Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert einer negativen Feststellungsklage
Leitsatz (amtlich)
Macht ein Versicherungsnehmer mit einer negativen Feststellungsklage geltend, dass ein Versicherungsvertrag ab einem bestimmten Zeitpunkt - wegen Kündigung - nicht mehr besteht, kommt es für den Streitwert in der Regel darauf an, welche Prämien der Versicherer ohne die streitige Kündigung noch verlangen könnte.
Verfahrensgang
LG Offenburg (Beschluss vom 05.01.2011; Aktenzeichen 2 O 59/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Offenburg vom 5.1.2011 - 2 O 59/09 - (Streitwertfestsetzung) wie folgt abgeändert:
Der Streitwert für das Verfahren vor dem LG wird auf 3.049,20 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger Ziff. 1 unterhielt in der Vergangenheit bei der Beklagten vier verschiedene Versicherungsverträge, der Kläger Ziff. 2 unterhielt bei der Beklagten fünf verschiedene Versicherungsverträge. Unter dem 16.2.2009 erhoben die Kläger Feststellungsklage zum LG Offenburg. Sie begehrten die Feststellung, dass sämtliche Versicherungsverträge mit der Beklagten zum 31.7.2008 auf Grund vorausgegangener Kündigungen beendet worden seien.
Im weiteren Verlauf des Rechtstreits erklärten die Parteien den Rechtstreit übereinstimmend für erledigt. Mit Beschluss vom 31.8.2010 entschied das LG, dass die Kosten des Rechtstreits nach der übereinstimmenden Erledigung von der Beklagten zu tragen sind.
Mit einem weiteren Beschluss vom 5.1.2011 setzte das LG den Streitwert für sämtliche Feststellungsanträge auf insgesamt 45.000 EUR fest. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beklagten. Sie ist der Auffassung, für die Feststellungsanträge der beiden Kläger habe es kein erkennbares wirtschaftliches Interesse im Sinne des Kostenrechts gegeben. Bei den Klageanträgen habe es sich vielmehr um "leere Hülsen" gehandelt, die für die Kläger tatsächlich keine Bedeutung gehabt hätten. Hintergrund der Klage sei vielmehr gewesen, dass beide Kläger in der Vergangenheit für die Beklagte auch als Versicherungsvertreter tätig gewesen seien. Die Beklagte habe sich wegen erheblicher Unregelmäßigkeiten von den Klägern trennen müssen. Soweit die Kläger daraufhin die Beendigung eigener Versicherungsverträge mit der Beklagten geltend machten, sei ein sachliches Interesse der Kläger für diese Klage nicht erkennbar gewesen.
Das LG hat der Beschwerde der Kläger nicht abgeholfen. Entsprechend den Angaben der Kläger in der Klageschrift sei ihr Interesse für die Feststellung der Beendigung der Versicherungsverträge auf 5.000 EUR für jeden einzelnen Vertrag anzusetzen. Bei neun Versicherungsverträgen ergebe sich daraus ein Streitwert i.H.v. insgesamt 45.000 EUR.
Die Kläger verteidigen die Streitwertfestsetzung des LG. Sie sind der Auffassung, bei der Schätzung des wirtschaftlichen Interesses für die Streitwertfestsetzung müsse den Angaben in ihrer Klageschrift erhebliches Gewicht beigemessen werden. Zudem erscheine ein Wert von 5.000 EUR für die Feststellung der Beendigung eines einzelnen Versicherungsvertrages realistisch.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Streitwert für das Verfahren vor dem LG beträgt 3.049,20 EUR.
1. Die Beschwerde der Kläger ist zulässig. Die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels gem. § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG ist eingehalten. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ergibt sich aus der Differenz der bei den unterschiedlichen Streitwerten zu zahlenden Gebühren. Dieser Betrag übersteigt 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO ist der Wert des Verfahrens nach freiem Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Die erforderliche Schätzung des Wertes führt zu einem Betrag von 3.049,20 EUR.
a) Maßgeblich für die Schätzung gem. § 3 ZPO ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse eines Klägers, welches er mit seinen Anträgen verfolgt. Hierbei kommt es auf die Angaben und auf die Sachverhaltsdarstellung an, die zur Begründung der Klage vorgebracht werden (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 3 ZPO Rz. 2). Für die Schätzung des Wertes sind die Sachverhaltsangaben in der Klageschrift nicht auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Für den vorliegenden Fall ist daher maßgeblich, dass die fraglichen Versicherungsverträge - nach den Angaben der Kläger - zum Zeitpunkt der vorgetragenen Kündigungserklärungen noch bestanden und nicht etwa schon früher (wie die Beklagte meint) beendet und abgerechnet worden sind. Diese Darstellung ist der Streitwertfestsetzung zugrunde zu legen.
b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertfestsetzung ist gem. § 40 GKG das Datum der Antragstellung. Dies ist vorliegend der 17.2.2009. Denn zu diesem Zeitpunkt ist die Klage beim LG Offenburg eingegangen. Das bedeutet: Es kommt darauf an, welches wirtschaftliche Interesse die Kläger am 17.2.2009 - auf der Basis ihrer eigenen Angaben - daran hatten, eine Beendigung der Verträge ...