Normenkette

GVGEG § 23; ZPO § 192

 

Tenor

1. Die Entscheidung des Antragsgegners vom 22.07.2016 (21 DRI-2279/16) wird aufgehoben. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Zustellungsantrag des Antragstellers vom 19.07.2016 auszuführen.

2. Gegenstandswert: 3.000,00 Euro.

 

Gründe

I. Der Antragsteller richtete mit Schreiben vom 19.07.2016 einen Zustellungsauftrag an den Antragsgegner, mit dem eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung an eine in Mannheim ansässige Dritte zugestellt werden sollte. Die Abmahnung wurde in dreifacher Abschrift beigefügt. Sowohl der Zustellungsauftrag als auch das Abmahnschreiben sind nicht im Original unterschrieben, sondern enthalten jeweils eine faksimilierte (wohl eingescannte) Unterschrift des anwaltlichen Vertreters des Antragstellers.

Der Antragsgegner hat den Zustellungsantrag mit Schreiben vom 22.07.2016 zurückgewiesen. Der Auftrag sei unzulässig, weil er nicht im Original unterschrieben sei. Auch die vorgelegte Vollmacht und die Abmahnung als solche seien nicht im Original unterschrieben.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 26.07.2016 Beschwerde zum AG Mannheim eingelegt. Dieses hat dem Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, von der dieser keinen Gebrauch gemacht hat. Mit Beschluss vom 17.08.2016 hat das AG nach Anhörung der Parteien die Sache dem Senat zur Entscheidung nach §§ 23, 25 EGGVG vorgelegt.

II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach §§ 23 ff. EGGVG statthaft. Lehnt der Gerichtsvollzieher eine ihm angetragene Zustellung ab, so handelt er als Justizbehörde im Sinne des § 23 EGGVG (OLG Hamm Rpfleger 2011, 93 = DGVZ 2011, 130). Der Antrag ist nicht nach § 23 Abs. 3 EGGVG ausgeschlossen, da der speziellere Rechtsbehelf des § 766 ZPO nicht einschlägig ist. Das gilt hier schon deshalb, weil ein Vollstreckungsverfahren nicht vorliegt. Der Antragsteller will von der Möglichkeit Gebrauch machen, eine Abmahnung im Parteibetrieb durch den Gerichtsvollzieher zustellen zu lassen. Die Abmahnung enthält jedenfalls insoweit eine Willenserklärung, als sie - wie regelmäßig und wie auch im Streitfall - das Angebot zum Abschluss eines strafbewehrten Unterlassungsvertrags umfasst (vgl. Bacher in: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 41 Rn. 5 m.w.N.). Deshalb kann der Abmahnende sie gemäß § 132 BGB i.V.m. §§ 192 ff. ZPO durch den Gerichtsvollzieher zustellen lassen. Die Frist des § 26 Abs. 1 EGGVG ist gewahrt.

Der Antrag ist auch begründet. Die Ablehnung des Zustellungsauftrags ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Der Antragsgegner ist zur Durchführung des Vollstreckungsauftrags verpflichtet. Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners (vgl. § 20 GVO) sind angesichts des Zustellorts Mannheim nicht ersichtlich und werden von ihm auch nicht geltend gemacht.

Der Umstand, dass der Zustellauftrag nicht im Original unterschrieben ist, steht der Zustellung entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht entgegen. Der Zustellungsauftrag nach § 192 ZPO bedarf keiner Form; er kann auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten erteilt werden (Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 192 Rn. 4). Die vom Antragsgegner herangezogene Entscheidung des LG Stuttgart (Az. 10 T 186/12; Rpfleger 2012, 700 = DGVZ 2014, 196) besagt nichts Gegenteiliges. Sie betrifft einen Vollstreckungsauftrag und hält für diesen eine eingescannte Unterschrift nur dann für nicht ausreichend, wenn zudem die Unterschrift nicht lesbar ist und darunter ein Namenszusatz fehlt. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben; die Unterschrift ist jedenfalls mit dem darunter gedruckten Namen lesbar. Die weiter vom Antragsgegner zitierte Entscheidung des LG Heilbronn vom 16.03.2016 (1 T 134/16) ist hier nicht zugänglich; angesichts des Umstands, dass Aufträge an den Gerichtsvollzieher grundsätzlich keiner Form bedürfen (vgl. auch § 4 GVGA) und eine für den Zustellungsauftrag nach § 192 ZPO einschlägige Regelung nicht ersichtlich ist, besteht für weitere Recherchen keine Veranlassung.

Auch die Abmahnung selbst bedarf nach allgemeiner Auffassung keiner Form (Bacher a.a.O., Kap. 41 Rn. 10 m.w.N.). Damit kann dahinstehen, ob ein Formverstoß vom Antragsgegner überhaupt zu prüfen wäre. Dass der Antragsgegner im Rahmen der Zustellung die vom Antragsteller vorgelegten Abschriften beglaubigen muss (§ 192 Abs. 2 ZPO), bedeutet nicht, dass die Abschriften (oder eine von ihnen) im Original unterschrieben sein müssen; der Gerichtsvollzieher beglaubigt insoweit die Übereinstimmung mit dem Original der Erklärung, welche Form diese auch hat.

Dass die vom Antragsteller erteilte Vollmacht nicht im Original vorliegt, ist ebenfalls unschädlich. Anhaltspunkte dafür, dass der für den Antragsteller handelnde anwaltliche Vertreter nicht wirksam bevollmächtigt sein könnte, bestehen angesichts der vorgelegten Vollmachtskopie, die eine lesbare Unterschrift aufweist, nicht. Der Zustelladressat ist durch die gesetzlichen Vorschriften (z.B. § 174 BGB) ausreichend geschützt.

V...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge