Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt

 

Verfahrensgang

AG Heidelberg (Beschluss vom 22.09.1999; Aktenzeichen 31 F 137/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Prozeßkostenhilfe versagende Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Heidelberg – 31 F 137/99 – vom 22.09.1999 aufgehoben. Die erneute Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch des Klägers wird dem Amtsgericht übertragen.

 

Gründe

Der Kläger ist der Vater des Beklagten. Er ist nach der Urkunde des Jugendamts des W. vom 31. Mai 1995 – UR 147/95 – und durch Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Heidelberg vom 06. März 1997 – 60 H 2/96 – verpflichtet, dem Beklagten einen Monatsunterhalts von 371,00 DM zu zahlen. Der Kläger hat dagegen Abänderungsklage mit dem Ziel erhoben, daß seine Unterhaltspflicht ab Rechtshängigkeit verneint werde. Gleichzeitig hat er Prozeßkostenhilfe beantragt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht Prozeßkostenhilfe versagt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat Erfolg.

1. Das Amtsgericht verneint die Erfolgsaussicht für die Abänderungsklage mit der Begründung, daß das Kinder- und Jugendamt H. welches als Beistand für den Beklagten nach §§ 1712 ff BGB tätig ist, unter dem 10. Dezember 1999 folgendes erklärt habe:

Vollstreckungsverzicht

D. Y., geb. 26.10.87 verzichtet gegenüber seinem Vater, Herrn J. S.-Y. für die Zeit ab 01.07.1999 auf die Vollstreckung der durch Beschluß des Amtsgerichts Heidelberg vom 06.03.97, AZ.: 60 H 2/96 festgesetzten Unterhaltsrente, soweit sie einen Betrag von monatlich 0,– DM übersteigt.

Der Vollstreckungsverzicht wird widerruflich erteilt und wird ungültig, wenn sich die zugrunde liegenden Verhältnisse verändern.

Eine weitere Erklärung des Jugendamtes vom 21. Oktober 1999 lautet:

Vollstreckungsverzicht

D. Y., geb. 26.10.1987 verzichtet gegenüber seinem Vater, Herrn J. S.-Y. für die Zeit ab 01.07.99 auf die Vollstreckung der durch Urkunde des Kreisjugendamtes W. vom 31.05.95, Urk.Nr. 147/95 und Beschluss des Amtsgerichtes vom 06.03.97, AZ: 60 H 2/96 festgesetzten Unterhaltsrente soweit sie einen Betrag von monatlich 0,00 DM übersteigt.

Mit diesem Vollstreckungsverzicht wird der Verzicht vom 10.09.99 ergänzt.

Der Vollstreckungsverzicht wird widerruflich erteilt und wird ungültig, wenn sich die zugrunde liegenden Verhältnisse verändern.

2. Die zitierten Erklärungen beseitigen das Rechtsschutzinteresse des Klägers für eine Abänderungsklage nicht. Ein Rechtsschutzinteresse entfällt erst dann, wenn aus dem abzuwendenden Titel nicht mehr vollstreckt werden kann (vgl. Musielak, ZPO, § 323 Rn. 26). Dies ist hier nicht der Fall.

Für die Vollstreckungsabwehrklage ist anerkannt, daß selbst ein völliger Verzicht des Gläubigers auf die Rechte aus einer vollstreckbaren Urkunde das Rechtsschutzinteresse des Schuldners an der Vollstreckungsgegenklage nicht ausräumt, wenn der Gläubiger den Vollstreckungstitel dem Schuldner nicht aushändigt. Denn der Verzicht des Gläubigers kann mangels entsprechender gesetzlicher Vorschrift keine weitergehende Wirkung im Vollstreckungsverfahren haben, als die in öffentlicher Urkunde erklärte Bescheinigung des Gläubigers, er sei wegen seiner Forderung befriedigt. Mit dieser Bescheinigung allein kann die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln nicht erreicht werden – §§ 775 Nr. 4, 776 ZPO – (vgl. bereits BGH Urteil vom 12. Juli 1955 – IV ZR 11/53 – NJW 1955, 556). Der Schuldner hat deshalb weiterhin ein Rechtsschutzinteresse für eine Vollstreckungsabwehrklage. Mit dem dieser stattgebenden Urteil kann der Schuldner nach §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO vorgehen und die Zwangsvollstreckung verhindern bzw. die Aufhebung gleichwohl getroffener Vollstreckungsmaßregeln betreiben. Für die hier beabsichtigte Abänderungsklage gilt das selbe mit der Maßgabe, daß das die Abänderungsklage stattgebende Urteil bei §§ 775 Nr. 1 ZPO unter dem Stichwort „Aufhebung des zu vollstreckenden Urteils” eingeordnet wird, während das der Vollstreckungsabwehrklage stattgebende Urteil unter das Stichwort „Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt” fällt.

3. Der Kläger braucht sich auch deshalb mit dem Vollstreckungsverzicht nicht zufrieden zu geben, weil der Vollstreckungsverzicht „widerruflich erteilt” ist und „ungültig (wird), wenn sich die zugrundeliegenden Verhältnisse verändern”.

Das Jugendamt will den Vollstreckungsverzicht dann widerrufen, wenn der Kläger eine Anstellung finden sollte, der Kläger Leistungen des Arbeitsamtes erhalten sollte, die 1.300,00 DM übersteigen, oder der Kläger seine Bemühungen nicht nachweisen würde, eine auskömmliche Erwerbstätigkeit zu finden, und vom Arbeitsamt bestätigt werde, daß er keine Bemühungen unternehme. Das Jugendamt meint, daß einer Beseitigung des Unterhaltstitels von seiner Seite deshalb nicht zugestimmt werden könne, da der Kläger keinen Anreiz mehr habe, seine nachhaltigen Bemühungen um eine Arbeitsstelle nachzuweisen.

Diese Erwägungen rechtfertigen es nicht, den Kläger auf den widerruflichen Vollstreckungsverzicht zu verweisen und ihm die Abänderun...

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