Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Sachverständigengutachten zur Bemessung teildynamischer Anrechte aus der Bayerischen Apothekerversorgung in der Anwartschaftsphase
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätzlich kommt bei der Umwertung berufsständischer Versorgungsanwartschaften die Barwertverordnung in der Fassung vom 3. Mai 2006 zur Anwendung, gegen deren biometrische Grundlage keine verfassungsrechtlichen Bedenken mehr bestehen.
2. Wird durch die pauschalierte Anwendung der Barwertverordnung jedoch der verfassungsrechtlich gewährleistete Halbteilungsgrundsatz verletzt, ist im konkreten Fall ein versicherungsmathematisches Sachverständigengutachten zu erstellen, bei dem der spezielle Leistungsplan des Versicherungsträgers sowie die Biometrie eines Versichertenbestandes zu berücksichtigen sind.
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 3-4
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Urteil vom 08.10.1997; Aktenzeichen 45 F 63/97) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird das Urteil des AG - FamG - Freiburg vom 8.10.1997 - 45 F 63/97 unter der Ziff. 3 wie folgt abgeändert:
Zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Bayerischen Versorgungskammer - Apothekerversorgung - Versicherungs-Nr. W 434/23306.5 werden auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin Nr. 64 261263 M 550 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 221,08 DM (113,04 EUR), bezogen auf den 31.3.1997, begründet.
Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.356,48 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien und Beteiligten streiten um die Berücksichtigung einer berufsständischen Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners bei der Bayerischen Versorgungskammer - Apothekerversorgung - (Beteiligte zu 3) im Rahmen des Versorgungausgleichs.
Mit Verbund-Urteil vom 8.10.1997, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (I 61 ff.), wurde die Ehe der Parteien geschieden und unter Ziff. 3 der Versorgungsausgleich durchgeführt, indem zu Lasten der Altersversorgung des Antragsgegners bei der Beteiligen zu 3 für die Antragstellerin bei der BfA (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund, Beteiligte zu 1) Rentenanwartschaften i.H.v. 63,17 DM, bezogen auf den 31.3.1997, begründet wurden.
Die Beteiligte zu 1 beantragte unter dem 31.10.1997 Berichtigung dieser Versorgungsausgleichsregelung aufgrund eines offensichtlichen Rechenfehlers.
Die Antragstellerin legte ihrerseits unter dem 17.11.1997 - Eingang beim OLG Karlsruhe dito - gegen das ihr am 16.10.1997 zugestellte Urteil Beschwerde ein.
Mit der Beschwerdebegründung vom 2.2.1998 machte sie verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der Barwertverordnung im Hinblick auf die dabei nicht berücksichtigte Teildynamik der Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3 im Anwartschaftsstadium geltend.
Auf Anregung der Beschwerdeführerin und mit Zustimmung des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten setzte der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 17.3.1998 bis zur Entscheidung des BVerfG in dem Verfahren 1 BVR 1275/97, welches einen vergleichbaren Sachverhalt betraf, aus.
In diesem Bezugsverfahren hob das BVerfG mit Beschluss vom 2.5.2006 (FamRZ 2006, 1000 ff.) die Versorgungsausgleichsentscheidung des OLG Karlsruhe (18 UF 49/96) auf und verwies das Verfahren an das OLG Karlsruhe zurück, da die angefochtene Versorgungsausgleichsregelung gegen den sich aus Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 GG ergebenden Halbteilungsgrundsatz verstoße.
Nach Veröffentlichung der Entscheidung des BVerfG hat die Antragstellerin das Verfahren unter dem 10.8.2006 wieder angerufen.
Aufgrund Beschlusses vom 31.10.2006 holte der Senat ein Sachverständigengutachten zum Wert der Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3 ein.
Für die Ausführungen der Sachverständigen H. wird auf das Gutachten vom 15.6.2007 (II 109 ff.) verwiesen.
Die Parteien und Beteiligten haben sich zu diesem Gutachten kontrovers geäußert.
Die Antragstellerin/Beschwerdeführerin hält die Berücksichtigung des nach dem Barwertfaktor der Beteiligten zu 3 von vorliegend 7,251 ermittelten Barwertes von 141.890,47 DM zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes für geboten und errechnet hieraus eine auf sie zu übertragende Rentenanwartschaft von 221,08 DM.
Die Beteiligte zu 3 vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die aktuelle Fassung der Barwertverordnung anzuwenden sei, da den verfassungsrechtlichen Bedenken des BVerfG mit der zweiten und dritten Verordnung zur Änderung der Barwertverordnung Rechnung getragen wurde und das von der Ermittlung nach der Barwertverordnung abweichende Ergebnis des erhobenen Gutachtens nicht auf der Teildynamik des umzuwertenden Versorgungsanrechtes, sondern auf dem speziellen Leistungsplan und der Biometrie des Versichertenbestandes der Beteiligten zu ...