Leitsatz (amtlich)

Die nachträgliche Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist nach § 257 c Abs. 2 Satz 1 StPO ein der Verständigung im Berufungshauptverfahren jedenfalls grundsätzlich zugänglicher Gegenstand.

 

Normenkette

StPO § 257c Abs. 2 S. 1

 

Gründe

Aus den Gründen

Die Rüge des Angekl., seine im Berufungsverfahren erklärte Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch sei unwirksam, greift nicht durch.

Soweit der Angekl. der Auffassung ist, dass die nachträgliche Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht Bestandteil einer Verständigung sein könne, weil dieser ein - zwingend auf die Richtigkeit zu überprüfendes (BVerfG, StV 2013, 353) - Geständnis zugrunde liegen soll (§ 257c Abs. 2 Satz 2 StPO), folgt der Senat dem nicht (vgl. auch Niemöller in N/Sch/W, VerstG, Teil C, Rdn. 100). Nach § 257c Abs. 2 Satz 2 StPO "soll" ein Geständnis Bestandteil jeder Verständigung sein. Wenn auch in aller Regel in einer nachträglichen Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch, die eine Teilrücknahme des ursprünglich unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels darstellt (BGHSt 33, 59), zum Ausdruck kommt, dass der Angeklagte die Tat(en) einräumt, ist eine solche "Geständnisfiktion" nicht zwingend. Gegenstand einer Verständigung kann nach § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO auch "das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten" sein (vgl. LG Freiburg, StV 2010, 236). Entscheidend ist auf jeden Fall, dass § 244 Abs. 2 StPO unberührt bleibt (§ 257c Abs. 1 Satz 2 StPO), d. h. jede Disposition über Gegenstand und Umfang der dem Gericht von Amts wegen obliegenden Pflicht zur Aufklärung des mit der Anklage vorgeworfenen Geschehens ist ausgeschlossen (BVerfG, a.a.O. [Rdn. 68]). Seine Grenzen findet dieser Grundsatz jedoch in der Dispositionsfreiheit des Angekl., der nach der Strafprozessordnung befugt ist, ein Rechtsmittel gegen ein vorinstanzliches gerichtliches Urteil zu beschränken (oder vollständig zurückzunehmen) und damit der Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht zu entziehen. In diesen Fällen basiert der Schuldspruch nicht auf einem Geständnis, sondern auf der (teilweisen) Akzeptanz der vorinstanzlichen Entscheidung durch den Angeklagten. Ob etwas anderes in Ausnahmefällen gilt (etwa wenn dem amtsgerichtlichen Urteil seinerseits ein verständigungsbasiertes Geständnis ohne Überprüfung seiner Richtigkeit zugrunde liegt), kann offen bleiben, weil vorliegend das AG aufgrund einer umfassenden Beweisaufnahme zu der Überzeugung von der Täterschaft des die Tatvorwürfe bestreitenden Angekl. gekommen ist und das LG ebenfalls die Beweisaufnahme nahezu vollständig durchgeführt hatte, bevor auf Anregung des Angekl. die anschließend getroffene Verständigung erfolgt ist. Die Behauptung des Angekl., ihm sei die Möglichkeit abgeschnitten worden, "durch eine umfassende Erforschung der Wahrheit zu einem ihm im konkreten Fall zustehenden Freispruch zu kommen", ist damit widerlegt. Dass der Angekl. am Ende der durchgeführten Beweisaufnahme vor dem LG damit rechnete, dass seine Berufung möglicherweise in vollem Umfang verworfen werden würde, und er deshalb sich auf die von ihm initiierte Verständigung mit dem Ziel einer geringeren Strafe einließ, vermag die Wirksamkeit der Verständigung nicht in Frage zu stellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 6563182

NStZ 2014, 536

AO-StB 2015, 15

Die Justiz 2014, 115

StV 2014, 401

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