Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftswert für die Notarkosten bestimmt sich bei der Beurkundung eines Ehevertrags nach § 100 Abs. 2 GNotKG, wenn darin nur die Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB ausgeschlossen werden. Insoweit betrifft der Ehevertrag nur bestimmte güterrechtliche Ansprüche ohne den Güterstand insgesamt oder strukturell zu ändern, weil nur eine von weiteren Voraussetzungen abhängige Berechnung für den Zugewinnausgleich geregelt wird.
Normenkette
BGB §§ 1371, 1408; GNotKG Nr. 21100; GNotKG §§ 19, 21, 35, 36 Abs. 3, §§ 51, 85, 100, 111 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Beschluss vom 26.07.2023; Aktenzeichen 3 OH 11/22) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 wird der Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 26. Juli 2023 - 3 OH 11/22 - abgeändert und die Kostenberechnung des Beteiligten zu 3 Nr. ... (Erbvertrag B., UR-Nr. ... VE) in der korrigierten Fassung vom 11. April 2023 dahingehend herabgesetzt, dass der Rechnungsbetrag (insgesamt nur) 5.905,63 EUR lautet.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Von der Erhebung von Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 wenden sich gegen eine Notarkostenberechnung des Beteiligten zu 3 (im Folgenden: Notars).
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind verheiratet und leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Beteiligte zu 1 hat zwei Kinder, der Beteiligte zu 2 hat keine Kinder. Aufgrund einer schweren Erkrankung der Beteiligten zu 1 wollten die Ehegatten einen Erbvertrag schließen.
Der Notar beurkundete am 2. Dezember 2021 zu UR 2115/2021 den als Anlage zur Antragsschrift ersichtlichen Erbvertrag. Dieser enthält zunächst erbrechtliche Verfügungen der Beteiligten zu 1, nämlich eine Einsetzung ihrer beiden Kinder zu Erben (unter III) und drei Vermächtnisse zu Gunsten des Beteiligten zu 2 (unter IV - VI). Weiter enthält er unter IX gegenseitige Verzichtsvereinbarungen, und zwar in § 1 einen gegenseitigen Verzicht auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche und in § 2 einen Ausschluss der Durchführung des Zugewinnausgleichs im Wege der sogenannten "güterrechtlichen Lösung" des § 1371 Abs. 2, Abs. 3 BGB bei Beendigung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten. Im Übrigen wird auf den beurkundeten Erbvertrag Bezug genommen.
Der Notar erteilte der Beteiligten zu 1 am 21. Dezember 2021 zur Rechnungsnummer 30545 eine dem Zitiergebot nicht genügende Notarkostenberechnung, die er im vorliegende Verfahren durch Rechnung vom 11. April 2023 korrigiert hat. Der Rechnungsbetrag lautet 11.236,83 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Notarkostenberechnung Bezug genommen.
Mit einem als Widerspruch bezeichneten Schreiben wandten sich die Beteiligten zu 1 und 2 außergerichtlich an den Notar und beanstandeten insbesondere, dass er den Ausschluss des Zugewinns im Todesfall zum Anlass genommen habe, den Geschäftswert der Urkunde zu verdoppeln, was nicht zwingend erforderlich gewesen wäre. Sie seien der Meinung, über diese erhebliche Verteuerung hätte der Notar sie im Voraus informieren müssen.
Der Notar antwortete insoweit, er habe bei der Entwurfsübersendung ausdrücklich angemerkt, dass die Regelung unter Abschnitt IX nur eine Empfehlung und nicht zwingend sei. Die Mitbeurkundung sei jedoch ohne Zweifel sachgerecht.
Mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung haben die Beteiligten zu 1 und 2 um Überprüfung der Kostenberechnung gebeten, weil ihnen die Kosten zu hoch erschienen.
Der Präsident des Landgerichts hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Daraufhin hat der Bezirksrevisor Stellung genommen und die Ansicht vertreten, der Geschäftswert für die Beurkundung des Ehevertrags sei nach § 100 Abs. 2 GNotKG zu bestimmen.
Der Notar hat geltend gemacht, er habe zu Recht die Geschäftswertberechnung nach dem Reinvermögen der Ehegatten nach § 100 Abs. 1 GNotKG vorgenommen, weil die in Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten für einen bestimmten Fall (hier: Beendigung der Ehe durch Tod) den vollständigen Verzicht auf Zugewinnausgleich vereinbart und dadurch eine nicht gegenstandsgebundene grundlegende strukturelle Modifikation güterrechtlicher Art vorgenommen hätten.
Das Landgericht hat die streitgegenständliche Notarkostenberechnung dahingehend abgeändert, dass die Beteiligten zu 1 und zu 2 insgesamt 11.046,43 EUR brutto an den Notar zu zahlen hätten. Dabei hat das Landgericht den Geschäftswert für die Beurkundung des Ehevertrags (also die Regelung in IX § 2 des beurkundeten Erbvertrags) nach § 100 Abs. 1 GNotKG bestimmt. Es hat die Ansicht vertreten, die Regelung in § 100 Abs. 2 GNotKG greife nicht, weil der beurkundete Ausschluss der Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB das gesamte Vermögen der Ehegatten betreffe. Der Notar habe auch nicht ausnahmsweise über die Höhe der Kosten aufklären müssen, weil er weder gefragt worden sei, die Mandanten sich in einem Irrtum befunden hätten,...