Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumsrecht: Vertretungsregelung in der Gemeinschaftsordnung; Frist für die Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine in der Teilungserklärung enthaltene Regelung, wonach sich ein Eigentümer in der Wohnungseigentümerversammlung nur durch einen bestimmten Personenkreis vertreten lassen kann, ist grundsätzlich wirksam.
2. Den die effektive Ausübung ihres Stimmrechts betreffenden Belangen von nicht dauerhaft in der EU (hier: in den USA) lebenden Wohnungseigentümern ist nur dann Genüge getan, wenn eine der gesetzlichen Mindestfrist von einer Woche entsprechende Frist für die Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung auf zwei Wochen verlängert wird.
3. Solange eine Verlängerung der Einberufungsfrist nicht erfolgt ist, können sich nicht dauerhaft in der EU lebende Wohnungseigentümer - trotz dies grundsätzlich nicht zulassender, in der Teilungserklärung enthaltener "Vertreterklausel" - unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (auch) durch einen Angehörigen eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufsstandes (z.B. Steuerberater oder Rechtsanwalt) vertreten lassen.
Normenkette
WEG § 24 Abs. 4 S. 2, § 25 Abs. 2; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 28.09.2004; Aktenzeichen 4 T 119/04) |
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 08.04.2004; Aktenzeichen 13 UR II 1/04 WEG) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Freiburg vom 28.9.2004 (4 T 119/04) wie folgt abgeändert:
a) In Abänderung des Beschlusses des AG Freiburg vom 8.4.2004 (13 UR II 1/04) - dort die Ziff. 3 - wird (unter Aufrechterhaltung der Kostenentscheidung des AG) ggü. den Beteiligten Nr. 3, 8 und 9 festgestellt, dass die Antragsteller sich als Eigentümer ihrer Eigentumswohnung im Fall der Verhinderung oder Unzumutbarkeit einer persönlichen Teilnahme an Eigentümerversammlungen außer durch den in § 15 Ziff. 4 der Teilungserklärung vom 18.10.1994 genannten Personenkreis auch durch einen Angehörigen eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufsstandes, wie z.B. Steuerberater oder Rechtsanwalt, vertreten lassen dürfen.
Dieses Recht wird hinfällig, sobald
II. die Wohnungseigentümergemeinschaft einen wirksam gewordenen Beschluss des Inhalts fasst, dass die Frist zur Einberufung einer Eigentümerversammlung (i.S.v. § 24 Abs. 4 S. 2 WEG) auf zwei Wochen festgesetzt wird und den Antragstellern (vorab und mit der Verpflichtung der Antragsteller wegen eines Ersatzes der insoweit entstehenden zusätzlichen Kosten) die Ladung samt Tagesordnung durch den Verwalter jeweils auch per Fax oder E-Mail zu übermitteln ist,
oder
III. die Antragsteller ihren allgemeinen Lebensmittelpunkt in ein Land der Europäischen Union verlegen oder die Wohnung veräußern.
b) Es wird festgestellt, dass sich das Antragsverfahren im Umfang der vorstehenden Abänderung im Verhältnis zu den Beteiligten Nr. 2 erledigt hat.
c) Im Übrigen wird der Feststellungsantrag der Antragsteller abgewiesen.
IV. Die weiter gehende sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen.
V. Die Gerichtskosten des landgerichtlichen Verfahrens und diejenigen des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner zu ½ und die Antragsgegner Nr. 2, 3, 8 und 9 als Gesamtschuldner ebenfalls zu ½; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten in den beiden Beschwerdeverfahren findet nicht statt.
VI. Der Wert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beträgt 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Miteigentümer des Hausgrundstücks Jägerhäusleweg 40 in 79104 Freiburg. Die Wohnungseigentumsanlage wurde Ende 1996 fertiggestellt. Die schon damals ebenso wie heute noch in den USA, Bundesstaat Illinois, lebenden Antragsteller sind die Erstkäufer/Eigentümer der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung Nr. 101. Im vorliegenden Verfahren geht es inzwischen nur noch um die in § 15 Ziff. 4 der Teilungserklärung vom 18.10.1994 (AS 91 ff.) enthaltene Regelung, wonach ein Eigentümer in Versammlungen
"sich nur durch den Verwalter, seinen Ehegatten oder einen anderen Wohnungs-/Teileigentümer der Gemeinschaft auf Grund schriftlicher Vollmacht vertreten lassen"
kann. Die Antragsteller haben persönlich nur an der ersten Eigentümerversammlung im Jahre 1997 teilgenommen und sich ansonsten in der Folge (bis Mitte 2003 unbeanstandet) durch Herrn Rechtsanwalt H. B., F., dem sie eine Generalvollmacht erteilt haben (AS 5), vertreten lassen. Seit der Eigentümerversammlung vom 5.12.2003 wenden sich verschiedene Miteigentümer unter Hinweis auf § 15 Ziff. 4 der Teilungserklärung gegen diese Vertretungspraxis. Der Bitte der Antragsteller, wegen ihrer persönlicher Wohnsituation eine schriftliche Zustimmungserklärung des Inhalts abzugeben, dass sich die Antragsteller als Eigentümer im Falle der Verhinderung oder Unzumutbarkeit einer persönlichen Teilnahme an einer Eigentümerversammlung außer durch den in § 15 Ziff. 4 der Teilungserklärung genannten Personenkre...