Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 01.03.2017; Aktenzeichen 10 Ns 250 Js 26754/15)

 

Tenor

  1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 01.03.2017 wird als unbegründet verworfen.
  2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Freiburg hatte den heute 29-jährigen Angeklagten am 01.12.2015 wegen "gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl in weiterer Tateinheit mit Nötigung", begangen am 16.06.2015, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt (Einzelstrafen: sechs Monate und acht Monate).

Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Freiburg zu Ungunsten des Angeklagten Berufung ein mit dem Ziel der Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe; mit Schreiben vom 23.02.2016 erklärte die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage des Berufungsgerichts, dass die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werde.

Das Landgericht Freiburg hat die Berufungsbeschränkung bezüglich der im amtsgerichtlichen Urteil unter II. 2. festgestellten Tat (gefährliche Körperverletzung zum Nachteil von A) für unwirksam gehalten, dementsprechend eine Beweisaufnahme auch zur Sache durchgeführt und eigene Feststellungen getroffen, aufgrund derer es zu derselben rechtlichen Würdigung kam wie das Amtsgericht, und mit dem angefochtenen Urteil das amtsgerichtliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zu einer (unbedingten) Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde (Einzelstrafen: vier Monate und sechs Monate).

Dagegen hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt, mit welcher er innerhalb der Begründungsfrist die Verletzung materiellen Rechts gerügt und beantragt hat, das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 01.03.2017 mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückzuverweisen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat in ihrer Antragsschrift vom 26.05.2017 beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Soweit der Angeklagte mit seiner Revision insbesondere beanstandet, dass er zu Unrecht wegen vollendeter statt versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden sei, obwohl sich nach den Feststellungen im landgerichtlichen Urteil der Zeuge A durch seine vorgehaltenen Arme geschützt habe und es tatsächlich zwischen dem beschuhten Fuß des Angeklagten und dem Tatopfer zu keinem Kontakt gekommen sei, vermag er damit schon deshalb nicht durchzudringen, weil dem die Rechtskraft des amtsgerichtlichen Schuldspruchs entgegensteht.

Nach Auffassung des Senats, der von Amts wegen - auch ohne entsprechende Rüge - zu prüfen hatte, ob bzw. inwieweit die mit der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 23.02.2016 erklärte Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam war (§ 318 Satz 1 StPO - BGHSt 27, 70 ff.; BGH NJW 1980 1807; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 318 Rn. 8, § 352 Rn. 4), hat das Fehlen von Feststellungen zur Beschaffenheit der vom Angeklagten getragenen Turnschuhe sowie zu deren konkret gefährlichem Einsatz im amtsgerichtlichen Urteil nicht die vom Landgericht angenommene Unwirksamkeit der Beschränkung der staatsanwaltlichen Berufung auf den Rechtsfolgeausspruch zur Folge, auch wenn die amtsgerichtlichen Feststellungen insoweit einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten würden, weil sie die Annahme einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht zu tragen vermögen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.05.2015 - 2 StR 488/14 - [...]; NStZ 2017, 164 f.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH StV 2017, 314 f.) ist eine den Schuldspruch unberührt lassende isolierte Anfechtung des Strafausspruchs grundsätzlich möglich und in der Regel wirksam. Unwirksamkeit ist nur anzunehmen, wenn unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat oder wenn die Tatsachenfeststellungen unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind, dass sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen und keine taugliche Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfolgenentscheidung bieten. Demgegenüber lässt allein die fehlerhafte Rechtsanwendung beim Schuldspruch eine Revisionsbeschränkung noch nicht notwendigerweise unwirksam werden (BGH aaO).

Die Frage, ob eine weitere Einschränkung der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung dann geboten ist, wenn der Angeklagte nach den Feststellungen zu Unrecht wegen eines Verbrechens statt eines Vergehens verurteilt worden oder zu Unrecht ein mit einer höheren Strafandrohung versehener Straftatbestand angenommen worden ist, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (bejahend: OLG Saarbrück...

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