Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhung der Leistungsfähigkeit durch Reduzierung von Fahrtkosten
Leitsatz (redaktionell)
Ist ein unterhaltsberechtigter Elternteil nur beschränkt in der Lage, den Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB zu leisten, obliegt es ihm, zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit für die Fahrt zum Arbeitsplatz öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen, wenn diese Kosten deutlich günstiger sind als die Fahrtkosten mit dem eigenen Pkw. Dies gilt auch, wenn die Arbeitszeit um Mitternacht beginnt und die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln einen wesentlich höheren Zeitaufwand verursacht.
Normenkette
BGB §§ 1603, 1612a Abs. 1
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - E. vom 14.1.2010 - 1 F 259/09 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt Verfahrenskostenhilfe für eine Abänderungsklage.
Die Parteien sind verheiratet. Sie leben getrennt. Aus der Ehe ist das Kind L., geboren am 2002, hervorgegangen. L. befindet sich in der Obhut der Antragsgegnerin. Ihr Unterhaltsanspruch ist tituliert durch Urkunde des Landratsamtes E. - 163/09 - i.H.v. 192 EUR ab 03/2009 und i.H.v. 85 % des Mindestunterhalts abzgl. hälftigem Kindergeld ab 01/2010 (derzeit also i.H.v. 364 EUR × 85 % = 309,40 EUR./. 92 EUR hälftiges Kindergeld = 217,40 EUR). Grundlage der Urkunde war ein Bruttoeinkommen des Antragstellers i.H.v. 1.635,53 EUR.
Mit Schreiben vom 10.11.2009 kündigte der Arbeitgeber des Antragstellers das Arbeitsverhältnis fristlos. Im späteren arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde das Arbeitsverhältnis zum 31.1.2010 einvernehmlich beendet. Der Antragsteller erhielt eine Abfindung i.H.v. 2.000 EUR.
Am 14.2.2010 trat der Antragsteller eine neue Arbeitsstelle an, bei der er eine Arbeitszeit von 35h/Woche zu je 7,38 EUR/h zzgl. Zuschläge für Feiertage und Fahrtkostenzuschuss erhält.
Unmittelbar nach Erhalt der Kündigung des früheren Arbeitsverhältnisses hatte der Antragsteller im Rahmen des vorliegenden Verfahrens Verfahrenskostenhilfe für eine Abänderungsklage auf 0 EUR hinsichtlich des titulierten Kindesunterhalts beantragt mit der Begründung, er sei ab Dezember 2009 wegen Verlusts des Arbeitsplatzes nicht mehr leistungsfähig. Hieran hielt er auch nach Antritt der neuen Arbeitsstelle unter Hinweis auf das seither geringere Einkommen in Verbindung mit erhöhten Fahrtkosten zur neuen Arbeitsstelle fest. Eine Verdienstbescheinigung der neuen Arbeitsstelle liegt bisher nicht vor.
Der Antragsteller behauptet, er habe sich intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemüht und diese dann schließlich auch gefunden. Zu der neuen Arbeitsstelle müsse er im Hinblick auf die Arbeitszeiten - er arbeite von 19:00 bis 06:00 Uhr Nachtschicht - mit dem eigenen Pkw fahren. Die Entfernung betrage 20 km.
Die Antragsgegnerin behauptet, der Antragsteller habe die fristlose Kündigung durch den früheren Arbeitgeber leichtfertig und insoweit unterhaltsrechtlich mutwillig verursacht. Er sei daher fiktiv am bisherigen Arbeitseinkommen festzuhalten. Nach der Kündigung habe er sich darüber hinaus nicht ausreichend um eine neue Arbeitsstelle bemüht. Zu dem neuen Arbeitsplatz könne der Antragsteller auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.
In dem angefochtenen Beschluss hat das AG, dem die neue Arbeitsstelle ab 14.2.2010 noch nicht bekannt war, den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller verstoße gegen seine Erwerbsobliegenheit, da er sich nicht ausreichend um eine neue Arbeitsstelle bemüht habe. Die vorgetragenen und belegten Bewerbungen seien nicht ausreichend.
Gegen den ihm am 20.1.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am 21.1.2010 eingegangenem Schriftsatz "Beschwerde" eingelegt, der das AG nicht abgeholfen hat.
II. Das als sofortige Beschwerde i.S.v. § 76 Abs. 2 FamFG auszulegende Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet. Das AG hat zu Recht Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung abgelehnt.
Der Anspruch der Antragsgegnerin auf Kindesunterhalt folgt aus § 1601 ff. BGB in Verbindung mit der Düsseldorfer Tabelle. Der Mindestbedarf des Kindes L. beträgt danach 364 EUR. Nach Abzug des hälftigen Kindergeldes ergäbe sich ein Zahlbetrag von 272 EUR. Hiervon sind jedoch lediglich 217,40 EUR tituliert (s.o.). Der Antragsteller ist leistungsfähig in dieser Höhe.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum von 12/2009 bis 01/2010 behauptet der Antragsteller die eigene Leistungsunfähigkeit selbst nicht mehr. Er hat im Schriftsatz vom 4.12.2009 vorgetragen, bis zu diesem Zeitpunkt den Unterhaltsanspruch noch begleichen zu können, da im arbeitsgerichtlichen Verfahren erreicht wurde, dass der Arbeitsvertrag erst zum 31.1.2010 endet. Soweit er nachfolgend darauf abgestellt hat, er habe für Dezember 2009 und Januar 2010 nicht den geschuldeten Verdienst erhalten, hat er gleichzeitig vorgetragen, aus diesem Grund eine weitere arbeitsrechtliche Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber zu führen. Es ist daher davon auszu...