Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Entscheidung vom 14.07.2006)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Karlsruhe vom 14. Juli 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zu erneuter Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit Verfügung vom 22.11.2005 hatte die Justizvollzugsanstalt B. den Antrag des Strafgefangenen vom 20.11.2005, ihn zu seiner in C. wohnhaften Mutter auszuführen, abgelehnt. Nach Aufhebung dieser Entscheidung durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Karlsruhe mit Beschluss vom 12.4.2006 wies die Justizvollzugsanstalt B. mit Bescheid vom 15.5.2006 erneut das Begehren des Strafgefangenen zurück. Seinen hiergegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23.5.2006 verwarf das Landgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 14.7.2006.

Mit seiner hiergegen gerichteten, form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde rügt der Antragsteller die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Nachprüfung der angegriffenen Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

III.

Die Rechtsbeschwerde hat auch Erfolg.

Die angegriffene Entscheidung ist nicht hinreichend begründet. Die von der Strafvollstreckungskammer vorgenommene pauschale Verweisung auf den Bescheid der Justizvollzugsanstalt B. vom 15.5.2006 und den Antrag des Verurteilten vom 23.5.2006 ermöglicht es dem Senat nicht zu prüfen, ob die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer rechtlichen Bedenken begegnet. Auch das unter Bezugnahme auf die Verfügung der Justizvollzugsanstalt B. vom 15.5.2006 erfolgte vollständige Absehen von einer eigenen Begründung ist rechtsfehlerhaft.

1.

Der Senat hat zu den an die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer nach § 115 StVollzG zu stellenden, auch nach der Neufassung des § 115 Abs.1 StVollzG fortgeltenden Darlegungs- und Begründungsanforderungen in seinem Beschluss vom 23.2.2007 - 1 Ws 199/05 - grundsätzlich Stellung genommen. Er hat in dieser Entscheidung ausgeführt:

"Die Rechtsbeschwerde nach dem Strafvollzugsgesetz ist revisionsähnlich ausgestaltet (Calliess/Müller-Dietz StVollzG 10. Aufl., § 116 Rn. 1). Die Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen durch das Rechtsbeschwerdegericht ist auf eine Rechtskontrolle beschränkt; die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe, dass also eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 116 Abs. 2 StVollzG). Eine Nachprüfung der Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht ist dem Rechtsbeschwerdegericht - von engen Ausnahmefällen aufgrund einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge abgesehen - verwehrt (Calliess/Müller-Dietz, aaO., § 119 Rn. 2). Die Begründung der angegriffenen Entscheidung muss deshalb so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG vorliegen und ob die Entscheidung auf einer möglichen Gesetzesverletzung beruht (vgl. Calliess/Müller-Dietz, aaO., § 115, Rn. 10).

Diesen an den unabdingbaren Erfordernissen des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu messenden Begründungsanforderungen ist die Strafvollstreckungskammer auch durch die Neufassung des § 115 Abs. 1 StVollzG durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 23.03.2005 (BGBl. I, 930), das dem bisherigen Absatz 1 die Sätze 2 bis 4 angefügt hat, nicht enthoben.

Nach dieser Neufassung muss der Beschluss den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen stellen. Wegen der Einzelheiten soll auf die bei den Gerichtsakten befindlichen Schriftstücke Bezug genommen werden. Darüber hinaus kann das Gericht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Die Novellierung verfolgt - wie der Gesetzeswortlaut und die Gesetzesmaterialien zeigen - den Zweck, Richter und Schreibkräfte von "unnötige[r] Schreibarbeit" durch die Eröffnung der Möglichkeiten einer Bezugnahme auf Antragsbegründungen und Erwiderungen zu entlasten, ohne dass hierdurch Verständlichkeit und Qualität der Entscheidungen gemindert werden soll (vgl. BRDrucks 697/03, S. 3; BTDrucks 15/2252, S. 6; BTDrucks 15/4537 S. 1). Die entscheidungserheblichen Tatsachen und die tragenden rechtlichen Gesichtspunkte müssen daher auch dann, wenn die Strafvollstreckungskammer von den Vereinfachungsmöglichkeiten des § 115 Abs. 1 StVollzG Gebrauch macht, wiedergegeben werden. Der Tatbestand des Beschlusses muss - trotz Bezugnahme auf das Vorbringen der Beteiligten hinsichtlich der Einzelheiten - das Antragsvorbringen der Strafgefangenen in seinem Kerngehalt wiedergeben, da andernfalls nicht geprüft und entschieden werden kann, ob die Strafvollstreckungskammer dieses Vorbringen zur Kenntnis geno...

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