rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
versuchte Nötigung
Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung der Drohung i.S.d. § 240 StGB von einer bloßen Warnung.
Zur Verwerflichkeit der Drohung seitens eines Arbeitgebers, seinen Arbeitnehmer in einem bestimmten Weigerungsfall umzusetzen bzw. zu versetzen.
Normenkette
StGB § 240
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts – 11. Strafkammer – M. vom 23. Mai 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts M. zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht – Strafrichter – M. verurteilte X. am 19.07.2001 wegen versuchter Nötigung in fünf tatmehrheitlichen Fällen zu der Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je DM 250. Soweit dem Angeklagten jeweils eine tateinheitlich hierzu begangene fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen wurde, beschränkte das Amtsgericht die Strafverfolgung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf das Vergehen der versuchten Nötigung. In einem weiteren dem Angeklagten mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft M. vom 23.03.2001 zur Last gelegten Fall der versuchten Nötigung sprach das Amtsgericht den Angeklagten frei. Gegen das Urteil legte der Angeklagte, soweit er verurteilt worden ist, Berufung mit dem Ziel seines Freispruchs ein. Die Staatsanwaltschaft beschränkte die ihrerseits gegen das Urteil erhobene Berufung auf das Strafmaß.
Mit Urteil vom 23.05.2002 verwarf das Landgericht M. die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe, dass die Gesamtgeldstrafe auf 90 Tagessätze zu je EUR 130 ermäßigt wurde; die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde verworfen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte, soweit seine Berufung verworfen worden ist, Revision eingelegt und mit Verteidigerschriftsätzen vom 09.08.2002, 30.09.2002 und 21.07.2003 näher begründet. Er rügt die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts; er erstrebt die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt mit Schrift vom 08.11.2002, auf die Revision des Angeklagten das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen.
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat den – aus der Beschlussformel ersichtlichen – vorläufigen Erfolg.
Entscheidungsgründe
II.
Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen – Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO und Rüge der Verletzung des § 261 StPO – sind aus den in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilten Gründen unzulässig, da sie nicht den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu stellenden Anforderungen genügen.
Das Rechtsmittel hat indes mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts – vorläufigen – Erfolg.
Das Verhalten des Angeklagten, das er in den von ihm mit den fünf DO-(Dienstordnungs-)Angestellten – K., L., G., H. und R. – im September 1999 geführten Einzelgesprächen (Vier-Augen-Gesprächen) bewies, ist – entgegen der Annahme der Strafkammer – nicht als täterschaftliche Verwirklichung des Versuchs der Nötigung dieser Angestellten zu würdigen, sondern jeweils als Beihilfe (§ 27 StGB) zu dem „höheren Ortes”, d.h. von dem Vorstandsvorsitzenden der Krankenkasse A., dem gesondert verfolgten Y. in S., und von dem Geschäftsführer der Bezirksdirektion der Krankenkasse A in M., dem ebenfalls gesondert verfolgten Z., am 31.08.1999 bzw. 01.09.1999 angeordneten „S.-Anweisung”), in mittelbarer Täterschaft durchzusetzenden Versuch, diese Angestellten zu veranlassen, aus ihrer privaten Zusatzversicherung in die Krankenkasse A. zu wechseln.
(Nur) insoweit sind die von der Strafkammer zur objektiven und zur subjektiven Seite der Taten – entgegen der Meinung der Verteidigung und der Generalstaatsanwaltschaft ohne durchgreifenden, dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler – getroffenen Feststellungen tragend. Insbesondere teilen die Gründe des angefochtenen Urteils die Anweisung des Vorstandsvorsitzenden der Krakenkasse A. vom 31.08.1999 „S.-Anweisung”), festgehalten in dem an die Geschäftsbereichsleiter Ki., Fr. und den Angeklagten gerichteten Schreiben des Geschäftsführers der Krankenkasse A.-Bezirksdirektion RN., Z., vom 01.09.1999 nicht lediglich durch Verweisung auf den Akteninhalt, sondern ausdrücklich im Wortlaut mit. Davon ist mithin im vorliegenden Revisionsverfahren auszugehen.
Seitens Y. und Z. beinhaltete die mittels des Angeklagten als Tatmittler zu bewirkende Ankündigung der von diesen in Aussicht genommenen Zwangsmaßnahmen, die für den Fall der Verweigerung des Wechsels der genannten DO-Angestellten aus der privaten Zusatzversicherung in die Krankenkasse A. vollziehen seien, durchaus eine Drohung mit einem empfindlichen Übel i.S. d. § 240 StGB. Inhalt der Drohung war ein empfindliches Übel (Herbeiführung eines Funktionswechsels unter Entfernung aus dem Außendienst und der Personalverantwortung; Herausnahme aus der Tätigkeit in ku...