Leitsatz (amtlich)
Der Unfallversicherer, der sich bei einer Schädigung durch eine Infektion darauf beruft, dass die Krankheitserreger durch eine Hautverletzung, die als solche geringfügig ist, in den Körper gelangt sind, obliegt der Nachweis, dass tatsächlich lediglich die Haut und nicht auch darunter liegendes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen worden ist
Normenkette
AUB 94 § 2; VVG § 178
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 04.12.2012; Aktenzeichen 2 O 336/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 4.12.2012 - 2 O 336/12 - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Das Versäumnisurteil vom 14.9.2012 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagte darin zur Zahlung von EUR 15.000 nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.3.2012 verurteilt worden ist.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Leistungen aus einer Unfallzusatzversicherung, nachdem sich ihr verstorbener Ehemann beim Rosenschneiden verletzt hatte und an einer dadurch verursachten Infektion verstorben ist; ferner macht sie vorgerichtliche Anwaltskosten auch für einen mittlerweile erfüllten Anspruch auf Leistung aus einer Bestattungs-Vorsorgeversicherung geltend.
Der Ehemann der Klägerin hatte bei der Beklagten eine Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit einer garantierten Leistung im Todesfall i.H.v. 15.000 EUR abgeschlossen. Für den Fall des Unfalltodes war eine weitere Leistung in gleicher Höhe vereinbart. Es bestand außerdem seit dem 1.9.2008 eine Bestattungs-Vorsorgeversicherung mit einer garantierten Leistung im Todesfall i.H.v. 15.000 EUR, die nach einer Wartezeit von 36 Monaten zur Verfügung stehen sollte; davor sollten eingezahlte Beiträge erstattet werden. Bei Unfalltod sollte die Wartezeit entfallen. Die Klägerin ist Bezugsberechtigte beider Versicherungen.
Die der Unfall-Zusatzversicherung zugrunde liegenden Bedingungen enthalten unter anderen folgende Klauseln:
"§ 2. Was ist ein Unfall im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. (...)
§ 3. In welchen Fällen ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen?
(...)
i) Infektionen.
Wir werden jedoch leisten, wenn die Krankheitserreger durch eine unter diese Versicherung fallende Unfallverletzung in den Körper gelangt sind. Nicht als Unfallfolgen gelten dabei Haut- oder Schleimhautverletzungen, die als solche geringfügig sind und durch die Krankheitserreger sofort oder später, in den Körper gelangen; für Tollwut und Wundstarrkrampf entfällt diese Einschränkung".
Der Ehemann der Klägerin verletzte sich beim Schneiden von Rosenstöcken am 28.9.2010 am linken Mittelfinger durch einen Rosendorn. Wegen dieser Verletzung wurde er zunächst vom 1. bis 19.10.2010 stationär behandelt, wobei eine Infektion mit Staphylokokkus aureus festgestellt wurde. Wegen dieser Infektion kam es am 5.10.2010 zu einer teilweisen Amputation des linken mittleren Fingers. Nach einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes begab sich der Ehemann der Klägerin ab dem 6.2.2011 bis zu seinem Tode am 6.4.2011 wiederum in stationäre Behandlung ins Klinikum der Stadt K und verstarb dort wegen einer Sepsis bei Staphylokokkus aureus Bakteriämie.
Die Klägerin informierte die Beklagte am 13.4.2011 über den Tod ihres Ehemanns und erteilte eine "Zahlungsaufforderung" zu der Bestattungsvorsorgeversicherung. Am 20.6.2011 schrieb die Klägerin der Beklagten und übersandte ihr die "gewünschten Unterlagen"; sie kündigte an, den ärztlichen Bericht nachreichen zu wollen. Am 12.7.2011 schrieb die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf das klägerische Schreiben vom 20.6.2011 zu beiden Versicherungen und kündigte die Beitragsrückgewähr aus der Bestattungsvorsorge-Versicherung sowie die Hauptleistung aus der Kapitalversicherung an. Weiter heißt es in dem Schreiben:
"Auf Grund des uns vorliegenden ärztlichen Bericht ist ein Unfallereignis als Todesursache nicht nachgewiesen.
Damit wir die Leistungspflicht wegen Unfalltod prüfen können, benötigen wir das Aktenzeichen und die Anschrift der ermittelnden Staatsanwaltschaft.
Bitte teilen Sie uns das Aktenzeichen und die Anschrift der ermittelnden Staatsanwaltschaft mit."
Ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren war zu keinem Zeitpunkt anhängig.
Am 13.7.2011 schrieb die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 13.4.2011, dass die Zahlungen aus den beiden Versicherungen geleistet würden. Zur Prüfung des Unfalltodes benötige man die Krankenhausberichte seit Herbst 2010. Die Klägerin antwortete hierauf am 25.7.2011 und kündigte an, sich um nähere Informationen...