Leitsatz (amtlich)
Eine zwischen den Ehegatten bestehende Bedarfsgemeinschaft nach SGB II spricht gegen ein Getrenntleben der Ehegatten und kann daher der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Scheidungsverfahren entgegenstehen.
Verfahrensgang
AG Mannheim (Aktenzeichen 10 F 2321/23) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 31.10.2023 (Az. 10 F 2321/23) wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet. Für die unbegründete Beschwerde wird eine Gebühr von 66,00 EUR erhoben.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein Ehescheidungsverfahren durch das Familiengericht Mannheim.
Mit Schriftsatz vom 07.08.2023 hat der Antragsteller Scheidung seiner am ...1987 geschlossenen Ehe mit der Antragsgegnerin beantragt. Zur Begründung hat er angegeben, die Beteiligten lebten innerhalb der gemeinsamen Wohnung schon seit mindestens 10 Jahren voneinander getrennt. Der Antragsteller schlafe im Schlafzimmer, die Antragsgegnerin habe erst im Wohnzimmer geschlafen, später im Kinderzimmer. Es sei voneinander getrennt gegessen worden. Am 20.07.2023 sei die Antragsgegnerin aus der Wohnung ausgezogen.
Mit dem Scheidungsantrag hat der Antragsteller eine am 07.08.2023 unterzeichnete Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Das Amtsgericht hat dies als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ausgelegt. Zu den mit der Erklärung vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen gehört ein Bescheid des Jobcenters M. vom 13.06.2023, wonach dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt werden. Die Leistungen werden für die Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem Antragsteller und der Antragsgegnerin, auf Antrag vom 06.06.2023 ab Juli 2023 bewilligt.
Die Antragsgegnerin hat angegeben, die Ehe sei seit mehreren Jahren zerrüttet, beide Beteiligten lehnten die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ab. Sie sei am 20.07.2023 wegen körperlicher Übergriffe aus der Wohnung geflüchtet.
Mit Beschluss vom 31.10.2023 hat das Amtsgericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht des Scheidungsbegehrens abgelehnt. Die Voraussetzungen einer Ehescheidung, namentlich ein Getrenntleben der Ehegatten seit mindestens einem Jahr, lägen nicht vor. Zwischen den Beteiligten habe zum Zeitpunkt des letzten Bescheides des Jobcenters vom 13.06.2023 immer noch eine Bedarfsgemeinschaft bestanden; dies schließe ein Getrenntleben denknotwendig aus. Eine Trennung sei vielmehr erst mit dem Auszug der Antragsgegnerin am 20.07.2023 anzunehmen.
Gegen diesen, seinem Verfahrensbevollmächtigten am 09.11.2023 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 19.11.2023 beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Das Bestehen der Bedarfsgemeinschaft stelle kein Hindernis für die Scheidung der Ehe dar; beide Beteiligten seien der Ansicht, dass innerhalb der Wohnung getrennt gelebt wurde.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20.11.2023 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat zu Recht Verfahrenskostenhilfe versagt, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO, weil es an der notwendigen Erfolgsaussicht des Scheidungsbegehrens fehlt. Ein Getrenntleben der Ehegatten seit mindestens einem Jahr, §§ 1565, 1566 Abs. 1, 1567 Abs. 1 BGB, ist nicht gegeben.
1. Eine Ehe kann, von dem hier nicht gegebenen Fall einer unzumutbaren Härte nach § 1565 Abs. 2 BGB abgesehen, geschieden werden, soweit die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und der Antragsgegner - wie hier - der Scheidung zustimmt (§§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB). Voraussetzung für das Getrenntleben ist, dass zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und (mindestens) ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt (§ 1567 BGB). Die Trennung kann dabei auch innerhalb der ehelichen Wohnung erfolgen (§ 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Trennung muss dabei freilich dergestalt sein, dass kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt wird und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten mehr bestehen. Erforderlich ist, dass sich die Gemeinsamkeiten auf das Unvermeidliche wie beispielsweise die gemeinsame Benutzung von Küche oder Bad beschränken (vgl. MüKoBGB/Weber, 9. Aufl. 2022, § 1567 Rn. 24); dass also die Ehegatten nicht mehr wie ein verheiratetes Paar, sondern eher wie eine Wohngemeinschaft zusammenleben. Das setzt neben einer eindeutigen räumlichen Trennung innerhalb der Ehewohnung insbesondere auch die Existenz von zwei getrennten Haushalts- und Wirtschaftsbereichen voraus (KG Berlin, Beschluss vom 30.04.2012 - 17 WF 108/12 -, Rn. 2, juris m.w.N.).
Soweit Ehegatten, die innerhalb derselben Wohnung leben, als Bedarfsgemeinschaft Leistun...