Leitsatz (amtlich)
1. Ist nur ein Teil des Gegenstands eines selbstständigen Beweisverfahrens Streitgegenstand in einem anschließenden Hauptsacheverfahren, so sind die auf den nicht identischen Teil entfallenden Kosten des Beweisverfahrens von der Kostengrundentscheidung der Hauptsache nicht erfasst. Gerichtliche Auslagen dieses Beweisverfahrens, die nur den mit dem Hauptsacheverfahren nicht identischen Gegenstand betreffen, werden dort nicht festgesetzt, soweit sie eindeutig abgrenzbar sind. Im übrigen genügt in der Regel eine quotenmäßige Aufteilung.
2. Eine identische Streitwertfestsetzung im selbstständigen Beweisverfahren und im Hauptsacheverfahren ist ein in der Regel ausreichendes Indiz für eine Identität der Streitgegenstände. Macht aber eine Partei im Kostenfestsetzungsverfahren geltend, konkrete Behauptungen des Beweisverfahrens seien mit der Hauptsache nicht mehr verfolgt worden, so ist dem nachzugehen.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104, 485; GKG § 21; BRAGO § 37 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 20 O 195/00) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mannheim vom 15.11.2001 dahingehend abgeändert, dass die von der Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten 4.939,64 EUR (9.661,10 DM) nebst 4 % Zins aus 4.236,82 EUR (8.286,50 DM) seit dem 21.9.2000 und aus 702,82 EUR (1.374,60 DM) seit dem 16.1.2001 betragen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Gegenstandswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.993,54 DM festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger führten vor dem AG Weinheim ein selbstständiges Beweisverfahren gegen die Beklagte durch. Mit Beschluss vom 13.4.1999 (4 H 4/99, AS 32ff) ordnete das Gericht die Beweiserhebung über 13 behauptete Baumängel an einer Wohnungseigentumsanlage an. Der Sachverständige … stellte fest, dass 11 der behaupteten Mängel vorlagen und schätzte den Mangelbeseitigungsaufwand auf insgesamt 31.600 DM. Über die vom Sachverständigen nicht festgestellte Geruchsentwicklung holte das Gericht ein weiteres Gutachten des Sachverständigen … (4 H 4/99, AS 145ff) ein, in dem kein Mangel der Bauleistung festgestellt wurde. Das AG setzte den Streitwert mit Beschluss vom 8.2.2001 (4 H 4/99, AS 172) auf 31.600 DM fest und stellte den Klägern 4.601,80 DM an Kosten in Rechnung (260 DM Gerichtskosten, 1.980,60 DM für das Gutachten des Sachverständigen … und 2.361,20 DM für das Gutachten …). Hierauf hatten die Kläger 4.000 DM als Vorschuss gezahlt.
Mit der Klage vom 31.5.2000 (AS 1ff) begehrten die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 31.600 DM als Kostenvorschuss für Mangelbeseitigung sowie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz der darüber hinaus gehenden Mangelbeseitigungskosten verpflichtet sei. Mit Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 11.9.2000 (AS 36 ff.) wurde die Beklagte bei voller Kostentragung verurteilt. Mit Urt. v. 22.11.2000 (AS 101ff) hielt das LG das Versäumnisurteil aufrecht und erlegte der Beklagten auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits auf. Es setzte den Streitwert für das Hauptsacheverfahren durch Beschluss vom 8.1.2001 (AS 122) auf 32.600 DM, davon 1.000 DM für den Feststellungsantrag, fest.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.11.2001 (AS 157f) setzte das LG Mannheim die von der Beklagten an die Kläger zu erstattenden Kosten auf 11.654,64 DM nebst 4 % Zins seit 21.9.2000 aus 10.280,04 DM und seit dem 16.1.2001 aus weiteren 1.374,60 DM fest. In der ab dem 21.9.2000 zu verzinsenden Summe sind unter anderem eine Beweisgebühr aus einem Streitwert von 31.600 DM i.H.v. 1.374,60 DM incl. MwSt. sowie 4.000 DM verauslagte Gerichtskosten aus dem selbstständigen Beweisverfahren enthalten.
Die Beklagte wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss und meint, sie sei zu unrecht mit den gesamten Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens belastet worden. Die Streitgegenstände des selbstständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens seien nur teilweise identisch, deshalb dürfe sie nicht für die Erstattung der Kosten des Sachverständigen … herangezogen werden. Die Kosten des Sachverständigen …, die Gerichtskosten sowie die Beweisgebühr seien von ihr nur insoweit zu tragen, als die Streitgegenstände identisch seien.
Die Kläger treten der Beschwerde entgegen.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
1. Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens sind nur teilweise Kosten des Hauptsacheverfahrens.
Gemäß § 37 Nr. 3 BRAGO gehört das selbstständige Beweisverfahren zwar zum Rechtszug der Hauptsache. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass dies uneingeschränkt nur dann gilt, wenn die Parteien und die Streitgegenstände der beiden Verfahren identisch sind (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rz. 13 – Selbständiges Beweisverfahren m.w.N.). Im vorliegenden Verfahren decken sich die Streitgegenstände nicht vollständig. Die unter Beweis gestellten Behauptungen des Verfahrens vor dem AG finden sich nur teilweise im Verfahren vor dem L...