Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Aktenzeichen 3 O 124/03) |
Tenor
Der Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin vom 9.10.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung bei dem Erwerb von Wertpapieren. Das LG Karlsruhe hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat der Senat mit Urteil vom 23.9.2008 zurückgewiesen. Am 9.10.2008 hat die Klägerin beantragt, den Tatbestand des am 25.9.2008 zugestellten Senatsurteils in 13 Punkten zu berichtigen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift vom 9.10.2008 Bezug genommen. Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten.
II. Der Antrag ist in weiteren Teilen unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Nach § 320 Abs. 1 ZPO kann binnen einer zweiwöchigen Frist die Berichtigung des Tatbestands beantragt werden, wenn dieser Unrichtigkeiten, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche enthält. Das gilt auch für tatbestandliche Feststellungen in einem Berufungsurteil, obwohl dieses gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO keinen förmlichen Tatbestand i.S.v. § 313 Abs. 1 Nr. 5 ZPO enthält (vgl. nur BGH NJW-RR 2007, 1434, 1435). Der Antrag der Klägerin ist daher statthaft. Er wurde auch form- und fristgerecht gestellt.
Soweit die Klägerin - unter Punkt 9 bis 11 - einzelne Behauptungen als erstinstanzliches Vorbringen gekennzeichnet wissen will, fehlt ihrem Antrag jedoch das Rechtsschutzbedürfnis. Die Möglichkeit der Tatbestandsberichtigung besteht nur deshalb, weil der Tatbestand des Urteils gem. § 314 ZPO den - nur durch das Sitzungsprotokoll zu entkräftenden - Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefert. Sie soll verhindern, dass unrichtig beurkundeter Parteivortrag infolge der Beweiskraft fehlerhafte Grundlage für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wird. Eine Tatbestandsberichtigung ist daher nur zulässig, soweit der Tatbestand die verstärkte Beweiskraft gem. § 314 ZPO besitzt (BGH NJW 1983, 2030, 2032). Daran fehlt es bei der beantragten Kennzeichnung von erstinstanzlichem Vorbringen. Denn bei Berufungsurteilen beschränkt sich die Beweiskraft tatbestandlicher Feststellungen auf das mündliche Parteivorbringen im zweiten Rechtszug. Den Beweis für das Vorbringen erster Instanz liefert allein der Tatbestand des angefochtenen Urteils, während der Darstellung dieses Vorbringens im Berufungsurteil als bloßer Wiedergabe der Verfahrensgeschichte keine verstärkte Beweiskraft nach § 314 ZPO zukommt (BGH NJW 1999, 1339; OLG Stuttgart, NJW 1973, 1049).
Aus dem gleichen Grund fehlt dem Antrag der Klägerin auch insoweit das Rechtsschutzbedürfnis, als er - unter Punkt 13 - darauf gerichtet ist, die pauschale Verweisung auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen um eine Auflistung sämtlicher nach Datum und Fundstelle bezeichneter Schriftsätze und Anlagen zu ergänzen. Denn diese ebenso umständliche wie überflüssige Form der Bezugnahme hat keinen höheren Beweiswert als die pauschale Verweisung, die der Senat in das Urteil aufgenommen hat. Auch sie bringt nämlich nur zum Ausdruck, dass der gesamte bis zum Termin angefallene Akteninhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist (vgl. nur BGH NJW-RR 2002, 381). Hiervon wäre sogar ohne ausdrückliche Erwähnung der Schriftsätze und Anlagen auszugehen, weil die Parteien nach der Rechtsprechung des BGH mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel auf deren Inhalt Bezug nehmen (vgl. BGH NJW 1992, 2148, 2149; NJW-RR 1996, 379).
Im Hinblick auf diesen Grundsatz, mit dem der BGH seine frühere Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft des Tatbestands faktisch aufgegeben hat (vgl. BGH NJW 2004, 1876, 1879), ist das Rechtsschutzbedürfnis auch insoweit zweifelhaft, als die Klägerin - unter Punkt 1 bis 6 - beantragt, die tatbestandlichen Feststellungen im Hinblick auf ihr schriftsätzliches Vorbringen zu ergänzen. Die Frage kann hier jedoch offen bleiben, weil der Antrag jedenfalls unbegründet wäre. Denn durch die umfassende Bezugnahme auf die Schriftsätze der Parteien hat der Senat das Vorbringen, dessen ausdrückliche Erwähnung die Klägerin begehrt, bereits zum Gegenstand seiner tatbestandlichen Feststellungen gemacht, so dass es an einer nach § 320 ZPO zu berichtigenden Auslassung fehlt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 320 Rz. 4 m.w.N.).
Soweit die Klägerin - unter Punkt 7, 8 und 10 ihres Antrags - geltend macht, der Senat habe erstinstanzliches Vorbringen zu Unrecht als streitig dargestellt, ist das Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls zweifelhaft. Denn insoweit wendet die Klägerin lediglich ein, die Beklagte habe dieses Vorbringen nicht substantiiert bestritten. Sie behauptet aber nicht, dass es in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig geworden wäre. Ihr Antrag bezieht sich also wiederum nur auf die - nicht von § 314 ZPO erfasste - Darstellung erstinstanzlichen Vorbringens. Die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses bedarf aber auch insoweit keiner abschließenden Entscheidung, weil der Antrag jedenfalls ...