Leitsatz (amtlich)
1. Die Zentrale Behörde für die Entgegennahme und Weiterleitung internationaler Rechtshilfeersuchen nach Art. 2 des Haager Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen ist nicht gehalten, einen benannten Zeugen vor der Weiterleitung des Rechtshilfeersuchens dazu anzuhören, ob er sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen möchte und worin dies etwa begründet liegt.
2. Die Zentrale Behörde kann sich auf die Prüfung beschränken, ob der Gegenstand der Beweisaufnahme in der Gesamtschau der Angaben zu Art und Gegenstand der Rechtssache, der gedrängten Darstellung des Sachverhalts sowie gegebenenfalls des übermittelten Fragenkatalogs hinreichend bestimmt ist.
3. Die Zentrale Behörde kann ihr Ermessen im Regelfall dahin ausüben, die Entscheidung über die Form der Beweisaufnahme (nach einer besonderen Form im Sinne von Art. 9 Abs. 2 HBÜ oder nach der ZPO) dem Rechtshilfegericht zu überlassen. Dies gilt auch für die Entscheidung darüber, ob die Zeugenvernehmung auf sämtliche der im Katalog vorgesehenen Fragen zu erstrecken ist, oder ob einzelne Fragen als unbestimmt zurückzuweisen sind.
Tenor
1. Der Antrag nach § 23 EGGVG wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Weiterleitung eines Rechtshilfeersuchens, das auf seine Zeugenvernehmung betreffend einen in den USA geführten Patentverletzungsstreit gerichtet ist. Die Antragsgegnerin ist die zuständige Zentrale Behörde für die Entgegennahme und Weiterleitung internationaler Rechtshilfeersuchen nach Art. 2 des Haager Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen (HBÜ).
Der Antragsteller, ein deutscher Staatsbürger, ist Angestellter der [A.] GmbH mit Sitz in [...]; er leitet dort die Abteilung für pharmazeutische Angelegenheiten. Nach der im Rechtshilfeersuchen des Bezirksgerichts für den Distrikt of New Jersey gegebenen Sachdarstellung stellt die [A.] ein Inhalierprodukt mit dem pharmazeutischen Wirkstoff Treprostinil her, welches von der [B.] Inc. in den USA zur Zulassung angemeldet wurde. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die [X.] Corporation, ist der Ansicht, der beabsichtigte Verkauf des Treprostinil-Inhalierprodukts verletze ihre näher bezeichneten Patente, die einen bestimmten Herstellungsprozess für den pharmazeutischen Wirkstoff Treprostinil unter Schutz stellten. [X.] ist der Ansicht, dass das Inhalierprodukt von [B.] bzw. [A.] nach dem patentgeschützten Verfahren hergestellt werde.
Das Bezirksgericht für den Distrikt of New Jersey, bei dem die Patenverletzungsklage der [X.] gegen [B.] anhängig ist, hat bei dem Präsidenten des Amtsgerichts Freiburg als Zentraler Behörde ein unter anderem auf die Zeugenvernehmung des Antragstellers gerichtetes Rechtshilfeersuchen nach dem Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen eingereicht. Es hat darum gebeten, dem Zeugen insbesondere einen Katalog von 24 in einem "Anhang B" im einzelnen ausgeführten Fragen zur Beantwortung vorzulegen. Darüber hinaus hat es darum gebeten, einem namentlich bezeichneten US-Rechtsanwalt, einem Vertreter der Klägerin und einem von ihr bezeichneten Sachverständigen die Anwesenheit zu gestatten und ein Fragerecht einzuräumen. Ferner ersucht das Gericht, den Zeugen zu veranlassen, Muster der Treprostinil-Produkte inklusive Inhaliersystem, Nachfüllpackung und Ampulle zur Zeugenvernehmung mitzubringen. Schließlich bittet das Gericht, die Zeugenaussage wörtlich zu protokollieren und den Zeugen zu vereidigen.
Mit Schreiben vom 24. Mai 2017 hat die Zentrale Behörde das Rechtshilfeersuchen insoweit zur Erledigung an das Amtsgericht weitergeleitet, als es die Zeugenvernehmung nach dem Fragenkatalog gemäß Anhang B und die Vorlage zweier Muster des Medizinprodukts betrifft. Soweit das Rechtshilfeersuchen darüber hinaus auf die Vorlage von Dokumenten durch den Zeugen gerichtet ist, hat die Zentrale Behörde die Erledigung unter Hinweis auf den von der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 23 HBÜ erklärten Vorbehalt gegen eine "pre-trial discovery of documents" abgelehnt.
In dem Übersendungsschreiben an das Amtsgericht Schwäbisch-Hall hat die Zentrale Behörde darauf hingewiesen, dass die Vernehmung des Zeugen gemäß Art. 9 HBÜ nach den Vorschriften des deutschen Prozessrechts durch den zuständigen Rechtshilferichter erfolge. Über die Zulassung von Fragen der Parteivertreter entscheide ebenfalls der Rechtshilferichter unter besonderer Beachtung des Ausforschungsverbots und etwa bestehender Zeugnisverweigerungsrechte. Im Hinblick auf die Fragen Nrn. 9 und 11 sei zu beachten, dass solche Fragen unzulässig seien, die nicht auf die Kundgabe von Tatsachen, sondern auf Mitteilung rechtlicher Wertungen wie hier die Patentverletzung oder die Konformität mit verschiedenen Richtlinien abz...