Entscheidungsstichwort (Thema)
Isolierte Löschung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch
Tenor
1. [Entscheidung zur Verbindung von Verfahren, hier nicht abgedruckt]
2. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamts - Mannheim vom 17.12.2020, MAN051 GRG 716/2020, in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 10.03.2021, MAN051 GRG 1201/2020, aufgehoben. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - Mannheim wird angewiesen, die im Grundbuch von W., Blatt X1 und X2 jeweils in Abt. II unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Nacherbenvermerke für A. W., geb. am (...), S. N., geb. W., geb. am (...) und C. W., geb. am (...), zu löschen.
Gründe
1. [Ausführungen zur Verbindung von Verfahren, hier nicht abgedruckt]
2. Die Beschwerde des Beteiligten ist zulässig und begründet.
a. Die Beschwerde ist zulässig. Der Notar hat, wie ausgeführt, die Beschwerde im Namen des Beteiligten eingelegt, der als Grundstückseigentümer durch die Entscheidung des Grundbuchamts beeinträchtigt und damit beschwerdeberechtigt ist.
b. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Grundbuchamt hat zu Unrecht den Antrag des Beteiligten auf Löschung der im Grundbuch von W., Blatt X1 und X2, in Abt. II unter lfd. Nr. 1 eingetragenen Nacherbenvermerke zurückgewiesen.
(2) Der erforderliche Antrag wurde gestellt. Der Beteiligte ist als Eigentümer antragsberechtigt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO und hat seinen Löschungsantrag vom 30.07.2020 durch den Notar F. mit Schreiben vom 05.08.2020 dem Grundbuchamt übermittelt. Der Notar hat dabei keinen eigenen Antrag, sondern lediglich - aufgrund § 15 Abs. 2 GBO zulässigerweise - den Antrag im Namen des Eigentümers gestellt.
Der Antrag lässt das Begehren einer Eintragung, den Antragsteller und den Inhalt der begehrten Eintragung erkennen. Er ist schriftlich gestellt und von dem Beteiligten als Eigentümer unterschrieben. Der Antrag selbst unterliegt nicht den Formvorschriften des § 29 GBO (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 30 Rn. 5; Meikel/Hertel, GBO, 12. Aufl., § 30 Rn. 13).
(2) Die im Grundbuch als Nacherben eingetragenen und damit von der Löschung des Nacherbenvermerks Betroffenen (A. W., S. N., geb. W., und C. W.) haben am 09.02.2016 gemäß §§ 19, 29 GBO die Löschung bewilligt. Die Bewilligungserklärungen sind öffentlich beglaubigt gemäß § 129 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie sind schriftlich abgefasst, die Unterschriften wurden von dem Notar beglaubigt. Ersatznacherben gibt es im vorliegenden Fall nicht.
(2) Zu Unrecht hat das Grundbuchamt die Löschung mit der Begründung abgelehnt, eine sog. isolierte Löschungsbewilligung sei unzulässig, da sie zur Unrichtigkeit des Grundbuchs führe. Es folgt dabei ohne nähere Begründung der als solcher gekennzeichneten Einzelmeinung in der Kommentierung von Zeiser in BeckOK/Hügel, GBO, 40. Ed., § 51 Rn. 116f..
(a) Die ganz herrschende Meinung geht davon aus, dass ein Nacherbenvermerk nicht nur bei Führen des Unrichtigkeitsnachweises, sondern auch bei einer Bewilligung durch den Nacherben und den Ersatzerben gelöscht werden kann (vgl. z. B. BGH NJW 2014, 1593 - juris, Rn. 10; OLG Karlsruhe, FamRZ 2019, 925 - juris; Demharter, GBO, 32. Aufl., § 51 Rn. 37; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl., § 51 Rn. 177; Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 51 Rn. 116), und zwar unabhängig davon, ob die Nacherbfolge materiell-rechtlich fortbesteht oder nicht (Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl., § 51 Rn. 42). Denn der Nacherbenvermerk dient ausschließlich dem Schutz des Nacherben und des Ersatznacherben (OLG Hamm, Rpfleger 2015, 15 - juris, Rn. 9; BeckOGK/Küpper, BGB, Stand 01.10.2021, § 2100 Rn. 265). Durch den Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks verzichtet der Nacherbe zunächst lediglich auf die Wirkung des Nacherbenvermerks, so dass ein gutgläubiger Dritter das Grundstück frei vom Nacherbenrecht erwerben könnte (OLG Hamburg, FamRZ 2020, 1132 - juris, Rn. 46; OLG München, FamRZ 2017, 1268 - juris, Rn. 11; OLG Hamm, Rpfleger 2015, 15 - juris, Rn. 10; Meikel/Böhringer, GBO, 12. Aufl., § 51 Rn. 177; Staudinger/Avenarius, BGB (2019), § 2100 Rn. 112 und § 2113 Rn. 39). Der Verzicht auf diesen Schutz ist möglich, da der Nacherbe nach herrschender Meinung auch bereits auf die anfängliche Eintragung des Nacherbenvermerks verzichten kann (vgl. nur Staudinger/Avenarius, BGB (2019), § 2113 Rn. 39; Münchener Kommentar/Lieder, BGB, 8. Aufl., § 2100 Rn. 74; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 3512, 3506).
(b) Die gegenteilige Auffassung, auf die sich das Grundbuchamt stützt, geht auf zwei Aufsätze von Bestelmeyer (Rpfleger 1994, 189ff. und 2015, 177ff.) zurück und wird im Wesentlichen nur von Zeiser in BeckOK/Hügel, GBO, 40. Ed. § 51 Rn. 116f. (ders. auch in Hügel, GBO, 4. Aufl., § 51 Rn. 116f.) vertreten. Diese Auffassung stützt sich auf die Überlegung, dass eine "isolierte Löschung des Nacherbenvermerks" vor Eintritt des Nacherbfalls - also eine Löschung des Nacherbenvermerks trotz materiell-rechtlichen Fortbestehens der nacherbschaftlichen Bindung des betroffenen Grundstücks - z...