Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Entscheidung vom 13.03.2008; Aktenzeichen 5 T 4/08) |
Tenor
Oberlandesgericht Karlsruhe
11. Zivilsenat
Beschluss
In dem Grundbuchverfahren
Grundbuch von
Beteiligte:
- Antragstellerin / Beschwerdeführerin -
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
1. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Baden-Baden vom 13. März 2008 - 3 T 4/08 - wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
l. Die Antragstellerin verlangt im vorliegenden Verfahren, ihr eine Grundbuchabschrift über das im Betreff genannte Grundstück zu erteilen. Sie bringt zur Begründung vor, das Grundstück stehe im Eigentum ihrer Mutter. Diese sei 88 Jahre alt, weshalb damit zu rechnen sei, dass sie in absehbarer Zukunft in ein Pflegeheim übersiedeln müsse. Die Rente ihrer Mutter werde dann wahrscheinlich nicht zur Bestreitung der laufenden Kosten ausreichen. In diesem Fall sei es denkbar, dass sie, die Antragstellerin, zu Unterhaltsleistungen herangezogen werde. Sie habe deshalb ein Interesse an der Überprüfung, ob der Grundbesitz ihrer Mutter zur Bestreitung des Unterhalts noch zur Verfügung stehe oder ob er inzwischen veräußert worden sei.
Das Grundbuchamt hat den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde der Antragstellerin blieb vor dem Landgericht ohne Erfolg. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.
ll. Die weitere Beschwerde ist gem. § 78 GBO zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
1. Gem. § 12 Abs. 2 GBO kann die Erteilung einer Grundbuchabschrift verlangen, wem die Einsicht des Grundbuchs gestattet ist. Die Einsicht des Grundbuchs ist nach § 12 Abs. 1 GBO jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung setzt dies nicht voraus, dass schon ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer und dem um Grundbucheinsicht Ersuchenden besteht. Das Einsichtsrecht kann jedoch nicht unbeschränkt sein. Die berechtigten Belange des Antragstellers sind vielmehr gegen das Interesse des Eigentümers abzuwägen, eine Einsicht in das Grundbuch und ggf. in die Grundakten zu verhindern, weshalb die gegenläufigen Interessen des Antragstellers und des Eigentümers gegeneinander abgewogen werden müssen (vgl. nur BayObLG FGPrax 1998, 90; BayObLG NJW 1993, 1142; BayObLG MDR 1991, 1172). Das Grundbuch ist also nicht ein öffentliches Register, welches - wie etwa das Handelsregister - jedermann unbeschränkt zur Einsicht offen steht (zutreffend Böhringer, Rechtspfleger 1987, 181, 183). Grundbucheinsicht kann demzufolge regelmäßig nur demjenigen gewährt werden, der im Hinblick auf die materielle Publizität des Grundbuchs (§§ 891 ff. BGB) beabsichtigt, auf der Grundlage der Einsichtnahme unmittelbar rechtlich zu handeln (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 720; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 12 GBO Rn. 2, jew. m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen haben es die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei abgelehnt, der Antragstellerin Grundbucheinsicht zu gewähren.
a) Die Verwandtschaft der Antragstellerin mit der Grundstückseigentümerin als solche rechtfertigt ihr Begehren auf Grundbucheinsicht nicht (vgl. BayObLG FGPrax 1998, 90; Meikel/Böttcher § 12 GBO Rn. 55; Böhringer, Rechtspfleger 1987, 181, 190). Das von der Antragstellerin geltend gemachte Interesse, "dass das vorhandene Vermögen" der Mutter "dem familiären Sozialverband erhalten bleibt", ist rechtlich nicht geschützt (vgl. Meikel/Böttcher und Böhringer aaO.). Das Einsichtsrecht des § 12 Abs. 1 GBO soll Kindern oder sonstigen Verwandten von Grundstückseigentümern nicht das Recht geben, gegen deren Willen zu erfahren, ob und ggf. zu welchen Bedingungen diese ihr Grundeigentum veräußert haben.
b) Anderes folgt nicht aus dem Alter der Grundstückseigentümerin und der Höhe ihrer Rente.
aa) Die gebotene Abwägung zwischen den Interessen des um Grundbucheinsicht Ersuchenden und den schützenswerten Belangen des Grundstückseigentümers hat zur Folge, dass zukünftige Ansprüche, Sicherungsbedürfnisse, Erwartungen und Entwicklungen grundsätzlich kein Einsichtsrecht begründen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 720; Meikel/Böttcher § 12 GBO Rn. 36; Böhringer, Rechtspfleger 1987, 181, 190). Deshalb lässt sich auf eine Pflicht zur Leistung von Unterhalt, deren Entstehung in der Zukunft liegt und noch ungewiss ist, ein berechtigtes Interesse auf Grundbucheinsicht nicht stützen (ebenso BayObLG MDR 1991, 1172). Ob die Mutter der Antragstellerin jemals pflegebedürftig wird, ist vorliegend ebenso offen wie die Frage, ob ihr Einkommen und Vermögen in diesem Fall zur Bestreitung der laufenden Kosten ausreichen oder ob sie gegen die Antragstellerin oder andere Verpflichtete Unterhaltsansprüche geltend machen wird. Allein die Besorgnis, ein solcher Fall könne eintreten, kann das Einsichtsbegehren nicht rechtfertigen (ebenso Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,...