Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
Begründet der Berufungsführer die Berufung nicht und stellt auch keine Berufungsanträge, so hat er dem Berufungsgegner, der einen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen im Berufungsverfahren beauftragt hat, selbst wenn dieser einen Verwertungsantrag gem. § 519 b S. 2 ZPO gestellt hat, nur eine 13/20 Prozessgebühr zu erstatten.
Normenkette
ZPO §§ 91, 519b Abs. 1 S. 2; BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 32
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Aktenzeichen 10 O 330/99) |
Gründe
I.
Die in erster Instanz unterlegenen Beklagten legten durch Schriftsatz Ihres Prozessbevollmächtigten gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein mit der Bitte an die Gegenseite, sich derzeit noch nicht zu legitimieren und die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern, da beabsichtigt sei, dies für außergerichtliche Vergleichsverhandlungen zu nutzen. Nach entsprechender Verlängerung durch den Vorsitzenden teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin schließlich mit, dass die Vergleichsverhandlungen gescheitert seien und deshalb gebeten werde, dem Berufungsklägervertreter eine Frist zur Berufungsbegründung zu setzen. Nach Ablauf der Frist wurden die Parteien vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtige, die Berufung der Beklagten gemäß § 519 b ZPO zu verwerten, weil das Rechtsmittel nicht rechtzeitig begründet wurde. Den Parteien wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragten hierauf die Berufung gemäß § 519 b ZPO zu verwerten. Entsprechender Beschluß erging danach.
Der Rechtspfleger des Landgerichts Karlsruhe billigte der Klägerin in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß statt der beantragten 13/10-Prozeßgebühr lediglich eine 13/20-Prozeßgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 600,65 DM zu.
II.
Die hiergegen von der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gemäß § 519 b ZPO gestellte Antrag auf Verwertung der Berufung als unzulässig ist zwar Sachantrag im Sinne von § 32 Abs. 1 BRAGO (vgl. Gerold/von Eicken, BRAGO, 14. Aufl., § 32, 15), der gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO eine volle 13/10-Gebühr entstehen lässt, diese ist jedoch mangels Notwendigkeit nicht in vollem Umfange erstattungsfähig (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Der Anspruch auf die Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) entsteht für den Prozessbevollmächtigten des Berufungsgegners dann, wenn er aufgrund eines Auftrages zur Vertretung im Berufungsverfahren tätig geworden ist. Eine solche Tätigkeit kann darin liegen, dass er sein Mandat dem Berufungsgericht anzeigt, kann aber auch dadurch entstehen, dass er, ohne sein Mandat dem Gericht anzuzeigen, den Berufungsgegner nur berät.
Diese gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO 13/10-Prozeßgebühr ermäßigt sich jedoch gemäß § 32 Abs. 1 BRAGO auf eine 13/20-Gebühr, wenn der Auftrag zur Vertretung des Berufungsgegners endet, bevor der Bevollmächtigte eine der in § 32 Abs. 1 BRAGO benannten Voraussetzungen erfüllt, insbesondere den Antrag auf Zurückweisung der Berufung beim Berufungsgericht gestellt hat.
Auch wenn § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO davon ausgeht, dass die gesetzlichen Gebühren eines Rechtsanwaltes der obsiegenden Partei stets zu erstatten sind, entbindet dies nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im Kostenfestsetzungsverfahren gleichwohl nicht von der Prüfung, ob die einzelne Prozesshandlung des hinzugezogenen Rechtsanwaltes im konkreten Fall zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung auch notwendig war. Die Bedeutung des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist nach Auffassung des Senats dahin eingeschränkt, dass im Rahmen der Kostenfestsetzung zwar die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes – ob die Beauftragung eines Rechtsanwaltes als solches notwendig und zweckmäßig war – keiner Prüfung bedarf. Dagegen besteht für jede vom beauftragen Rechtsanwalt entfaltete Tätigkeit das uneingeschränkte Prüfungsrecht dahin, ob die in Frage stehende einzelne Maßnahme zur zweckentsprechenden Führung des Rechtsstreites erforderlich war (OLG Karlsruhe Senatsbeschluß vom 22.08.1994, JurBüro 1995, 88 = Rpfleger 1995, 227).
Der Senat hat dementsprechend in der zitierten Entscheidung und in ständiger Rechtsprechung darauf erkannt, dass in Fällen, in denen die Berufungsschrift lediglich die Berufungseinlegung selbst enthält, während die Stellung der Berufungsanträge und die Berufungsbegründung – ausdrücklich oder konkludent – einem weiteren Schriftsatz vorbehalten bleiben, der Berufungsbeklagte in jedem Falle auch im Blick auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO berechtigt ist, seinerseits sogleich einen Anwalt für die Berufungsinstanz zu beauftragen und diesen seine Vertretung gegenüber dem Berufungsgericht anzeigen zu lassen, um Rechtsnachteile, die sich sonst in bestimmten Fällen ergeben könnten, zu vermeiden. Der Klägerin sind daher – zu Recht – in dem angefochtenen Kostenfest...