Leitsatz (amtlich)

1. Der deutsche Schuldner aus dem Schiedsspruch eines ausländischen Schiedsgerichts ist im Vollstreckbarerklärungsverfahren mit Anerkennungsversagungsgründen ausgeschlossen, die im Herkunftsland des Schiedsspruchs (hier: Taiwan) Gegenstand einer Aufhebungsklage hätten sein können, die jedoch versäumt worden ist (st. Rspr.)

2. Zu Fehlern bei der Bildung des Schiedsgerichts als Anerkennungsverweigerungsgrund.

 

Tenor

1. Der Schiedsspruch des Schiedsverbands der Republik China (Taiwan) Nr. ... vom 19.7.2006, erlassen durch das aus Frau Y. (Vorsitzende), Frau S. und Herrn H. zusammengesetzte Schiedsgericht in Taipeh, Republik China (Taiwan), wonach die Schuldnerin zur Zahlung von 377.300 US-Dollar und 296.250 Neue Taiwan Dollar jeweils nebst Zinsen von 5 % seit 1.11.2003 bis zum Tilgungstag an die Antragstellerin verurteilt wurde, wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt.

2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert des Vollstreckbarerklärungsverfahrens wird auf 292.235 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches des Schiedsverbandes der Republik China (Taiwan) vom 19.7.2006, in dem die Schuldnerin zur Zahlung von 377.300 U. S.-Dollar und 296.250 Neue Taiwan Dollar nebst Zinsen verurteilt ist.

Die Gläubigerin trägt im Wesentlichen vor, sie habe den Schiedsspruch in beglaubigter Abschrift vorgelegt, weshalb ihr Antrag den Anforderungen an die Zulässigkeit genüge. Mit allen vorgetragenen Einwendungen gegen die Vollstreckbarerklärung sei die Schuldnerin präkludiert, weil sie in Taiwan als dem Schiedsort ein Aufhebungsverfahren fristgemäß nicht betrieben habe. Im Übrigen seien die vorgetragenen Einwendungen auch unbegründet. Die beglaubigte Übersetzung des chinesischen Schiedsspruchs und die englischsprachige Schiedsvereinbarung (S. 15 d.A.) mit späterem Zusatzmemorandum (S. 173 d.A.) seien eine ausreichende Grundlage zur sachlichen Prüfung der Einwendungen. Danach falle der Schiedsfall unter die Schiedsklausel. Das Schiedsgericht sei auch zutreffend gebildet worden. Die Schiedsklausel verweise auf Taiwan und nationalchinesisches Verfahrensrecht. Zwar sei ausdrücklich kein institutionelles chinesisches Schiedsgericht vereinbart, jedoch seien sich beide Parteien über die Anrufung eines institutionellen Schiedsgerichts einig gewesen, denn die Schuldnerin habe nie ein Ad-hoc-Schiedsgericht gefordert, sondern nur deutsche institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit. Es sei deshalb richtig gewesen, ersatzweise den chinesischen Schiedsverband um Benennung eines Schiedsrichters der Beklagtenseite zu bitten und nicht - wie beim Ad-hoc-Schiedsgericht - die staatliche chinesische Gerichtsbarkeit. Im Übrigen habe die Schuldnerin nichts zum nachteiligen Einfluss dieser Benennung auf das Verfahren dargetan. Die bloße Tatsache dreier Schiedsrichter chinesischer Staatsangehörigkeit begründe keinen Ordre public-Verstoß.

Die Gläubigerin beantragt,

1. Der Schiedsspruch des Schiedsverbands der Republik China (Taiwan) Nr. ... vom 19.7.2006, erlassen durch das aus Frau Y. (Vorsitzende), Frau S. und H errn H. zusammengesetzte Schiedsgericht in Taipeh, Republik China (Taiwan), wonach die Schuldnerin zur Zahlung von 377.300 US-Dollar und 296.250 Neue Taiwan Dollar jeweils nebst Zinsen von 5 % seit 1.11.2003 bis zum Tilgungstag an die Gläubigerin verurteilt wurde, wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt.

2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

Die Schuldnerin beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs kostenpflichtig zurückzuweisen und festzustellen, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen sei.

Die Schuldnerin trägt im Wesentlichen vor, der Antrag der Gläubigerin sei unzulässig, weil eine beglaubigte Urschrift der Schiedsvereinbarung mit Übersetzung fehle, ebenso wie dies bei dem zusätzlichen Memorandum der Parteien über die Abwicklung der streitgegenständlichen Geschäftsbeziehungen der Fall sei. Der Antrag sei aber auch unbegründet, weil der Rechtsstreit nicht unter die Schiedsklausel falle. Die ersatzweise Benennung eines Schiedsrichters habe nicht durch den chinesischen Schiedsverband, sondern durch ein staatliches Gericht erfolgen müssen. Die Bestellung dreier nationalchinesischer Schiedsrichter verletze das Neutralitätsgebot und damit den Ordre public.

II. Der Antrag der Gläubigerin ist zulässig und begründet. Die Gläubigerin kann nach § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. III und IV UNÜ die Vollstreckbarerklärung verlangen.

1. Die Zulässigkeit des Antrags beurteilt sich nach §§ 1064 Abs. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Danach reicht - wie geschehen - die Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruches aus. Nach § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. VII Abs. 1 UNÜ gehen die günstigeren nationalen Vorschriften dem strengeren Konventionsrecht vor, sodass ...

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