies rechtfertigt jedoch keine Anwendung von § 264 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO (Klagebeschränkung), wenn der Nachbar im Laufe des Verfahrens zu einem Antrag auf Feststellung des Duldungspflicht des Gebäudeeigentümers übergeht.
Normenkette
BGB §§ 242, 823 Abs. 1, § 906 Abs. 1, 2 S. 2, § 917 Abs. 1, § 1004 Abs. 1; NRG BW § 7f; ZPO § 264 Abs. 2 Ziff. 2
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 12.08.2014; Aktenzeichen 4 O 215/13 Me) |
Tenor
Der Senat erwägt eine Zurückweisung der Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Konstanz vom 12.08.2014 - ME 4 O 215/13 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO. Die Parteien erhalten vor einer Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.
Gründe
I. Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks FlSt. A. in U.. Die Beklagten, die eine Wohnungseigentümergemeinschaft bilden, sind Eigentümer des Nachbargrundstücks FlSt. B. Das Grundstück der Kläger wurde im Jahr 1977 mit einem Wohnhaus bebaut; die Kläger erwarben das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt. Das Grundstück der Beklagten ist mit zwei zur Wohnungseigentumsanlage gehörenden Wohnhäusern bebaut. Die Gebäude wurden im Jahr 1989 errichtet. Wer im Jahr 1989 Bauherr war, ist im Rechtstreit nicht vorgetragen; es ist nicht bekannt, wann die einzelnen Beklagten die jeweiligen Miteigentumsanteile an dem Grundstück erwarben.
Vor der Bebauung des klägerischen Grundstücks im Jahr 1977 fanden Verhandlungen zwischen den damaligen Eigentümern der benachbarten Grundstücke (Rechtsvorgänger der Parteien) statt über die Frage, auf welche Weise die Abwässer vom klägerischen Grundstück entsorgt werden sollten. Man dachte in den Verhandlungen an eine Abwasserleitung, die vom klägerischen Grundstück über das Grundstück der Beklagten und von dort zum Anschluss an die öffentliche Entwässerung führen sollte. (Vgl. zu den Verhandlungen die von den Klägern vorgelegten Schreiben des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 20.08.1977 und vom 03.09.1977, Anlagenheft LG.) Bei diesen Verhandlungen spielte auch die Möglichkeit eine Rolle, dass ggfs. auch die Entwässerung von zwei weiteren Grundstücken, die von Dritten bebaut werden sollten, an die vom Rechtsvorgänger der Kläger geplante Abwasserleitung angeschlossen werden sollte. Zum Abschluss einer Vereinbarung wegen der Abwasserleitungen kam es zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien aus unbekannten Gründen jedoch nicht. Auch die Eintragung einer - vom Rechtsvorgänger der Kläger in Aussicht genommenen - Grunddienstbarkeit zu Gunsten des klägerischen Grundstücks auf dem Nachbargrundstück unterblieb.
Die Kläger haben vorgetragen: Die Abwasserleitung von ihrem Wohnhaus sei im Jahr 1977 tatsächlich über das heute im Eigentum der Beklagten befindliche Grundstück geführt worden. Seit der Bebauung des Nachbargrundstücks im Jahr 1989 liege die Abwasserleitung dort unter den Gebäuden. Setzungen der Gebäude hätten zu Schäden der auf dem Nachbargrundstück befindlichen Leitung geführt. Die Leitung sei an vielen Stellen deformiert, weshalb der Durchfluss erheblich beeinträchtigt werde. Eine Sanierung der beschädigten Leitung auf dem Grundstück der Beklagten im sogenannten Inliningverfahren werde voraussichtlich einen Kostenaufwand von 18.656,82 EUR verursachen. Die Kläger sind der Auffassung, die Abwasserleitung auf dem Nachbargrundstück befinde sich in ihrem Eigentum, da sie der Entsorgung des klägerischen Grundstücks diene. Für Beeinträchtigungen und Beschädigungen der Leitung durch Gebäudedruck seien die Beklagten als Eigentümer des Nachbargrundstücks verantwortlich. Sie seien verpflichtet, die Deformationen der Abwasserleitung zu beseitigen. Außerdem seien die Beklagten verpflichtet, weitere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um künftige Beeinträchtigungen der Abwasserleitung zu verhindern.
Die Beklagten haben den Sachvortrag der Kläger in verschiedenen Punkten bestritten und sind der Klage im Übrigen aus rechtlichen Erwägungen entgegengetreten.
Das LG hat mit Urteil vom 12.08.2014 die auf Beseitigung und Unterlassung gerichtete Klage abgewiesen. Ob die Abwasserleitung vom klägerischen Grundstück tatsächlich unter den Gebäuden auf dem Nachbargrundstück verlaufe, könne dahinstehen. Ebenso könne offenbleiben, ob die Leitung, wie von den Klägern behauptet, beschädigt sei. Ansprüche wegen einer möglichen Beschädigung der Leitung stünden den Kläg...