Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsunterhalt durch Leistungsklage; Verwirkung. Trennungsunterhalt: Erhebung einer Leistungsklage nach einem Prozessvergleich im einstweiligen Anordnungsverfahren zum Trennungsunterhalt. Zeitmoment bei der Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung des Trennungsunterhalts durch einstweilige Anordnung steht einer Unterhaltsklage auch für die zurückliegende Zeit nicht entgegen. Für ein derartiges Hauptsacheverfahren ist ein vorausgegangenes einstweiliges Anordnungsverfahren materiell-rechtlich bedeutungslos. Haben die Parteien im einstweiligen Anordnungsverfahren eine Vereinbarung geschlossen, ist eine andere rechtliche Beurteilung nicht geboten. Einem Prozessvergleich, durch den nichts anderes erreicht werden soll, als eine der beantragten einstweiligen Anordnung entsprechende Regelung, kann im Regelfall keine weitergehende Wirkung zugemessen werden, als sie die einstweilige Anordnung gehabt hätte.
2. Das Verstreichenlassen einer Frist von mehr als einem Jahr kann bei der Bemessung des Zeitmoments für die Verwirkung früherer Unterhaltsansprüche ausreichen.
Normenkette
BGB §§ 242, 1361 Abs. 1; ZPO § 620
Verfahrensgang
AG Karlsruhe-Durlach (Beschluss vom 17.07.2008; Aktenzeichen 3 F 56/08) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Karlsruhe-Durlach vom 17.7.2008 (3 F 56/08) wie folgt abgeändert:
1. Der Antragstellerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwälten Sch. und Kollegen, Karlsruhe, für eine Klage mit folgendem Antrag bewilligt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständigen Trennungsunterhalt i.H.v. 11.113.13 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.279 EUR seit 3.4.2006 und 3.5.2006, aus jeweils 519 EUR seit 3.6.2006, 3.7.2006, 3.8.2006, 3.9.2006, 3.10.2006, 3.11.2006, 3.12.2006, 3.1.2007, 3.2.2007, 3.3.2007, 3.4.2007, 3.5.2007, 3.6.2007, 3.7.2007, 3.8.2007 und 3.9.2007 sowie aus 251,13 EUR seit 3.10.2007 zu zahlen.
2. Der weitergehende Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Gebühr nach GKG Anlage 1 (zu § 3 Abs. 2) KV Nr. 1812 ist nicht zu erheben.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Trennungsunterhalt.
Die Parteien lebten seit 30.1.2005 getrennt und sind zwischenzeitlich geschieden. Mit am 13.12.2005 beim AG Karlsruhe eingegangener Antragsschrift hat der Antragsgegner Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt (AG Karlsruhe 2 F 401/05). Unter dem 4.4.2006 ließ die Antragstellerin den Antragsgegner zur Erteilung von Auskunft über sein Einkommen und sein Vermögen zur Berechnung des Unterhalts auffordern. Die Antragstellerin bezog damals Arbeitslosengeld II i.H.v. monatlich 550 EUR. Mit am 30.5.2006 beim AG Karlsruhe eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung monatlichen Ehegattenunterhalts i.H.v. 1.971,90 EUR ab Anhängigkeit des Antrags gestellt. Mit weiterem Schriftsatz vom 12.7.2006 ist der Antrag auf Zahlung - ausgehend von einem bereinigten Nettoeinkommen von 3.412,77 EUR monatlich - auf monatlich 1.288,24 EUR reduziert worden. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegen getreten. Sein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen hat er auf 2.399,78 EUR beziffert. Im Verhandlungstermin vom 14.7.2006 wurden im Hinblick auf eine mögliche Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin zwei Berechnungen bei einem monatlichen Einkommen des Antragsgegners von 2.400 EUR durchgeführt, die zu einem ungedeckten Bedarf von 637 EUR bzw. 879 EUR führten. Sodann enthält die Sitzungsniederschrift über den weiteren Verlauf folgende Feststellungen:
"Die Überlegungen der Anwesenden gehen dahin, der Ehefrau einen Unterhaltsanspruch im Wege einer vorläufigen Vereinbarung im Rahmen des EA Verfahrens von 760 EUR (Mittel von 640 EUR und 880 EUR) zuzubilligen.
Hierauf schließen die Anwesenden folgende Vereinbarung:
1. Der Ehemann zahlt an die Ehefrau ab Juni 2006 einen monatlichen Trennungsunterhalt von 760 EUR.
2. Der Unterhaltsberechnung liegen die Angaben im Protokoll der heutigen Sitzung zugrunde ..."
Im Rahmen der Folgesache nachehelicher Unterhalt hat die Antragstellerin monatlichen Unterhalt i.H.v. 1.288 EUR monatlich verlangt. Mit Urteil des AG Karlsruhe vom 31.7.2007 ist die Ehe der Parteien geschieden und - neben der Durchführung des Versorgungsausgleichs - der Antragsgegner zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 1.279 EUR bis einschließlich Dezember 2007, monatlich 848 EUR bis einschließlich Juni 2009 und monatlich 400 EUR bis einschließlich Dezember 2011 verurteilt worden. Ausweislich der Urteilsgründe wurde ein Einkommen des Antragsgegners nach Abzug der Steuern von unstreitig 2.842,22 EUR zugrunde gelegt. Die Scheidung ist seit 16.10.2007 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 27.9.2007 hat die Antragstellerin den Antrag...