Leitsatz (amtlich)
1. Die historischen Kapitalmarktdaten der Universität Karlsruhe - Institut für Finanzwirtschaft, Banken und Versicherungen - sind als Grundlage für die Berechnung des Beta-Faktors zum Zwecke der Unternehmensbewertung im aktienrechtlichen Spruchverfahren grundsätzlich geeignet.
2. Im Rahmen der nach § 287 ZPO erforderlichen Schätzung kann es allerdings geboten sein, neben den Kapitalmarktdaten auch andere wertbildende Faktoren - etwa die Betätigung des Unternehmens in bestimmten Geschäftsfeldern - zu berücksichtigen.
3. Im aktienrechtlichen Spruchverfahren können die Antragsteller nicht geltend machen, dass ihnen die Antragsgegnerinnen wegen überlanger Verfahrensdauer eine erhöhte Abfindung schuldeten.
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Anhörungsrüge des Antragstellers zu 6 wird der Beschluss des Senats vom 21.1.2011 - 12 W 77/08 - abgeändert und insgesamt in Ziff. I. bis III. wie folgt neu gefasst:
Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1, 2, 3, 4, 6, 10, 11, 12, 13, 14 und die Anschlussbeschwerde des Antragstellers zu 16 wird der Beschluss des LG Mannheim vom 28.7.2008 - 24 AktE 43/86 - wie folgt abgeändert:
1. Die Abfindung gem. § 2 des Beherrschungsvertrages vom 30.1.1986 zwischen der A. AG (Mannheim) und der B. - verschmolzen auf A. Z. - wird auf 437,71 DM (= 223,80 EUR) je Aktie im Nennwert von 50 DM festgesetzt.
Dieser Betrag ist ab 25.3.1986 mit Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Diskontsatz (Basiszinssatz) zu verzinsen.
2. Der Ausgleich gem. § 3 des genannten Vertrages wird auf 40,05 DM (20,48 EUR) je Aktie im Nennwert von 50 DM abzgl. Körperschaftssteuerbelastung in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Tarifs festgesetzt.
Der festgesetzte Betrag vermindert sich ab 1991 auf die Hälfte.
3. Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in erster Instanz.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen wird zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegnerinnen tragen die im Beschwerdeverfahren und im Rahmen der Anhörungsrüge entstandenen Gerichtskosten einschließlich der Kosten der gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre, ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 bis 16.
IV. Die mit Schriftsätzen der Antragsteller zu 2 bis 4 vom 20.2.2012 und vom 10.12.1012 erhobenen Gegenvorstellungen werden zurückgewiesen.
V. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird für die Gerichtskosten und für die Vergütung der Vertreter der außenstehenden Aktionäre auf 7.500.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Verfahrensbeteiligten streiten im Rahmen einer Anhörungsrüge, die der Antragsteller zu 6 erhoben hat, weiter darüber, ob der vom Obergutachter mit 1 angenommene Beta-Faktor abzuändern und von einem höheren Unternehmenswert bei der beanspruchten Abfindung und dem Ausgleich auszugehen ist. Ebenso besteht Streit darüber, ob der Bestand des Wertpapiervermögens zutreffend angesetzt worden ist und die Planung des Zinsergebnisses richtig erfolgt ist.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21.1.2011 (12 W 77/08) die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1, 2, 3, 4, 6, 10, 11, 12 13, 14 und die Anschlussbeschwerde des Antragstellers zu 16 gegen den Beschluss des LG Mannheim vom 28.7.2008 zurückgewiesen. Das LG Mannheim hat nach Einholung eines Gutachtens durch den Sachverständigen Prof. Dr. P. (im Folgenden: Obergutachter) mit Beschluss vom 28.7.2008 (24 AktE 43/86) die Abfindung je Aktie im Nennwert von 50 DM auf 201,70 EUR (394,50 DM) festgesetzt und ist von einem Ausgleichsbetrag von 39,39 DM bzw. 20,14 EUR je Aktie im Nennwert von 50 DM abzgl. der Körperschaftssteuer in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Tarifs ausgegangen.
Der Antragsteller zu 6 hat mit Schriftsatz vom 9.2.2011 gegen den Beschluss des Senats vom 21.1.2011 Anhörungsrüge erhoben und ausgeführt, dass der Beta-Faktor nicht auf der Grundlage von empirisch verfügbaren Daten ermittelt worden sei. Im Zusammenhang damit stünden auch die Frage des Anteils und der Zusammensetzung des festverzinslichen Wertpapiervermögens und die Frage der Planung des Zinsergebnisses.
Mit Schriftsatz vom 2.3.2012 haben auch die Antragsteller zu 7 und 8 erstmals Anschlussbeschwerde gegen den Beschluss des LG Mannheim vom 28.7.2008 eingelegt. Die Anschlussbeschwerde wurde mit Schriftsatz vom 15.3.2013 nach Hinweis des Senats zurückgenommen.
Mit Beschluss vom 19.4.2011 hat der Senat die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens durch den Obergutachter angeordnet. Der Obergutachter hat am 29.12.2011 ein weiteres Gutachten unter Berücksichtigung der Daten der Kapitalmarktdatenbank der Universität Karlsruhe, erstellt und eine ergänzende Stellungnahme mit Gutachten vom 2.11.2012 abgegeben.
Die Antragsteller zu 2 bis 4 haben Verfassungsb...