Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren über eine Abänderungsklage betr. Kindesunterhalt: Zurechenbarkeit fiktiver Erwerbseinkünfte für einen unverschuldet arbeitslos gewordenen Unterhaltsschuldner; Erwerbsobliegenheit und Umschulungsmaßnahme
Leitsatz (redaktionell)
Voraussetzungen der Aufnahme einer Umschulungsmaßnahme bei gesteigerter Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 1, Abs. 2 BGB, wenn der Unterhaltspflichtige aufgrund einer fehlenden beruflichen Qualifikation keinen dauerhaften Arbeitsplatz hat finden können.
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Mosbach (Beschluss vom 26.09.2009; Aktenzeichen 1 F 228/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht- Mosbach vom 26.9.2009 aufgehoben.
Gründe
I. Der Antragsteller beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Abänderungsklage.
Er ist der Vater der am ... 2007 geborenen Antragsgegnerin. Das Kind lebt nicht in seinem Haushalt. Durch Jugendamtsurkunde vom 20.11.2008 hat er sich zur Zahlung von 105 % des jeweiligen Mindestunterhalts gem. § 1612a BGB i.V.m. § 36 Nr. 4 EGZPO der jeweiligen Altersstufe verpflichtet. Zum Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde war der Antragsteller als Fernfahrer bei einer Firma Taschner beschäftigt und hat ein Einkommen bezogen, welches den titulierten Unterhalt gerechtfertigt hat.
Der Antragsteller ist weiter Vater einer am ... 1994 geborenen Tochter, mit der er ebenfalls nicht zusammen lebt. Der Unterhalt für dieses Kind ist durch Jugendamtsurkunde vom 19.5.1994 in Höhe des Regelunterhalts tituliert.
Der Antragsteller hat seinen Arbeitsplatz bei der Firma T. zum 30.4.2009 verloren. Die Firma hat ihren Betrieb eingestellt.
Der Antragsteller hat ab 1.5.2009 Arbeitslosengeld i.H.v. 900 EUR bezogen.
Er hat am 5.6.2009 eine Einstellungszusage der Firma J. als Berufskraftfahrer im Omnibusverkehr erhalten, dies unter der Voraussetzung des Erwerbs der erforderlichen Fahrerlaubnis und der Ausbildung zum Berufskraftfahrer im Omnibusverkehr. Dem Antragsteller wurde ein Bruttolohn von 1.200 EUR zugesagt.
Vom 19.6.2009 bis 19.9.2009 hat er eine von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Weiterbildungsmaßnahme zum Erwerb des Busführerscheins absolviert. Während dieser Maßnahme musste er von Montags bis Freitags fünfzig Kilometer einfach zur Ausbildungsstätte fahren.
Mit am 2.6.2009 beim AG Mosbach eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes Abänderung der Unterhaltsverpflichtung auf Null ab 1.5.2009 beantragt.
Der Antragsteller hat vorgetragen:
Er habe sich umfangreich beworben, aber keinen Arbeitsplatz erhalten. Selbst wenn er wieder eine Anstellung finden werde, sei davon auszugehen, dass sich sein Einkommen verringern werde.
Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Antrags beantragt und vorgetragen:
Die Voraussetzungen für eine Abänderung seien nicht gegeben. Der Antragsteller habe keine Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz dargetan. Er habe nur am 6.4.2009 mitgeteilt, dass er nun arbeitslos sei. Aufgrund der im abgelaufenen Kalenderjahr erzielten Einkünfte, die der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legen seien, sei der Antragsteller leistungsfähig.
Mit Beschluss vom 26.9.2009 hat das AG Mosbach den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Der Antragsteller habe eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Dass er dieser genügt habe, sei nicht ausreichend dargetan. Im Hinblick auf die erhöhten Anforderungen an die Leistungsfähigkeit könne er sich nicht darauf berufen, eine Umschulung zu machen. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller bei Erfüllung seiner Erwerbsobliegenheit ein Einkommen erzielen könne, mit dem er zur Zahlung des titulierten Kindesunterhalts für beide Kinder leistungsfähig sei.
Der Beschluss wurde dem Antragstellervertreter am 18.9.2009 zugestellt. Mit am 23.9.2009 eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Seit 15. September habe er ein neues Arbeitsverhältnis als Busfahrer. Sein Einkommen betrage in der Probezeit 2.250 EUR, danach 2.400 EUR brutto. Er könne damit den titulierten Kindesunterhalt zahlen. Es werde daher nur noch Prozesskostenhilfe für eine Abänderungsklage betreffend den Zeitraum vom 1.5.2009 bis 14.9.2009 beantragt.
Mit Beschluss vom 24.9.2009 hat das AG Mosbach der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat vorgelegt. Der Antragsteller habe sich seit seiner Kündigung nicht hinreichend um einen Arbeitsplatz bemüht.
II.1. Die Entscheidung richtet sich gem. Art. 111 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 (BGBl. I, 2586 ff.) nach den bis zum 31.8.2009 geltenden Vorschriften.
2. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
a) Der Antragsteller begehrt nur noch Prozesskostenhilfe für eine Unt...