Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Aktenzeichen 8 O 200/18) |
Tenor
1. Der Antrag der Beklagten vom 1. Juli 2019 auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungseinlegungsfrist wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. April 2019 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe - 8 O 200/18 - wird als unzulässig verworfen.
3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
4. Das landgerichtliche Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 16.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz im Rahmen des sog. Abgasskandals.
Das Landgericht Karlsruhe verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 30. April 2019, der Beklagten zugestellt am 14. Mai 2019, zur Zahlung Zug um Zug gegen Rückgabe des erworbenen Kfz. Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2019, beim Oberlandesgericht Karlsruhe per EGVP eingegangen am gleichen Tag, legte die Beklagte hiergegen Berufung ein. Dem Schriftsatz war keine Signaturdatei beigefügt.
Mit Hinweis vom 13. Juni 2019, der Beklagten per beA am gleichen Tag übersandt, wies der Senat auf das Fehlen einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) und den bevorstehenden Ablauf der Berufungseinlegungsfrist am 14. Juni 2019 hin. Mit bei Gericht am 19. Juni 2019 per EGVP eingegangenem Schreiben vom gleichen Tag übersandte die Beklagte eine Eingangsbestätigung des Gerichts vom 12. Juni 2019, aus der sich der Eingang der qualifiziert elektronisch signierten Berufungsschrift ergebe. Mit Fax vom 19. Juni 2019 übersandte die Beklagte erneut die - im Original handschriftlich unterzeichnete - Berufungsschrift vom 12. Juni 2019. Mit Verfügung vom 24. Juni 2019 wies der Senat erneut darauf hin, dass eine Signatur des ursprünglichen elektronischen Dokumentes (Berufungsschrift) nicht nachgewiesen sei.
Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2019 - eingegangen per EGVP bei Gericht am 9. Juli 2019 - übersandte die Beklagte die nach ihrem Vortrag am 12. Juni 2019 erstellte Signaturdatei zur ursprünglichen Berufung und trug vor, die Berufungseinlegung sei schon deshalb wirksam, da keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Authentizität der Eingabe bestünden. Selbst wenn die Übermittlung der Berufungsschrift am 12. Juni 2019 jedoch unwirksam gewesen sein sollte, so sei dieser Mangel gemäß § 130a Abs. 6 S. 2 ZPO geheilt worden. Zudem beantragte die Beklagte Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungseinlegungsfrist und trug dazu vor, offenbar seien die .p7s-Dateien dem Ausgangsdokument aufgrund eines technischen Fehlers beim Versand nicht beigefügt worden. Gleichwohl habe der bis dahin stets zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte Jenzen die auf den 14. Juni 2019 notierte Berufungsfrist versehentlich gestrichen. Entgegen der internen Arbeitsanweisung habe dieser vor Streichung der Berufungsfrist die EGVP-Eingangsbestätigung versehentlich nicht daraufhin geprüft, ob der Berufungsschrift nebst erstinstanzlichem Urteil jeweils die Signaturdateien beigefügt waren. Der Wiedereinsetzungsantrag sei zudem fristgerecht. Denn erst mit der gerichtlichen Verfügung vom 24. Juni 2019, die den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 28. Juni 2019 zugegangen sei, sei der Signaturprüfbericht seitens des Gerichts übersendet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Berufung und Wiedereinsetzungsgesuch haben keinen Erfolg. Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel nicht fristgerecht eingelegt (1.). Dahinstehen kann, ob sie die Frist zur Berufungseinlegung unverschuldet versäumt hat. Denn jedenfalls wurde die Frist zur Wiedereinsetzung gemäß § 234 ZPO nicht eingehalten (2.); auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen nach § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO scheidet aus (3.). Infolge dessen ist ihr Wiedereinsetzungsantrag abzulehnen (§ 233 ZPO) und die Berufung zu verwerfen (§§ 520 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 517 ZPO).
1. Die Berufung wurde nicht fristgerecht eingelegt.
a) Die Berufungsfrist beträgt nach § 517 ZPO einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
b) Das Urteil vom 30. April 2019 wurde der Beklagten am 14. Mai 2019 zugestellt, sodass die Frist zur Einlegung der Berufung gemäß § 222 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, Abs. 3 BGB mit Ablauf des 14. Juni 2019 endete. Der per EGVP am 12. Juni 2019 eingegangene Berufungsschriftsatz wahrte diese Frist nicht, weil ihm keine qualifizierte elektronische Signatur beilag.
1) Nach § 519 Abs. 1 ZPO wird die Berufung durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Gemäß § 519 Abs. 4 ZPO sind die allgemeinen Vorschriften über die v...