rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Ist Berufung zunächst nur zur Fristwahrung eingelegt und verzichtet der Berufungsbeklagte darauf, einen Rechtsanwalt für die Berufungsinstanz zu beauftragen, holt aber statt dessen bei seinem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten Rat darüber ein, was zur Wahrnehmung seiner prozessualen Interessen zu unternehmen ist, hat er Anspruch auf Erstattung einer Ratsgebühr, wenn die Berufung nicht durchgeführt wird. Ohne (vorherige) Auftragserteilung entsteht diese Ratsgebühr allerdings nicht, wenn der erstinstanzlich beauftragte Prozessbevollmächtigte von sich aus den Rat erteilt, von einer Mandatserteilung für die Berufungsinstanz (vorerst) abzusehen.
Normenkette
ZPO § 515 Abs. 3; BRAGO § 20 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 4
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 4. Dezember 2000 – 11 O 23/00 – aufgehoben. Der Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten vom 29. November 2000 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 10.333,20 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Durch Urteil des Landgerichts wurde die Zahlungsklage der Klägerin abgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 07.09.2000 Berufung ein. Mit gleichem Datum teilte sie dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit, dass das Rechtsmittel „zunächst zur Fristwahrung” eingelegt werde, weil über dessen Durchführung noch nicht abschließend entschieden sei. Die Klägerin bat den Beklagtenvertreter deshalb, „bis auf weiteres noch von der Einschaltung eines beim Oberlandesgericht zugelassenen Berufungsvertreters abzusehen.” Nach weiterem nicht vorgelegten Schriftwechsel antwortete der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Telefaxschreiben vom 18.09.2000 wie folgt:
„Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt die Beauftragung eines Berufungsvertreters erfolgt, trifft ausschließlich unsere Mandantschaft. Wir werden dieser empfehlen, bis zum Ablauf der – nicht verlängerten – Berufungsbegründungsfrist mit der Beauftragung eines Berufungsvertreters zu warten.”
Die Klägerin nahm sodann mit Schriftsatz vom 09.10.2000 die Berufung zurück. Auf Antrag des Beklagten wurden der Klägerin daraufhin durch Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 25.10.2000 die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Im Kostenfestsetzungsverfahren wurden zu Gunsten des Beklagten antragsgemäß eine 13/20-Prozessgebühr aus dem Berufungsstreitwert und eine 13/10-Prozessgebühr aus dem Kostenstreitwert festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der diese geltend macht, die 13/20-Prozessgebühr aus dem Berufungsstreitwert sei nicht entstanden, weil der Beklagte weder einen Bevollmächtigten für die Berufungsinstanz mandatiert noch der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte eine Tätigkeit entfaltet habe, durch die (weitere) Gebühren entstanden seien. Die Tätigkeit des Beklagtenvertreters habe sich auf die Entgegennahme der Rechtsmittelschrift und die Stellung eines Kostenantrages nach Zurücknahme der Berufung beschränkt. Unter diesen Umständen seien auf Seiten des Beklagten im Berufungsverfahren keine notwendigen Kosten entstanden.
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat Erfolg.
1. Enthält die Berufungsschrift – wie hier – lediglich die Berufungseinlegung selbst, während die Stellung der Berufungsanträge und die Berufungsbegründung einem weiteren Schriftsatz vorbehalten bleiben, so ist der Berufungsbeklagte in jedem Falle berechtigt, seinerseits sogleich einen Anwalt für die Berufungsinstanz zu beauftragen und diesen seine Vertretung gegenüber dem Berufungsgericht anzeigen zu lassen, um Rechtsnachteile, die sich sonst in bestimmten Fällen ergeben könnten, zu vermeiden. Unabhängig davon, ob die Durchführung der Berufung in einem solchen Falle erkennbar oder ausdrücklich („nur zur Fristwahrung”) als ungewiss bezeichnet werden kann, besteht jedoch kein Anlass, sogleich einen Gegenantrag zur Berufung zu stellen. Im Falle der Berufungsrücknahme entsteht dem Berufungsbeklagten bei dieser Konstellation ein Anspruch auf Erstattung der halben Prozessgebühr aus dem Streitwert des Berufungsverfahrens (13/20-Gebühr gem. §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1, 11 BRAGO; ständige Rechtsprechung des Senates, ausführlich: Beschluss vom 22.08.1994, JurBüro 1995, 88). Dabei ist es sowohl für die Entstehung als auch für die Erstattbarkeit der Gebühr nicht erforderlich, dass die Tätigkeit des Rechtsanwaltes nach außen in Erscheinung getreten ist, dass er z. B. eine Vertretungsanzeige zur Gerichtsakte gereicht hat (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 31 Rdnr. 20 m.w.N.).
2. Verzichtet der Berufungsbeklagte auf die Beauftragung eines beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalts und beschränkt sich darauf, bei seinem erstinstanzlichen Bevollmächtigten Rat darüber einzuholen, was nach der Berufungseinlegung durch die Gegenseite zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist, ents...