Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Landgerichts F. vom 15. Oktober 1993 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Beschwerdewert wird auf 53.315,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Kläger nimmt den Beklagten aus unerlaubter Handlung auf materiellen Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Am 08.03.1990 führte der Kläger, zu jenem Zeitpunkt Starkstromelektriker, wie an den Vortagen auch, für seinen Arbeitgeber, die Firma K., Elektroarbeiten in einem Gebäude des B. werks, eines Energieversorgungsunternehmens, durch. Da die Gefahr bestand, daß der Kläger mit unter Spannung stehendem Material in Berührung kam, mußten vor Aufnahme der Arbeit umfangreiche Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden. Für diese war der Beklagte, Arbeitnehmer des B. werks, auch im Verhältnis zu den Mitarbeitern der Firma K. verantwortlich. Waren die Schutzmaßnahmen ausgeführt, stellte der Beklagte einen sogenannten Freigabeschein aus, der vom Kläger gegengezeichnet werden mußte. Erst danach durfte der Kläger mit seiner Arbeit in den freigegebenen Zellen beginnen. Am 08.03.1990 erlitt der Kläger in einer der Zellen einen Stromschlag und wurde lebensgefährlich verletzt.

Er behauptet, der Beklagte habe den Unfallort freigegeben und den entsprechenden Schein ausgestellt, obwohl die Voraussetzungen für ein gefahrloses Arbeiten nicht gegeben gewesen seien. Der Beklagte bestreitet das und trägt seinerseits vor, der Kläger habe die Sicherungsvorschriften mißachtet und an einer Stelle gearbeitet, die nicht freigegeben worden sei.

Das Landgericht hat sich mit Beschluß vom 15.10.1993 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Arbeitsgericht F. verwiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall handele es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern aus einer unerlaubten Handlung, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehe. Solche fielen nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG in die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen. Nicht erforderlich sei, daß die gegeneinander prozessierenden Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber beschäftigt seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitig eingekommene sofortige Beschwerde des Beklagten. Er ist der Meinung, eine Verweisung an das Arbeitsgericht wäre nur dann zulässig gewesen, wenn der Kläger in den Betrieb des Badenwerks eingegliedert gewesen wäre. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen.

Das Rechtsmittel ist nach §§ 17 a Abs. 4 GVG, 48 ArbGG zulässig. Die letztgenannte Vorschrift bestimmt in ihrer neuen Fassung ausdrücklich, daß die Rechtswegbestimmungen des GVG auch für das Verhältnis der ordentlichen zur Arbeitsgerichtsbarkeit entsprechend gelten.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Senat ist mit dem Landgericht der Ansicht, daß der Rechtsstreit nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG vom Arbeitsgericht zu entscheiden ist. Unzweifelhaft ist hier eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern aus einer unerlaubten Handlung gegeben. Wie im angefochtenen Beschluß bereits ausgeführt ist, ist es nicht notwendig, daß die Parteien bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sind (vgl. Kissel, GVG, § 13 Rn. 199;, Grunsky, ArbGG, 5. Aufl., § 2 Rn. 129; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 1 Rn. 91 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat Auseinandersetzungen der in § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG beschriebenen Art den Arbeitsgerichten zugewiesen, weil er davon ausgegangen ist, daß diese wegen ihrer Besetzung mit Laienrichtern aus der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberschaft besonders sachkundig sind, Streitigkeiten zu entscheiden, die ihr Gepräge aus den besonderen Gegebenheiten der Arbeitswelt erhalten. Die Frage, welchem Betrieb zwei wegen einer unerlaubten Handlung streitenden Arbeitnehmer angehören, ist vor diesem rechtlichen Hintergrund ohne Bedeutung. Es kann für die Zuständigkeit der Gerichte beispielsweise nicht darauf ankommen, ob auf einer Großbaustelle, die heute verbreitet von Arbeitsgemeinschaften verschiedener Firmen unterhalten werden, ein Arbeitnehmer einen anderen aus seinem eigenen Betrieb verletzt, oder ob das Opfer Mitarbeiter einer zweiten Firma ist.

Im vorliegenden Fall stand das dem Beklagten angelastete Verhalten auch mit dem Arbeitsverhältnis der Parteien im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG im Zusammenhang, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Voraussetzung ist nicht, wie der Beklagte meint, daß der Kläger gleichsam in den Betrieb, dem er selbst angehörte, eingegliedert wurde. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist vielmehr schon dann gegeben, wenn die unerlaubte Handlung mit dem Arbeitsverhältnis nicht nur äußerlich und zufällig zusammenhängt, sondern sie in dessen besonderer Eigenart und in den ihm eigentümlichen Reibungen und Berührungspunkten wurzelt (BGH MDR 1958, 331; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, aaO).

Von einem lediglich äußerlich...

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