Leitsatz (amtlich)
Zum Streitwert einer Klage, die die Feststellung der Wirksamkeit eines vom Darlehensnehmer erklärten Widerrufs seiner auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung zum Gegenstand hat.
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Beschluss vom 31.07.2015; Aktenzeichen 3 O 90/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beklagten vom 13.8.2015 gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Karlsruhe vom 31.7.2015 - 3 O 90/15 wird der Streitwert abgeändert und von Amts wegen für die erste Instanz auf 14.800,09 EUR festgesetzt.
2. Der Beschwerdewert wird auf 4.752,38 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs einer vom Kläger auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung sowie um Nutzungsersatz und vorgerichtliche Anwaltskosten.
Der Kläger nahm bei der Beklagten am 12.11.2008 ein privates, durch eine Grundschuld gesichertes Darlehen zur Ablösung einer bestehenden Immobilienfinanzierung über 160.000 EUR zu einem bis zum 30.11.2013 gebundenen Zinssatz von 4,85 % p.a. auf (Anlage K1). Etwa ein Jahr später vereinbarten die Parteien eine weitere Zinsfestschreibung ab dem 1.12.2013 bis zum 30.11.2023 (sog. Forwarddarlehen) von 5,05 % p.a. (Anlage K3). Der Kläger hat das Darlehen i.H.v. 58.926,72 EUR getilgt (I 25 ff.).
Mit Schreiben vom 29.11.2014 (Anlage K4) hat der Kläger den "Widerruf des Darlehensvertrages" erklärt, weil er die erteilte Widerrufsbelehrung für nicht ordnungsgemäß hält.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages Nr. gerichteten Willenserklärungen mit Schreiben vom 29.11.2014 wirksam widerrufen hat;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.955,43 EUR als Nutzungsersatz zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die außergerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 2.251,48 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten.
Das LG hat der Klage mit Urteil vom 31.7.2015 bis auf einen kleinen Teil des Nutzungsersatzes stattgegeben und mit Beschluss vom gleichen Tag den Streitwert auf 52.147,53 EUR (offene Restvaluta im Zeitpunkt der Klageeinreichung) festgesetzt. Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.8.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 18.096,22 EUR herabzusetzen. Der Wert des Antrags zu 1) bemesse sich nach den bis zum Ablauf der Zinsbindung geschuldeten Zinsen, sei allerdings begrenzt auf den 3,5fachen Jahresbetrag, so dass bei einem Darlehenssaldo von 68.689,84 EUR zum 28.11.2014 (Zeitpunkt des Widerrufs) und einem vereinbarten Zinssatz von 5,05 % p.a. ein Betrag von nur 12.140,90 EUR anzusetzen sei. Hierzu sei der Antrag zu 2) zu addieren, so dass sich der beantragte Wert ergebe.
Das LG hat mit Beschluss vom 27.8.2015 der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt. Der Streitwert des Antrags zu 1) bemesse sich weder nach der kompletten Darlehenssumme, noch nach den bis zum Ablauf der Zinsbindung noch zu leistenden Zinsen, sondern nach der noch offenen Valuta. Denn das sei der Betrag, der bei weiterer ordnungsgemäßer Darlehensabwicklung zu leisten sei. Zudem werde damit der Streitgegenstand - das Bestehen oder Nichtbestehen eines Darlehensvertrages - im Blick behalten.
II. Die Streitwertbeschwerde der Beklagten, mit der diese eine Herabsetzung des vom LG auf 52.147,53 EUR festgesetzten Streitwerts auf 18.096,33 EUR begehrt, ist zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). In der Sache hat die Streitwertbeschwerde Erfolg; der Streitwert ist danach gem. § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG von Amts wegen auf 14.800,09 EUR festzusetzen.
1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten - wie der vorliegenden - hat das Gericht daher gem. § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Der Wert eines Feststellungsbegehrens ist dabei - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet - nach dem tatsächlichen Interesse des Klägers an dem Urteil zu schätzen (BGH, Beschl. v. 1.6.1976 - VI ZR 154/75, juris). Für den Streit um die Wirksamkeit des Widerrufs bedeutet dies, dass es auf die wirtschaftlichen Vorteile ankommt, die sich der Kläger infolge des Widerrufs im Gegensatz zur Erfüllung des Vertrages verspricht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rz. 16 unter "Feststellungsklage"). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertk...