Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollzugslockerungen

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 12.06.2002; Aktenzeichen 2 BvR 116/02)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts – Strafvollstreckungskammer – F. vom 16. August 2001 wird einstimmig als unzulässig verworfen (§ 119 Abs. 3 StVollzG).

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 1000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Beschwerdeführer befindet sich in der Vollzugsanstalt F. in Sicherungsverwahrung. Mit Schreiben vom 14.02.2001 beantragte er dort die Bewilligung von Regelvollzugslockerungen, seine Einteilung zur Außenarbeit sowie begleitete Ausgänge. Nach Ablehnung durch die Vollzugsanstalt verfolgte er sein Begehren durch am 11.04.2001 bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung weiter; hilfsweise beantragte er, die Justizvollzugsanstalt zur Neubescheidung zu verpflichten. Mit Beschluss vom 16.08.2001 lehnte die Strafvollstreckungskammer sowohl seinen Haupt – wie seinen Hilfsantrag ab. Hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde, die als unzulässig zurückzuweisen war.

Der Überprüfung steht nicht entgegen, dass die Rechtsbeschwerde keine Zulassungsgründe benennt. § 116 Abs. 1 StVollzG ist § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nachgebildet. In Absatz 3 Satz 3 dieser Bestimmung ist geregelt, dass bei der Begründung der Beschwerdeanträge der Antragsteller zugleich angeben soll, aus welchen Gründen die Zulassungsvoraussetzungen des § 80 Abs. 1 OWiG vorliegen. Hiernach ist er gehalten, in den Zulassungsantrag Ausführungen darüber aufzunehmen, dass entweder die Fortbildung des Rechts oder/und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung erforderlich machen. Unterläßt er es, sich hierüber im einzelnen auszulassen, so ist dies allerdings unschädlich (Steindorf in KK OWiG § 80 Rdn. 51).

Im Einzelnen liegt jedoch keine der Zulassungsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG vor:

1. Es ist nicht geboten, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen, da der Fall keinen Anlaß gibt, Leitsätze für die Auslegung gesetzlicher Vorschriften des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen.

Lockerungen des Vollzuges sind bei Sicherungsverwahrten unbeschadet des § 134 StVollzG zulässig wie bei Strafgefangenen, gegen die eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet ist (VV zu § 130 StVollzG). Die Anordnung von Lockerungen richtet sich bei Sicherungsverwahrten demnach nach § 11 StVollzG. Richtlinien zur Handhabung dieses Gesetzes stellen die VV zu § 11 StVollzG dar. In VV Nr. 6 Abs. 1 d und Abs. 2 sind Außenbeschäftigung, Freigang und Ausgang bei Gefangenen, gegen die eine freiheitsentziehende Maßregel der Sicherung und Besserung gerichtlich angeordnet und noch nicht vollzogen ist, speziell geregelt. Danach sind Lockerungen grundsätzlich ausgeschlossen, Ausnahmen aber – mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde – zulässig (vgl. Kühling/Ullenbruch in Schwind/Böhm 3. Aufl. § 11 Rdn. 20). Auf die Anwendbarkeit des § 11 StVollzG auf Sicherungsverwahrte geht im übrigen das Verfassungsgericht in seinem Beschluss vom 13.12.1997 (NJW 1998, 1133 ff) ausdrücklich ein. Nach den Gründen dieser Entscheidung sind Fälle, in denen unterschiedlich befunden werden könnte, je nachdem es sich um eine Bewährungsaussetzung einer Sicherungsverwahrung (bei Wahrung eines gerechten und vertretbaren Ausgleichs zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen) oder um ein Verfahren zur Bewährungsaussetzung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe handelt, schwer vorstellbar. Vollzugslockerungen kommen, worauf das Verfassungsgericht insbesondere abgehoben hat, aber einer befristeten Aufhebung des Freiheitsentzugs nahe. Es kann daher kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Grundsätze, die in der Entscheidung vom 13.12.1997 aufgestellt wurden, auch für Sicherungsverwahrte gelten. Der zu entscheidende Fall kann ausnahmslos mit dem vorhandenen Regelungsinstrumentarium gelöst werden. Besondere Umstände, die etwaige Gesetzeslücken oder Auslegungsbedarf erkennen lassen könnten, liegen nicht vor.

2. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist die Nachprüfung ebensowenig geboten. Abgesehen davon, dass es sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung handelt, die keine Bedeutung für die Rechtsprechung im ganzen hat, entspricht der überaus gründliche Beschluss der Strafvollstreckungskammer in jeder Hinsicht der Rechtslage.

Die Gewährung von Lockerungen des Vollzuges, die nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 StVollzG in den Vollzugsplan aufzunehmen ist, richtet sich grundsätzlich nach § 11 Abs. 2 StVollzG. Für Sicherungsverwahrte gilt allerdings abweichend Nr. 6 Abs. 1 der Verwaltungsvorschriften zu § 11 StVollzG, wonach Ausnahmen – vom Verbot der Lock...

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