Leitsatz (amtlich)
In selbständigen Kindschaftssachen ermäßigen sich die Gerichtsgebühren bei Beschwerderücknahme nur bei einer mitgeteilten Kosteneinigung.
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 53 F 2459/23) |
Tenor
Die Erinnerung der Antragstellerin gegen die Kostenrechnungen vom 19.01.2024 und vom 02.02.2024 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Erinnerung gegen die Erhebung von Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens in einer Kindschaftssache nach Beschwerderücknahme.
Antragstellerin und Antragsgegner sind die Eltern des Kindes G., geb. 2007, das nach der Trennung bei der Mutter lebte. Es bestand gemeinsame elterliche Sorge.
Nachdem der in der Schweiz lebende Vater in einem Parallelverfahren die Übertragung insb. des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn beantragt hatte, da der Sohn in seinen Haushalt wechseln wolle, beantragte die Mutter im vorliegenden Verfahren die Regelung des Umgangs zwischen ihr und dem Kind. Das Familiengericht bestellte eine Verfahrensbeiständin. Im Termin beim Familiengericht vom 08.09.2023 vereinbarten die Eltern zunächst den Wechsel des Kindes zum Vater. Anschließend schlossen die Beteiligten eine Vereinbarung zum Umgang, die mit Beschluss vom 11.09.2023 gerichtlich gebilligt wurde. Protokoll und Beschluss wurden der Antragstellerin am 11.09.2023 zugestellt.
Mit Schreiben vom 25.10.2023 legte die Mutter Beschwerde gegen die Umgangsregelung ein. Nach einem Hinweis des Senats auf die Unzulässigkeit nahm die Mutter ihre Beschwerde mit Schreiben vom 10.12.2023 zurück. Mit Beschluss vom 09.01.2024 sprach der Senat die Kostentragung im Beschwerdeverfahren durch die Mutter aus. Die Verfahrensbeiständin teilte mit, dass sie bis zur Rücknahme der Beschwerde mit dem Jugendlichen und seinen Eltern mehr als 20 Telefonate geführt habe.
Mit Kostenrechnung vom 19.01.2024 wurden die von der Mutter im Beschwerdeverfahren zu zahlenden Kosten zunächst auf 140 EUR festgesetzt (eine Gerichtsgebühr von 1,0). Nachdem die Kosten der Verfahrensbeiständin geltend gemacht wurden, erfolgte weitere Kostenrechnung vom 02.02.2024 in Höhe von 550 EUR.
Mit Schreiben vom 13.03.2024 legte die Mutter Erinnerung gegen die Kostenrechnungen ein.
Der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse tritt der Erinnerung entgegen.
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die Erinnerung der Mutter vom 13.03.2024 gegen die Kostenrechnungen vom 19.01.2024 und vom 02.02.2024 ist gem. § 57 Abs. 1 S. 1 FamGKG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel der Mutter ist in der Sache aber nicht begründet.
1. Zunächst wurde zutreffend die Gerichtsgebühr von 1,0 nach Ziff. 1314 KV FamGKG festgesetzt. Durch die Rücknahme der Beschwerde hat sich die Gerichtsgebühr nicht auf 0,5 nach Ziff. 1315 KV FamGKG ermäßigt.
a. Das Recht der Gerichtsgebühren in Familiensachen ist von dem allgemeinen Grundsatz geprägt, dass die Rücknahme des Rechtsmittels zur Ermäßigung der Gerichtsgebühren führt, wobei teilweise eine frühe Rücknahme besonders honoriert wird (vgl. dazu die Übersicht in Musielak/Borth/Frank/Frank, FamFG, 7. Auflage 2022, FamGKG Anlage 1). Allerdings ist dies durch die Neufassung des FamGKG differenziert geregelt.
aa. Für die Beschwerde gegen die Hauptsacheentscheidung in Ehe- und Folgesachen sowie selbstständigen Streitsachen gilt eine erste (größere) Ermäßigung nur für die Rücknahme des Rechtsmittels oder des Antrags und nur für die Zeit bis zum Eingang der Rechtsmittelschrift (Ziff. 1121: von 3,0 auf 0,5 und Ziff. 1223: von 4,0 auf 1,0). Eine zweite (kleinere) Ermäßigung gilt für weitere und für spätere Fälle der Verfahrensbeendigung. Dabei sind die einzelnen Fälle der "Beendigung des Verfahrens" (Ziff. 1122: von 3,0 auf 1,0) bzw. der "Beendigung des gesamten Verfahrens" (Ziff. 1224: von 4,0 auf 2,0) aufgelistet, wobei die Rücknahme der Beschwerde jeweils dazugehört. Nur für den Fall der Erledigung der Hauptsache (nicht aber für die Rücknahme der Beschwerde) findet sich der Zusatz, dass die Ermäßigung nur gilt, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder diese einer mitgeteilten Einigung folgt. Eine vergleichbare Gesetzestechnik gilt im Übrigen auch für den ersten Rechtszug in diesen Verfahren (Ziff. 1111 und 1221). Dabei wurde in ersterer Vorschrift die Einschränkung des früheren Rechts (Ziff. 1311 KV GKG a.F.), dass die Ermäßigung bei Rücknahme des Antrags nicht gilt, wenn eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ergeht, im Hinblick auf die Regelung der Kostenfolge in § 150 Abs. 2 FamFG bewusst nicht übernommen (BT-Drs. 16/6308, S. 309).
bb. Im vereinfachten Unterhaltsverfahren sowie in selbständigen Kindschaftssachen gibt es jeweils nur eine einheitliche Ermäßigungsvorschrift (Ziff. 1212 und 1315: von 1,0 auf 0,5 und Ziff. 1412: von 0,5 auf 0,3). Dabei sind nicht die einzelnen Fälle der Verfahrensbeendigung aufgelistet, sondern die Geltung erstreckt sich auf die "Beendigung des gesamten Verfahrens ohne Endentscheidung". In zwei folgenden Absätzen wir...