Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustandekommen eines Lebensversicherungsvertrages nach dem Policenmodell
Leitsatz (amtlich)
1. Beim Abschluss einer Lebensversicherung nach dem Policenmodell (§ 5a VVG a. F.) ist der fürsorgliche, aber unzutreffende, Hinweis des Versicherers, wonach für den Fall einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung bei Übersendung des Versicherungsscheins das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers spätestens ein Jahr nach Zahlung des ersten Beitrags erlösche, für den Lauf der Widerspruchsfrist unschädlich. Bei einer ansonsten korrekten Belehrung läuft die Widerspruchsfrist 14 Tage nach Übersendung der maßgeblichen Unterlagen ab.
2. Eine unzutreffende Belehrung im Versicherungsantrag ist beim Abschluss eines Versicherungsvertrags nach dem Policenmodell unerheblich. Rechtlich kommt es nur auf die spätere korrekte Belehrung mit der Übersendung des Versicherungsscheins an.
Normenkette
VVG a.F. § 5a
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 14 O 83/18) |
Tenor
Der Senat erwägt eine Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 06.09.2018 - 14 O 83/18 -. Die Parteien erhalten vor einer Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend, nachdem er dem Zustandekommen eines Lebensversicherungsvertrages widersprochen hat.
Im Jahr 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung, die von der Beklagten mit dem Begriff "Vorsorgeinvest" bezeichnet wurde. Bei Antragstellung wurden dem Kläger die Versicherungsbedingungen nicht übergeben. Die Beklagte nahm den Versicherungsantrag des Klägers an mit der Übersendung des Versicherungsscheins vom 26.03.2004 (Anlage B 1). Dem Versicherungsschein waren Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen beigefügt. Der Versicherungsschein enthielt auf der zweiten Seite am Ende des Textes die folgende Widerspruchsbelehrung:
Widerspruchsrecht
Der Vertrag gilt auf Grundlage dieses Versicherungsscheins, der darin enthaltenen Versicherungsbedingungen und der ebenfalls für den Vertragsabschluss maßgeblichen Verbraucherinformationen als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen in Textform widersprechen. Der Lauf dieser 14-tägigen Widerspruchsfrist beginnt, wenn Ihnen die o.g. Unterlagen - einschließlich dieser Belehrung über das Widerspruchsrecht - vollständig vorliegen.
Den Umfang einer vollständigen Information regelt § 10 a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) in Verbindung mit der Anlage D zu diesem Gesetz. Wenn Sie die Unterlagen nicht vollständig erhalten haben oder die Belehrung über das Widerspruchsrecht nicht erfolgte, erlischt abweichend von Satz 2 Ihr Recht zum Widerspruch spätestens ein Jahr nach Zahlung des ersten Beitrags. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
Mit Schreiben vom 17.05.2011 (Anlage B 9) kündigte der Kläger den Versicherungsvertrag und bat um Auszahlung des Rückkaufswerts. Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 14.06.2011 (Anlage K 2) eine Abrechnung und zahlte - unter Berücksichtigung verschiedener vertraglich vereinbarter Abzüge - den Rückkaufswert in Höhe von 14.537,26 EUR an den Kläger aus.
Mit Schreiben vom 24.03.2017 erklärte der Kläger, er widerspreche dem Zustandekommen des im Jahr 2004 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages, da er über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt worden sei (Anlage K 3). Die Beklagte widersprach mit Schreiben vom 06.04.2017 (Anlage K 4). Sie lehnte eine weitere Zahlung aus dem Versicherungsvertrag ab.
Mit seiner Klage vom 05.03.2018 zum Landgericht hat der Kläger von der Beklagten Zahlung in Höhe von 8.073,82 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangt. Dem Kläger habe im Jahr 2017 noch ein Widerspruchsrecht gegen das Zustandekommen des Vertrages gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. zugestanden. Über dieses Widerspruchsrecht sei er entgegen § 5 a Abs. 2 VVG a. F. aus verschiedenen Gründen nicht ordnungsgemäß belehrt worden. Daher habe die Frist zur Einlegung des Widerspruchs von 14 Tagen gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. nicht zu laufen begonnen. Nach dem Widerspruch sei die Beklagte verpflichtet, die vom Kläger gezahlten Beiträge einschließlich der erzielten Nutzungen aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung an den Kläger zurückzuzahlen. Unter Berücksichtigung der Zahlung im Jahr 2011 verbleibe noch ein restlicher Zahlungsanspruch in Höhe von 8.073,82 EUR.
Die Beklagte ist der Klage mit verschiedenen Einwendungen entgegengetreten. Die Widerspruchsbelehrung, welche der Kläger im Jahr 2004 erhalten habe, sei ordnungsgemäß. Zudem sei ein eventueller Rückzahlungsanspruch verwirkt. Die Beklagte hat im Übrigen vorsorglich auch Einwendungen zur Höhe erhoben.
Mit Urteil vom 06.09.2018 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers aus ungerechtfertigter Berei...