Leitsatz (amtlich)
Prüfungsgegenstand im Verfahren auf Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111 g StPO in einen nach §§ 111 b ff. StPO arrestierten Vermögensgegenstand ist ausschließlich die Frage, ob der titulierte Anspruch aus der Tat herrührt, deretwegen die Beschlagnahme bzw. Arrestierung erfolgte und ob der Gläubiger zu dem durch § 111 g StPO privilegierten Personenkreis der durch die verfahrensgegenständliche Tat Verletzten gehört.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Entscheidung vom 24.04.2003; Aktenzeichen 24 KLs 613 Js 2983/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts - Wirtschaftsstrafkammer - Mannheim vom 24. April 2003 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.
Gründe
Mit dem genannten Beschluss hat die Strafkammer auf am 24.03.2003 eingekommenem Antrag des Landes R. - vertreten durch das Finanzamt ... nach § 111 g Abs. 2 StPO die von jenem gegen den Verurteilten auf Grund eines Haftungsbescheides (§ 191 AO i.V.m. §§ 71, 370 Abs. 1, 4 und 7 AO) betriebene Zwangsvollstreckung in näher bestimmtem Umfang zugelassen. Hiergegen richtet sich die mit Verteidigerschriftsatz vom 06.05.2003 form- und fristgerecht erhobene und mit Verteidigerschriftsatz vom 21.07.2002 näher begründete sofortige Beschwerde des Verurteilten.
Das Rechtsmittel bleibt aus den vom Senat für zutreffend erachteten, durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ohne Erfolg.
Zu bemerken ist:
Der Senat teilt die Rechtsauffassung der Strafkammer, dass die Bestimmung des § 111 g StPO auch auf Fälle - wie den vorliegenden - anzuwenden ist, in denen nach § 111 d StPO zwecks Rückgewinnungshilfe zur Sicherung der Interessen möglicher Verletzter ein Arrest in das Vermögen des Verurteilten angeordnet worden ist (vgl. Meyer- Goßner StPO 46. Aufl. § 111 b Rdnrn. 5, 6; § 111 d Rdnr. 4). Die Zusammenschau der Vorschriften der §§ 111 b ff. StPO, insbesondere mit § 111 g StPO und § 111 h StPO verdeutlicht, dass dem Geschädigten die Zurückgewinnung verlorener Werte durch eigene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ermöglicht werden soll. Dazu aber bedarf es einer Zulassungsentscheidung nach § 111 g StPO. Für diesen Fall tritt der Staat die Schutzposition, die er in Form eines zu seinen Gunsten wirkenden Veräußerungsverbotes durch die Ausbringung des dinglichen Arrestes erlangt hat, gleichsam an den Verletzten ab. Ansonsten würde das vorrangige staatliche Pfändungspfandrecht - dem Zweck der Rückgewinnungshilfe zuwiderlaufend - die Vollstreckung des Geschädigten in die sichergestellten Vermögenswerte verhindern. Es gibt aber keinen Grund, dass ein solcher Rangrücktritt zwar dann stattfinden sollte, wenn der Staat eine Beschlagnahme bzw. Pfändung nach §§ 111 b, 111c StPO bewirkt hat, nicht aber dann, wenn er den dinglichen Arrest nach § 111 d StPO angeordnet hat (vgl. ähnlich BGH - IX. Zivilsenat - NJW 2000, 2027; OLG Hamm wistra 2002, 398; Schmid/Winter Vermögensabschöpfung in Wirtschaftsstrafverfahren -Rechtsfragen und Praktische Erfahrungen- NStZ 2002, 8, 11 [I 4. c] m.w.N.; a.A. - ohne nähere Begründung -KK-Nack StPO 5. Aufl. § 111 g Rdnr. 1).
Prüfungsgegenstand im Verfahren nach § 111 g StPO ist ausschließlich die Frage, ob der Antragsteller [hier das Land R., vertreten durch das Finanzamt T.], der nach dieser Bestimmung die Zulassung der Zwangsvollstreckung in einen nach §§ 111 b ff. StPO beschlagnahmten bzw. arrestierten Vermögensgegenstand des Antragsgegners begehrt, einen ihm aus der Straftat des Antragsgegners [hier des zwischenzeitlich rechtskräftig Verurteilten] gegen diesen erwachsenen Anspruch - glaubhaft - geltend macht (vgl. auch OLG Hamm a.a.O.). Ob der behauptete Anspruch des Antragstellers tatsächlich besteht, wirksam tituliert, der Antragsteller Inhaber des Titels und der Anspruch gegen den Antragsgegner im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzbar ist, unterliegt im Verfahren nach § 111 g StPO nicht der Nachprüfung durch den nach § 111 c StPO berufenen Strafrichter. Diese Fragen beurteilen sich vielmehr nach den dem geltend gemachten Anspruch zugrundeliegenden materiellrechtlichen Bestimmungen, d.h. nach den jeweils einschlägigen Rechtsgrundlagen und sind im Zuge der insoweit in den jeweiligen Verfahrensordnungen eigens vorgesehenen Rechtswege bzw. mit Hilfe der dort bestimmten Rechtsmittel zu klären. Dies erhellt aus dem - bereits eingangs aufgezeigten - mit § 111 g Abs. 2 Satz 1 StPO verfolgten gesetzgeberischen Zweck:
Die Beschlagnahme bzw. der dingliche Arrest nach den §§ 111 b ff. StPO soll den auf Verfall (§§ 73 ff. StGB) oder Einziehung (§§ 74 ff. StGB) lautenden Teil des staatlichen Strafanspruchs sichern. Andererseits ordnet § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB an, dass der sichergestellte Gegenstand vorrangig zur Befriedigung des durch die Straftat Verletzten wegen seiner aus der Tat erwachsenen Schadensersatzansprüche zur Verfügung stehen soll. Die Befriedigung des Verletzten erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung, etwa nach den Vorschriften der Zivi...