Entscheidungsstichwort (Thema)
Wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers
Leitsatz (amtlich)
1. Unterbreitet der Testamentsvollstrecker den Erben konkrete Vorschläge zu einer im Testament ausgeschlossenen Nachlassauseinandersetzung, so liegt darin eine seine Entlassung aus dem Amt rechtfertigende grobe Pflichtverletzung auch dann, wenn die Erben ihn zur vorzeitigen Auseinandersetzung gedrängt hatten.
2. Die Unterbreitung eines in hohem Maße eigennützigen Auseinandersetzungsvorschlags stellt eine grobe Pflichtverletzung und damit einen wichtigen Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers dar.
3. Bei Vorliegen wichtiger Gründe für eine Entlassung ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu überprüfen, ob gleichwohl überwiegende Gründe für ein Verbleiben des Testamentsvollstreckers im Amt sprechen.
4. Nimmt das Beschwerdegericht die Voraussetzungen für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers an, so darf es die Entlassung nicht selbst aussprechen, vielmehr hat es das Nachlassgericht hierzu anzuweisen.
Verfahrensgang
LG Offenburg (Beschluss vom 23.07.2003; Aktenzeichen 4 T 232/01) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten Nr. 4 gegen den Beschluss des LG Offenburg vom 23.7.2003 - 4 T 232/01 - wird mit der Maßgabe als unbegründet zurückgewiesen, dass das Notariat Offenburg 1 - Nachlassgericht - angewiesen wird, den Beteiligten Nr. 4 als Testamentsvollstrecker zu entlassen.
Ebenfalls zurückgewiesen wird die Anschlussrechtsbeschwerde der Beteiligten Nr. 1.
II. Der Beteiligte Nr. 4 hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen und die den übrigen Beteiligten in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 200.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.1. Der den Beruf eines Rechtsanwalts ausübende Beteiligte Nr. 4 ist Testamentsvollstrecker über den - u.a. aus mehreren Hausgrundstücken in O. und H. bestehenden - Nachlass des am 15.10.1995 im Alter von 83 Jahren verstorbenen Erblassers O. B., der bis zu seiner Pensionierung Notariatsdirektor gewesen war. In seinem unter dem Datum 19.12.1994 errichteten eigenhändigen Testament hatte der Erblasser seine beiden aus der Ehe mit der nach ihm verstorbenen Frau H. B. hervorgegangenen Kinder - die Beteiligte Nr. 1 und den Beteiligten Nr. 2 - zu Erben zu je ½ eingesetzt. Die Beteiligte Nr. 3 ist die Ehefrau des Beteiligten Nr. 2, auf die dieser seinen Erbteil mit notariellem Vertrag vom 4.4.1997 (AS. 327/331) übertragen hat.
Der Erblasser hatte Testamentsvollstreckung angeordnet. Die entsprechenden im Testament vom 19.12.1994 enthaltenen Bestimmungen lauten:
"2. Für die höchstzulässige Dauer ordne ich Testamentsvollstreckung mit Verwaltungsbefugnis an."
und
"4. Zu gemeinschaftlichen Testamentsvollstreckern mit Verwaltungsbefugnis ernenne ich:
II. Steuerberater K.-H. N. in O.
III. Steuerberaterin H. S. in O. wobei jeder berechtigt ist, seinen Ersatzvollstrecker selbst zu bestimmen, und wenn er dies nicht tut, dieses Recht dem Nachlassgericht zusteht.
Jedem Testamentsvollstrecker steht als jährliche Vergütung 2 % der jährlichen Mieteinnahmen und Auslagenersatz zu".
Mit Schreiben vom 8.1.1997 (AS. 125) haben die Testamentsvollstrecker K.-H. N. und H. S. ggü. dem Nachlassgericht die Niederlegung ihres Amtes erklärt und den Beteiligten Nr. 4 zu ihrem Nachfolger bestimmt. Dieser hat das Amt mit Schreiben vom 23.1.1997 angenommen.
Mit der Begründung, der Beteiligte Nr. 4 habe sich zu Unrecht eine Konstituierungsgebühr aus dem Nachlass zugeschrieben und den Nachlass in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft verwaltet, hat der Beteiligte Nr. 2 mit Schriftsatz v. 3.3.1997 beim Nachlassgericht die Entlassung des Beteiligten Nr. 4 aus dem Amt des Testamentsvollstreckers beantragt. Diesen Antrag hat die Beteiligte Nr. 3 wieder zurückgenommen, nachdem der Beteiligte Nr. 2 seinen Erbteil auf sie übertragen hatte.
IV. Der Beteiligte Nr. 4 hat - mit Zustimmung der Beteiligten Nr. 1 - neben den unter Nr. 4 des Testaments ausgewiesenen laufenden Vergütungen am 23.12.1998 eine Konstituierungsgebühr i.H.v. 56.213,91 DM aus dem Nachlass entnommen. Diesen Betrag hat er nebst Zinsen an den Nachlass zurückgezahlt, nachdem er auf Antrag der Beteiligten Nr. 1 durch Urteil des LG Offenburg vom 30.10.2001 hierzu verurteilt worden war und er die dagegen zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen hatte.
Nachdem die Witwe des Erblassers im März 1999 verstorben war, sind die übrigen Beteiligten an den Beteiligten Nr. 4 herangetreten, um über eine stufenweise Auseinandersetzung des Nachlasses zu verhandeln. Diese Verhandlungen blieben ohne Erfolg und wurden im Dezember 1999 vom Beteiligten Nr. 4 abgebrochen.
Später schlug die Beteiligte Nr. 1 dem Beteiligten Nr. 4 vor, wenigstens einige Teile des Nachlasses zu verkaufen und den Erlös hälftig an die beiden Erben auszuzahlen. Die Beteiligte Nr. 3 bat den Beteiligten Nr. 4 mit Schreiben vom 5.4.2000 (AS. 687) um einen Vorschlag für ein...