Verfahrensgang
AG Mannheim (Entscheidung vom 30.08.2019; Aktenzeichen 32 OWi 402 Js 20881/19) |
Tenor
- Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 30. August 2019 wird zugelassen.
- Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 30. August 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.
- Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Mannheim zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Mannheim hat mit Urteil vom 30.8.2019 den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums X. - Zentrale Bußgeldstelle - vom ...2019 (Az. ...) verworfen, mit welchem gegen diesen eine Geldbuße in Höhe von 75 Euro wegen fahrlässigen Unterschreitens des erforderlichen Abstands zum vorausfahrenden Fahrzeug festgesetzt worden ist. Zur Begründung wird im Urteil ausgeführt, der von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundene Betroffene habe sich nicht durch seinen ordnungsgemäß geladenen, aber nicht erschienenen Verteidiger vertreten lassen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der er die Versagung rechtlichen Gehörs rügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde wegen einer Verletzung des Anspruchs des Betroffenen auf rechtliches Gehör zuzulassen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
II.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG wegen Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen. Sie hat in der Sache - vorläufigen - Erfolg.
Das Tatgericht hat - ohne zur Sache zu verhandeln und zu entscheiden - ein Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG erlassen, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben waren. Durch diesen Verfahrensfehler wurde zugleich der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. Thüringer OLG, Beschluss v. 16.5.2011 - 1 Ss 72/11 (165/11) -, juris; OLG Köln, DAR 2005, 229).
Nach § 74 Abs. 2 OWiG hat das Gericht, wenn ein Betroffener ohne genügende Entschuldigung ausbleibt, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war, den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen. Diese Voraussetzungen lagen hier ersichtlich nicht vor, da der Betroffene mit Beschluss vom 29.8.2019 von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden war. Das Tatgericht hätte daher nach § 74 Abs. 1 OWiG in Abwesenheit des Betroffenen zur Sache verhandeln müssen.
Der Umstand, dass auch der Verteidiger des Betroffenen der Hauptverhandlung ferngeblieben war, rechtfertigte den Erlass eines Verwerfungsurteils nach § 74 Abs. 2 OWiG nicht (vgl. Göhler, OWiG, 17. Aufl., Rdn. 19 zu § 74 m.w.N.). § 73 Abs. 3 OWiG verpflichtet den von der Erscheinenspflicht entbundenen Betroffenen nicht, sich durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten zu lassen, er kann dies lediglich tun.
Fundstellen
Haufe-Index 15118061 |
ZAP 2020, 343 |
VRR 2020, 3 |