Entscheidungsstichwort (Thema)
Umstrukturierung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Unterlassungsanspruch im Wege der Einstweiligen Verfügung verfolgt, so ist beim Streitwert in der Regel ein angemessener Abschlag gegenüber dem entsprechenden Hauptsachewert erforderlich. Ein Abschlussschreiben nach Durchführung des gerichtlichen Verfahrens ändert an dieser Regel nichts.
2. Der Streitwert eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs hängt vor allem davon ab, welche Schäden dem Kläger durch (mögliche) zukünftige Rechtsverletzungen drohen. Eine besonders gefährliche Rechtsverletzung in der Vergangenheit, die Anlass der Unterlassungsklage ist, spielt für den Streitwert keine Rolle, wenn der Kläger erhebliche Schäden nur wegen dieser Handlung in der Vergangenheit, nicht jedoch wegen zukünftigen Rechtsverletzungen befürchtet.
Normenkette
RVG § 32 Abs. 2; GKG §§ 48, 68; ZPO § 3
Verfahrensgang
LG Offenburg (Beschluss vom 13.10.2008; Aktenzeichen 2 O 361/08) |
Tenor
1. Die Beschwerde der weiteren Beschwerdeführerin gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des LG Offenburg vom 13.10.2008 - 2 O 361/08 - wird zurückgewiesen, soweit das LG der Beschwerde nicht mit Beschluss vom 16.4.2010 teilweise abgeholfen hat.
2. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Nichtabhilfebeschluss des LG Offenburg vom 16.4.2010 - 2 O 361/08 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) hat vor dem LG Offenburg im Verfahren der einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) Unterlassungsansprüche geltend gemacht. Mit Urteil vom 13.10.2008 hat das LG antragsgemäß eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagten erlassen. Den Beklagten wurde untersagt, eine bestimmte negative Darstellung der geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin ("Umstrukturierungs- und Verbesserungsmaßnahmen Projekt Firma H.") zu verbreiten oder Dritten zugänglich zu machen. Gleichzeitig hat das LG den Streitwert für das Verfügungsverfahren auf 100.000 EUR festgesetzt.
Gegen diese Streitwertfestsetzung richtet sich das Rechtsmittel der weiteren Beschwerdeführerin, die die Klägerin im Verfahren der einstweiligen Verfügung als Prozessbevollmächtigte vertreten hat. Die weitere Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, der Streitwert sei auf zwei Millionen Euro festzusetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der weiteren Beschwerdeführerin verwiesen.
Mit Beschluss vom 16.4.2010 hat das LG der Beschwerde teilweise abgeholfen, den Streitwert auf 330.000 EUR festgesetzt und im Übrigen die Sache dem OLG Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zur Entscheidung vorgelegt.
Gegen den Beschluss vom 16.4.2010 haben die Beklagten Beschwerde eingelegt. Sie halten den ursprünglich vom LG Offenburg i.H.v. 100.000 EUR festgesetzten Streitwerten für zutreffend. Das LG hat der Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen.
II. Beide Beschwerden sind zulässig. Sie sind jedoch - soweit das LG nicht bereits dem Rechtsmittel der weiteren Beschwerdeführerin teilweise abgeholfen hat - nicht begründet. Der Streitwert für das Verfahren vor dem LG beträgt 330.000 EUR.
1. Das Rechtsmittel der weiteren Beschwerdeführerin ist zulässig.
a) Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist berechtigt, gem. § 32 Abs. 2 RVG aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung einzulegen. Sie ist durch die Entscheidung des LG beschwert, da eine höhere Streitwertfestsetzung dazu führen würde, dass die Prozessbevollmächtigte entsprechend höhere Anwaltsgebühren geltend machen könnte.
b) Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG); die Gebührendifferenz zwischen den Anwaltsgebühren aus einem Wert von 330.000 EUR einerseits und den Gebühren aus einem Wert von zwei Millionen Euro andererseits liegt über dem Beschwerdewert von 200 EUR.
2. Auch die gegenläufige Beschwerde der Beklagten ist zulässig.
a) Die Beschwerde der Beklagten ist statthaft gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG. Nach dieser Vorschrift ist eine Beschwerde gegen jeden endgültigen Wertfestsetzungsbeschluss zulässig (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 68 GKG Rz. 4). Wird eine Partei dadurch beschwert, dass das Gericht der gegenläufigen Beschwerde eines anderen Beteiligten teilweise abhilft, so kann die Abhilfeentscheidung für die dadurch beschwerte Partei zum Beschwerdegegenstand werden (vgl. zur entsprechenden Rechtslage bei einer Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung Zöller/Hessler, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 572 ZPO Rz. 13).
b) Auch für die Beklagten übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG).
3. Beide Beschwerden haben - nachdem das LG dem Rechtsmittel der weiteren Beschwerdeführerin teilweise abgeholfen hat - allerdings keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG im Beschluss vom 16.4.2010 den Streitwert auf 330.000 EUR festgesetzt.
a) Der Streitwert richtet sich gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. mit § 3 ZPO nach "freiem Ermessen" des Gerichts. Bei einem ...