Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit der für die Einholung eines Privatgutachtens entstandenen Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Beschluss vom 12.06.2009; Aktenzeichen 6 O 9/06)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mannheim vom 12.6.2009 - 6 O 9/06 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf Grund des vollstreckbaren Beschlusses des LG Mannheims vom 8.10.2008 sind an Kosten 5.824,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs seit 4.11.2008 von der Beklagten an die Klägerin zu erstatten.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.821,94 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit der für die Einholung eines Privatgutachtens entstandenen Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren.

Mit ihrer am 27.1.2006 erhobenen Klage machte die Klägerin gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht Gewährleistungsansprüche wegen angeblich mangelhaft ausgeführter Bodenbeschichtungsarbeiten geltend. Bereits im Jahr 2003 hatte die H. Wohnungsbau GmbH & Co (im Folgenden: Zedentin), der die nunmehr streitgegenständlichen Gewährleistungsansprüche von der Bestellerin abgetreten worden waren und die diese im März 2005 weiter an die Klägerin übertrug, die auch der Gewährleistungsklage zugrunde liegenden Mängelbehauptungen zum Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens gemacht. Der im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens bestellte Sachverständige war im Rahmen seines im März 2004 erstatteten und im Oktober 2004 mündlich erläuterten schriftlichen Gutachtens im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin gerügten Mängel, soweit sie vorhanden seien, nicht von der Beklagten zu verantworten seien. Hierauf hatte die Zedentin im Januar 2005 ein noch im Januar 2005 erstattetes Gutachten (im Folgenden: Gutachten "S.-1") in Auftrag gegeben, das unter konkreten Darlegungen zum Ergebnis kam, das im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Gutachten sei in seinen wesentlichen Teilen unzutreffend.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin das Gutachten "S.-1", auf das sie sich stützte, vorgelegt. Nach einer ergänzenden Anhörung des im selbständigen Beweisverfahren benannten Sachverständigen, zu dessen Aussagen der insoweit von der Klägerin beauftragte Privatgutachter in einer dem Gericht vorgelegten schriftlichen Stellungnahme (im Folgenden: Gutachten "S.-2") vom 12.1.2007 kritisch Stellung nahm, ordnete das LG nach § 412 ZPO bezogen auf einen Teilbereich die Einholung eines neuen Gutachtens an. Im Beweisbeschluss wies es dabei darauf hin, das neue Sachverständigengutachten werde deshalb eingeholt, weil das Erstgutachten in seiner schriftlichen Abfassung letztlich aufgrund seiner sprachlichen Fassung für das Gericht in großen Teilen unverständlich und damit nicht verwertbar sei. Nach Einholung des neuen Gutachtens schlossen die Parteien einen vom LG am 8.10.2008 gem. § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO festgestellten Vergleich, in dem sich die Beklagte zur Zahlung von 135.000 EUR an die Klägerin verpflichtete und die Parteien die Kosten des Rechtsstreits mit 60 % zu 40 % zu Lasten der Klägerin verteilten. Für das Gutachten "S.-1" hatte der der Privatgutachter ggü. der Zedentin ein Bruttobetrag von 3.331,29 EUR, für das Gutachten "S.-2" ggü. der Klägerin ein Bruttobetrag von 1.223,57 EUR abgerechnet.

Im Rahmen ihres Kostenausgleichungsantrags hat die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Klägerin u.a. den für die genannten Privatgutachten angefallenen Gesamtbetrag von 4.554,86 EUR geltend gemacht. Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.6.2009 hat das LG die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 4.002,72 EUR festgesetzt. Die Berücksichtigung der für die Privatgutachten hat es mit der Begründung abgelehnt, es handle sich insoweit nicht um notwendige Kosten.

Gegen den ihr am 30.6.2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin 14.7.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Berücksichtigung der Kosten für die Gutachten "S.-1" und "S.-2" begehrt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Die für das Gutachten "S.-1" angefallenen Kosten sind entgegen der Auffassung des LG im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.

a) Bei diesem Gutachten handelt es sich um ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten. In Rechtsprechung und Literatur besteht - soweit ersichtlich - darüber Einigkeit, dass die einer Partei für ein solches Gutachten entstandenen Kosten nur ausnahmsweise im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig sind (vgl. z.B. BGH, Beschlüsse v. 17.12.2002 - VI ZB 56/02, BGHZ 153, 235 f. ; v. 4.3.2008 - VI ZB 72/06 [Tz. 6], NJW 2008, 1597, 1598; Zöller/Herget, 28. Aufl. 2010, § 91 Rz. 13 " Privatgutachten "). Die Erstat...

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