Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Erhöhung des Regelgeschäftswerts für ein Umgangsverfahren mit mehreren Kindern. Geschäftswert für Umgangsverfahren. Erhöhung des Regelgeschäftswerts für ein Umgangsverfahren mit mehreren Kindern

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Erhöhung des Regelgeschäftswerts für ein Umgangsverfahren kann gerechtfertigt sein, wenn das Verfahren zwei Kinder betrifft, die aus verschiedenen Beziehungen der Mutter hervorgegangen sind.

 

Normenkette

KostO § 30

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Beschluss vom 09.05.2008; Aktenzeichen 6 F 246/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner wird der Beschluss des AG - FamG - Baden-Baden vom 9.5.2008 (6 F 246/06) dahin abgeändert, dass der Geschäftswert für das Verfahren auf 6.000 EUR festgesetzt wird.

 

Gründe

I. Mit der Beschwerde wendet sich die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegner gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes in einem Umgangsverfahren.

Die Antragstellerin ist die Großmutter der Kinder N. und L. Der Mutter steht das alleinige Sorgerecht für den Sohn N. zu, der aus einer Beziehung der Mutter mit dem Vater D. G. hervorgegangen ist. Während des Umgangsverfahrens hat die Mutter den Vater von L. geheiratet.

Die Großmutter hat ein Umgangsrecht mit ihren Enkelkindern beantragt, dem die Mutter für N. bzw. die Eltern für L. entgegengetreten sind, weil das Verhältnis zur Großmutter einen Umgang nicht erlaube.

Nachdem die Großmutter nach dem Vortrag der Eltern ohne ihre Kenntnis und gegen ihren Willen dem Vater von N. Umgang mit diesem ermöglicht habe, strengte der Vater von N. ein gerichtliches Umgangsverfahren vor dem AG Baden-Baden an.

Nach einem Verhandlungstermin am 22.3.2007 ordnete das AG mit Beschluss vom 4.4.2007 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob der Umgang mit der Großmutter dem Kindeswohl dient, an. Nach Vorlage des kinderpsychiatrischen Gutachtens vom 4.7.2007 hat die Großmutter mit Schriftsatz vom 1.4.2008 ihren Antrag zurückgenommen.

Das AG hat mit Beschluss vom 9.5.2008 den Geschäftswert für das Verfahren auf 3.000 EUR festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 16.5.2008 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegner beantragt, den Geschäftswert auf 6.000 EUR festzusetzen. Mit Beschluss vom 26.6.2008 hat das AG eine Abänderung der Geschäftswertfestsetzung abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 3.7.2008 hat die Prozessbevollmächtigte hiergegen Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, es handele sich vorliegend nicht um den Regelfall, da der Umgang der Großmutter mit zwei Kindern aus verschiedenen Beziehungen geregelt werden sollte. Das persönliche Verhältnis der Beteiligten sei zerstritten. Zudem habe ein kinderpsychiatrisches Gutachten für beide Kinder eingeholt werden müssen, das sich an das von der Großmutter initiierte Umgangsverfahren des Vaters von N. angeschlossen habe. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner, mit der sie eine Festsetzung des Geschäftswerts auf insgesamt 6.000 EUR begehrt, ist zulässig (§ 31 Abs. 3 KostO, § 32 Abs. 2 RVG) und sachlich gerechtfertigt.

Der Geschäftswert für das Verfahren erster Instanz in der Hauptsache ist auf 6.000 EUR festzusetzen. Eine Abweichung vom Regelwert für ein Umgangsverfahren von 3.000 EUR ist vorliegend gerechtfertigt.

Der Geschäftswert für das isolierte Umgangsverfahren bestimmt sich nach §§ 94 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO. Danach ist der Wert regelmäßig mit 3.000 EUR anzunehmen, er kann jedoch je nach Lage des Falles auch niedriger oder höher sein. Vom Regelwert ist aber nur dann abzuweichen, wenn die konkreten Umstände des Einzelfalles ergeben, dass er unangemessen hoch oder niedrig ist. Dabei sind alle streiterheblichen Umstände, insbesondere die Bedeutung der Sache, widerstreitende Interessen und Anträge der Eltern, umfangreiche oder mehrfache Anhörungen des Kindes, der Eltern oder des Jugendamtes, die Einholung eines psychologischen Gutachtens, Gegenwehr des Kindes, aber auch die Vermögenslage der Beteiligten zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 1303, 1304 m.w.N.). Betrifft ein Verfahren mehrere Kinder, rechtfertigt dies eine Abweichung vom Regelwert grundsätzlich nicht; eine Erhöhung erfolgt nur, wenn wegen der Mehrzahl der Kinder ein erhöhter Arbeitsaufwand, eine überdurchschnittliche Bedeutung oder sonstige besondere Umstände anzunehmen sind (OLG Karlsruhe, FamRZ 2007, 848 m.w.N.).

Besondere Umstände, die vorliegend eine Überschreitung des Regelwertes von 3.000 EUR rechtfertigen, liegen darin, dass das von der Großmutter begehrte Umgangsrecht, das zwischen den Beteiligten nicht nur hinsichtlich der Ausgestaltung, sondern bereits dem Grunde nach im Streit stand, zwei Kinder betraf, die aus verschiedenen Beziehungen der Kindesmutter hervorgegangen sind. Das Verfahren wurde dadurch komplexer, weil in den Konflikt zwischen der Großmutter und den beteiligten Eltern noch der Konflikt zwischen der Mutter und dem nicht am Verfahren beteiligten Vater von N. hineinwirkte. Für d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge