Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftgrund der Wiederholungsgefahr
Leitsatz (amtlich)
Beihilfe zum Einbruchsdiebstahl in einen Geschäftsraum durch bloßes Wachestehen stellt jedenfalls bei geringerem Schaden keine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat im Sinne des § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO dar.
Normenkette
StPO § 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 121-122; StGB §§ 242, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 17.05.2016; Aktenzeichen 21 Ls 240 Js 40306/15) |
AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 16.12.2015; Aktenzeichen 23 Gs 3095/15) |
Tenor
- Die Haftbefehle des Amtsgerichts Freiburg gegen den Angeschuldigten Y vom 16. Dezember 2015 - 23 Gs 3095/15 - und vom 17. Mai 2016 - 21 Ls 240 Js 40306/15 - werden aufgehoben. Der Angeschuldigte Y ist unverzüglich aus der Haft zu entlassen.
- Hinsichtlich des Angeschuldigten X wird die Sache zunächst dem Amtsgericht - Schöffengericht - Freiburg zurückgegeben. Ein Doppel der Akten ist dem Senat unverzüglich nach der Erhebung von Vorstraferkenntnissen wieder zur Entscheidung vorzulegen.
Gründe
I.
Die Angeschuldigten befinden sich in vorliegender Sache seit dem 16.12.2015 ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund der Haftbefehle des Amtsgerichts Freiburg vom gleichen Tag und seit dem 17.05.2016 aufgrund der an diesem Tag ergangenen, hinsichtlich des Tatvorwurfs erweiterten Haftbefehle des Amtsgerichts Freiburg. Die Haftbefehle gegen beide Angeschuldigten gehen von dem Haftgrund der Wiederholungsgefahr (§ 112a Abs. 1 StPO) aus. Eine Aufhebung des ursprünglichen Haftbefehls erfolgte nicht.
Ausweislich des Haftbefehls vom 17.05.2016 liegt dem Angeschuldigten X zur Last, zwischen dem 15.02.2015 und dem 14.12.2015 zwölf Einbruchsdiebstähle und fünf versuchte Einbruchsdiebstähle in Geschäftsräume begangen zu haben, wodurch insgesamt ein Diebstahlsschaden von jedenfalls über 11.000 Euro und ein Sachschaden von mindestens 10.000 Euro entstanden sei. Zudem habe er sich im Verlauf des Jahres 2015 einer Urkundenfälschung (durch unbefugte Anfertigung eines Polizeidienstausweises), am 14.12.2015 einer Amtsanmaßung und am 16.12.2015 einer Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig gemacht.
Dem Angeschuldigten Y liegt ausweislich des gegen ihn ergangenen Haftbefehls vom 17.05.2016 zur Last, dem Angeschuldigten X bei drei vollendeten und zwei versuchten Einbruchsdiebstählen in Bäckereifilialen Hilfe geleistet zu haben, indem er jeweils in der Nähe des Tatorts Wache gestanden habe. Die bei diesen Taten entstandenen Schäden sollen sich in den vollendeten Fällen auf 314,83 Euro Diebstahlsschaden und 800 Euro Sachschaden (Tat 1 am 17.05.2015), auf 1.000 Euro Diebstahlsschaden und einen bislang unbezifferten Sachschaden (Tat 2 am 27./28.08.2015) sowie 150 Euro Diebstahlsschaden und einen bisher unbezifferten Sachschaden (Tat 5 am 16.12.2015), in den versuchten Fällen auf einen bisher unbezifferten Sachschaden (Tat 3 am 23.10.2015) und einen Sachschaden von circa 200 Euro (Tat 4 am 15./16.12.2015) belaufen.
Der Angeschuldigte X ist laut der Auskunft des Bundeszentralregisters bisher achtmal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Insbesondere verhängte das Amtsgericht Freiburg gegen ihn am 20.10.2008 wegen Diebstahls in acht Fällen u. a. einen Schuldspruch gemäß § 27 JGG. Diese Verurteilung wurde einbezogen in das Urteil des Amtsgerichts A vom 14.12.2009, mit dem der Angeschuldigte X wegen Diebstahls in fünf Fällen u. a. zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Am 28.07.2014 verurteilte ihn das Amtsgericht A wegen Diebstahls in vier Fällen u. a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die Auskunft des Bundeszentralregisters über den Angeschuldigten Y weist elf Eintragungen auf. Insbesondere wurde er durch Urteil des Amtsgerichts A vom 03.02.2010 unter Einbeziehung von zwei vorausgegangenen Verurteilungen wegen Diebstahls in fünf Fällen, Hehlerei in zwei Fällen und weiterer Straftaten zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Unter Einbeziehung dieser Verurteilung verhängte das Amtsgericht A am 13.09.2011 wegen versuchten Diebstahls in zwei Fällen eine zweijährige Jugendstrafe gegen den Angeschuldigten Y, die bis zum 02.01.2013 vollständig vollstreckt wurde. Mit Urteil des Amtsgerichts A vom 15.07.2013 wurde gegen ihn wegen Diebstahls u. a. eine Jugendstrafe von "18 Monaten" verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Diese Verurteilung fand Einbeziehung in das am 07.07.2015 rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts A vom 07.10.2014, mit dem der Angeschuldigte Y wegen Diebstahls zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Schließlich wurde gegen ihn durch Strafbefehl vom 23.03.2015 wegen Diebstahls eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen verhängt.
Die Vorstraferkenntnisse befinden sich bi...