Entscheidungsstichwort (Thema)

Umweltklausel einer Haftpflichtversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Bei einer Klausel in der Betriebshaftpflichtversicherung, durch die in Satz 1 "Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkungen" ausgeschlossen werden und nach deren Satz 2 "Schäden durch Brand und Explosion als durch Umwelteinwirkung eingetreten" gelten, könnte Satz 2 mit der Erstreckung auf Schäden durch Brand und Explosion gegen das Transparenzgebot verstoßen und deshalb unwirksam sein. Dies ist eine schwierige Rechtsfrage, die nicht im Verfahren über die Prozesskostenhilfe abschließend zu entscheiden ist.

2) Ein in allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltener Risikoausschluss wegen bewusster Abweichung von Vorschriften oder Vorgaben, die dem Umweltschutz dienen, setzt das Bewusstsein des Versicherungsnehmers voraus, dass er von einer Umweltschutzbestimmung abweicht. Die wissentliche Außerachtlassung von allgemeinen Verkehrssicherungspflichten genügt hierfür nicht.

3) Im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ist für eine Nebenintervention kein Raum. Eine sofortige Beschwerde des vermeintlichen Nebenintervenienten gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss ist unzulässig.

 

Normenkette

AHB Nr. 7.10 b;; BGB § 307; ZPO §§ 66-67, 127 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Beschluss vom 13.05.2019; Aktenzeichen 11 O 273/18)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim - 11. Zivilkammer - vom 13.05.2019, Az. 11 O 273/18, aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.

2. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 2 vom 12.06.2019 gegen den in Ziff. 1 genannten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Deckungsklage. Er unterhält für seinen selbständigen Hausmeisterservice-, Montage- und Fliesenlegerbetrieb bei der Antragsgegnerin eine "Gewerbe-Haftpflichtversicherung", die neben einer allgemeinen Betriebs- eine Umwelt-Haftpflichtversicherung mitumfasst. Dem Vertrag liegen außer Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Antragsgegnerin für die Haftpflichtversicherung (im Folgenden: AHB H 2012) "Besondere Bedingungen für Ladengeschäfte, Einzel- und Großhandelsbetriebe, Fabrikationsbetriebe, Bauhandwerks- und Handwerksbetriebe, Reinigungsbetriebe" zum Stand 01.01.2015 (im Folgenden: HHF 2015) zugrunde. Die AHB H 2012 enthalten folgende Regelung:

"7. Ausschlüsse

Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen:

[...]

7.10b Haftpflichtansprüche wegen Schäden durch Umwelteinwirkungen. Schäden durch Brand oder Explosion gelten als durch Umwelteinwirkung eingetreten. [...]"

In den HHF 2015 finden sich in Teil D unter der Überschrift "Risikobeschreibungen und Besondere Bedingungen zur Umwelt-Haftpflichtversicherung" nachstehende Bestimmungen:

"1. Gegenstand der Versicherung

Versichert ist - abweichend von Ziff. 7.10b AHB - im Rahmen und Umfang des Vertrages die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers wegen Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkung, aus den unter Ziffer 2 in Versicherung gegebenen Risiken. Schäden durch Brand oder Explosion gelten als durch Umwelteinwirkung eingetreten.

[...]

7. Nicht versicherte Tatbestände

Nicht versichert sind

[...]

7.7 Ansprüche gegen die Personen (Versicherungsnehmer oder jeden Mitversicherten), die den Schaden dadurch verursachen, dass sie bewusst von Gesetzen, Verordnungen oder an den Versicherungsnehmer gerichteten behördlichen Anordnungen oder Verfügungen, die dem Umweltschutz dienen, abweichen."

Der Antragsteller, der nach Hauptschulabschluss und Dachdeckerlehre laut seinem von der Antragsgegnerin bestrittenen Vortrag bis 2006 wechselnden Berufstätigkeiten nachging, machte sich 2007 mit einem Hausmeisterservice selbständig. Zu Beginn dieser Tätigkeit absolvierte er eine elektrotechnische Fortbildung der Handwerkskammer. Im Rahmen seiner Tätigkeit bietet er u.a. an, Heizungsanlagen zu kontrollieren und Brandmeldezentralen zu überwachen.

Seit 2013 hatte er in einem Hallenkomplex, in dem auch eine Autowerkstatt, eine Schreinerei und eine Lackiererei untergebracht waren, einen Teilbereich von 140 qm angemietet, um dort Geräte und Material zu lagern. Am 19.07.2017 gegen 17:45 Uhr betankte er in diesem Bereich Motorsägen mithilfe eines Kanisters. Dabei verschüttete er Benzin, das sich am Hallenboden in einer Lache von ca. 35 cm Durchmesser sammelte. Um diese zu entfernen, entschloss er sich, den ausgetretenen Kraftstoff "kontrolliert" abzubrennen. Zu diesem Zweck entfernte er zunächst Gegenstände aus dem Umfeld, ohne aber den Kanister zu schließen. Bei der anschließenden Entzündung mit einem Feuerzeug kam es zu einer großen Stichflamme, die zu einem Hallenbrand führte. Der Hallenkomplex und dessen...

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