Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Verfahrenswertes in Ehesachen und für den Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Festsetzung des Verfahrenswertes in Ehesachen sind vom gemeinsamen Nettovermögen der Ehegatten Freibeträge von 15.000 EUR je Ehegatte und von 7.500 EUR je Kind abzusetzen.
2. Für die Festsetzung des Verfahrenswertes für den Versorgungsausgleich ist gem. § 2 Abs. 1 VersAusglG ein Anrecht jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn die eingeholte Auskunft eindeutig - das heißt ohne Notwendigkeit eingehender Prüfung - ergibt, dass es sich überhaupt nicht um ein Anrecht handelt, das nach seiner Art im Versorgungsausgleich ausgeglichen werden könnte, oder während der Ehezeit keine Anrechte erworben worden sind. Demgegenüber liegt nach der Definition in § 2 Abs. 3 VersAusglG eine Anwartschaft auch dann vor, wenn am Ende der Ehezeit eine für das Anrecht maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzung noch nicht erfüllt ist.
Verfahrensgang
AG Offenburg (Beschluss vom 06.11.2012; Aktenzeichen 1 F 146/12) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellervertreters wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Offenburg vom 6.12.2012 (1 F 146/12) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 21.3.2013 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Verfahrenswert (in erster Instanz) wird auf 43.792 EUR festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Das Rechtsmittel richtet sich auf die zutreffende Berechnung des Verfahrenswerts eines Ehescheidungsverfahrens.
Die beteiligten Eheleute verfügten bei Einreichung des Scheidungsantrags über ein gemeinsames monatliches Nettoeinkommen von 4.500 EUR (3.500 und 1.000 EUR), hinzu kam Kindergeld für die beiden 1993 und 1997 geborenen Kinder. Das gemeinsame Nettovermögen betrug 500.000 EUR.
Die im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens eingeholten Auskünfte ergaben das Bestehen von insgesamt fünf unverfallbaren Anrechten. Nach einer weiteren eingeholten Auskunft bei der Deutschen Rentenversicherung des Ehemannes hatte dieser dort nur Rentenanwartschaften vor der Ehezeit erworben. Außerdem teilte die VBL für die Ehefrau mit, dass zwar während der Ehezeit Anwartschaften erworben worden seien, die erforderliche Wartezeit von 60 Beitragsmonaten aber nicht erfüllt sei. Im Scheidungsverbundbeschluss wurden daher nur die erstgenannten fünf Anrechte ausgeglichen.
Mit Beschluss vom 6.12.2012 hat das AG den Verfahrenswert auf 14.500 EUR für die Ehesache und auf 6.250 EUR den Versorgungsausgleich festgesetzt. Dabei ist das AG für die Ehesache offenbar von 3x 4.500 EUR Einkommen und 1.000 EUR Vermögenszuschlag sowie von 5 Anrechten x (10 % von 13.500 EUR) = 6.750 EUR ausgegangen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers. Damit wurde zunächst eine Festsetzung für die Ehesache auf 38.000 EUR begehrt (5 % des Vermögens von 500.000 EUR abzgl. 2 Freibeträge für Ehegatten von je 15.000 EUR) sowie hinsichtlich des Versorgungsausgleichs von 7 Anrechten. Insgesamt wurde also offenbar eine Festsetzung von 47.450 EUR begehrt.
Das AG hat mit Beschluss vom 21.3.2013 der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Verfahrenswert auf insgesamt 34.000 EUR festgesetzt. Darin enthalten sind für die Ehesache 28.000 EUR, wobei auf das Einkommen 12.000 EUR entfallen (4.500 EUR Einkommen abzgl. 2 Freibeträge für die Kinder von je 250 EUR) sowie 16.000 EUR für das Vermögen (5 % von 500.000 EUR abzgl. 2 Freibeträge für Ehegatten von je 60.000 EUR und 2 Freibeträge für Kinder von je 30.000 EUR). Für den Versorgungsausgleich wurden weiterhin lediglich 5 Anrechte berücksichtigt.
Mit Schriftsatz vom 3.5.2013 begehrt des Antragstellervertreter nunmehr eine Festsetzung auf insgesamt 45.108 EUR. Dabei werden im Rahmen des Einkommens zusätzlich das Kindergeld berechnet, die Kinderfreibeträge abgezogen und im Rahmen des Vermögens zusätzlich 2 Freibeträge für Kinder von je 7.500 EUR abgezogen.
Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die gem. § 59 Abs. 1 FamGKG mit § 32 Abs. 2 S. 1 RVG zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Zutreffend hat der Antragstellervertreter im Schriftsatz vom 3.5.2013 den Wert der Ehesache mit insgesamt 35.902 EUR berechnet.
Gemäß § 43 Abs. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert in Ehesachen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten nach dem Ermessen des Gerichts.
a. Bei den Einkommensverhältnissen ist nach ständiger Rechtsprechung auszugehen von den beiderseitigen Nettoeinkünften zzgl. des Kindergeldes (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.4.2008 - 2 WF 40/08 - Juris Rz. 8; OLG Hamm, Beschl. v. 10.1.2012 - 5 WF 173/11 - Juris Rz. 12 m.w.N.; vgl. auch die Übersicht in Schneider/Herget/Thiel, Streitwertkommentar...