Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. sofortige Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschluss
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens höher als der des Hauptsacheverfahrens, sind für die Ermittlung des Kostenerstattungsbetrages die Kosten jenes Verfahrens nur quotenmäßig zu berücksichtigen. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn Grundlage der Kostenerstattung ein Prozessvergleich ist.
2. Die Parteien können jedoch im Prozessvergleich für das Kostenfestsetzungsverfahren verbindlich regeln, dass im Kostenfestsetzungsverfahren die gesamten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auszugleichen sind.
Verfahrensgang
LG Mosbach (Beschluss vom 21.08.2001; Aktenzeichen 1 O 125/00) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Mosbach vom 21. August 2001 – 1 O 125/00 – wie folgt abgeändert:
Aufgrund des rechtswirksamen Vergleichs des Landgerichts Mosbach vom 19.06.2001 sind von den Klägern als Gesamtschuldner an die Beklagte DM 2.669,68 nebst 4 % Zinsen seit dem 27.06.2001 an Kosten zu erstatten.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
3. Der Beschwerdewert wird auf DM 609,53 festgesetzt.
Tatbestand
I.
Dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Mosbach über eine Werklohnforderung von DM 19.800,00 war ein selbstständiges Beweisverfahren mit einen Gegenstandswert von DM 45.000,00 (AZ: LG Mosbach, 1 OH 1/98) vorausgegangen. Im Prozessvergleich vom 19.06.2001 vereinbarten die Parteien in § 2:
Die im Zusammenhang mit dem Beweisverfahren entstandenen Kosten tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 90 %, die Beklagte zu 10 %. Im übrigen tragen die Kläger als Gesamtschuldner 75 %, die Beklagte 25 % der Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte meldete im Kostenfestsetzungsverfahren unter anderem eine Prozess- und eine Beweisgebühr aus DM 45.000,00 (Beweisverfahren) sowie eine Verhandlungsgebühr und eine Vergleichsgebühr aus DM 19.800,00 an. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21.08.2001 errechnete das Landgericht Mosbach alle vier Gebühren aus dem Streitwert von DM 19.800,00 und addierte die im Rahmen des „Beweissicherungsverfahrens” entstandenen Mehrkosten hinsichtlich Prozess- und Beweisgebühr.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, die auf § 48 BRAGO verweißt und daraus den Schluss zieht, dass Prozess- und Beweisgebühr im Umfang von 9:1 zu quoteln seien.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde der Beklagten (§ 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 Rechtspflegergesetz) ist in vollem Umfang begründet.
1. Nach § 37 Nr. 3 BRAGO gehört das selbstständige Beweisverfahren auch vor der Anhängigkeit der Hauptsache zum Rechtszug. Beide Verfahren bilden gebührenrechtlich eine Einheit, soweit die Streitgegenstände identisch sind. Deshalb kann der Rechtsanwalt Prozess- und Beweisgebühr insgesamt nur einmal fordern (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BRAGO).
Im vorliegenden Falle ist der Gegenstandswert des selbstständigen Beweisverfahrens höher als der Streitwert der Hauptsache. In einem solchen Falle sind die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens im Rahmen der Kostenerstattung, die einzig aufgrund der im Hauptsacheverfahren ergangenen Kostenentscheidung erfolgt, nur quotenmäßig zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe, 11. Zivilsenat, JuriBüro 1996, 36; vgl. auch Zöller/Herget, ZPO-Kommentar, 22. Auflage, § 91 Rdn. 13, Stichwort: „Selbstständiges Beweisverfahren”). Dies gilt auch, wenn Grundlage der Kostenerstattung die Kostenregelung eines Prozessvergleichs ist. Ohne eindeutig ausgedrückten abweichenden Parteiwillen ist nämlich davon auszugehen, dass die in einem gerichtlichen Vergleich erklärte Kostenübernahme nur die (notwendigen) Kosten erfasst, die dem Rechtsstreit – und damit auch nur dem Streitgegenstand des Rechtstreits – zuzurechnen sind.
2. Im vorliegenden Falle haben die Parteien indessen im Prozessvergleich ausdrücklich geregelt, dass alle in Zusammenhang mit dem selbstständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten die Kläger gesamtschuldnerisch zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10 tragen. Hierzu sollen insbesondere auch die aus dem im Vergleich zur Hauptsache höheren Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens herrührenden Anwaltsgebühren zählen, wie die Beklagte im Beschwerdeverfahren unwidersprochen ausdrücklich betont. Dies rechtfertigt es, die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens in voller Höhe im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen. Damit wird entsprechend dem Willen der Parteien ein Erkenntnisverfahren um den Teil der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, der dem Rechtsstreit aufgrund der fehlenden Streitwertidentität nicht zuzurechnen ist, vermieden.
So ist in der Rechtssprechung auch anerkannt (siehe etwa: OLG Karlsruhe, 13. Zivilsenat, MDR 1988, 1063; OLG Köln, Rechtspfleger 2000, 208; Hanseatisches OLG Hamburg, MDR 1997, 202; OLG Bamberg, JuriBüro 1987, Spalte 1705; Kammergericht, MDR 1988, 1063), dass die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs – auch ...