Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Handlungen der Vollzugsbehörde als Verfahrensbeteiligte innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens vor der Strafvollstreckungskammer sind keine selbständig nach § 109 StVollzG anfechtbaren Maßnahmen.

  • 2.

    Ein unbeschränkter Anspruch des nach § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten auf Einsicht in die Krankenunterlagen ohne Rücksicht auf öffentliche Belange und berechtigte Interessen Dritter kommt nicht in Betracht. Zu den öffentlichen Belangen gehört insbesondere auch der Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren, die von dem Untergebrachten ausgehen.

  • 3.

    Ist die Gewährung von Lockerungen von der Vollzugsbehörde mündlich widerrufen worden, so hat die Strafvollstreckungskammer im hiergegen gerichteten Verfahren nach § 109 StVollzG den Inhalt des angegriffenen Bescheides umfassend mit den die Entscheidung tragenden Gründen festzustellen, um diesen dann einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.

  • 4.

    Die gerichtliche Nachprüfung von Prognoseentscheidungen der Vollzugsbehörde i. S. v. § 15 Abs. 3 Satz 1 b. -w. UBG hat sich darauf zu beschränken, ob sich die Beurteilung oder Prognose in dem gezogenen rechtlichen Rahmen hält; eigene Erwägungen zur Missbrauchsgefahr sind der Strafvollstreckungskammer verwehrt.

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Antragstellers gegen die Beschlüsse des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - X. vom 06. Juli 2001 und 24. Juli 2001 werden als unbegründet verworfen (§ 119 Abs. 3 StVollzG).

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 10. 09. 1991 gem. § 63 StGB im Maßregelvollzug im Zentrum für Psychiatrie Y. (ZfP).

1.

Nachdem die Verteidigerin des Untergebrachten sich in einem persönlichen Gespräch am 14. 11. 2000 und noch einmal schriftlich am 19. 12. 2000 bei der Maßregelvollzugsanstalt um Einsicht in die gesamten Krankenakten des Untergebrachten bemüht hatte, lehnte das ZfP es mit Schreiben vom 29. 12. 2000 ab, ihr über die objektiven Untersuchungsbefunde hinaus Einblick in die vorhandenen Behandlungsunterlagen zu gewähren.

Am 29. 01. 2001 ersuchte auch der Berichterstatter der Strafvollstreckungskammer im Verfahren 7 StVK 353/00 zur Überprüfung der Fortdauer der Maßregel die Anstalt um Vorlage sämtlicher Krankenakten. Mit der Verteidigerin des Untergebrachten am 23. 03. 2001 nachrichtlich übersandter Stellungnahme vom 19. 03. 2001 lehnte das ZfP - anwaltlich beraten - die Herausgabe der Akten - über die objektiven Befunde hinaus - unter Berufung auf im einzelnen dargelegte entgegenstehende Interessen des in die Behandlung des Untergebrachten involvierten ärztlichen und therapeutischen Pflegepersonals sowie aus Sicherheitsbedenken ab.

Mit Schriftsatz vom 04. 04. 2001 ließ der Untergebrachte nunmehr durch seine Verteidigerin beantragen,

  • a.

    den nachrichtlich übersandten "negativen Bescheid" des ZfP vom 19. 03. 2001 aufzuheben,

  • b.

    die Anstalt zu verpflichten, der Verteidigerin Einsichtnahme in sämtliche Krankenakten zu gewähren, und

  • c.

    hilfsweise die Anstalt zur erneuten Entscheidung zu verpflichten.

Gegen die Zurückweisung seiner Anträge durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 24. 07. 2001 (7 StVK 108/01) wendet der Untergebrachte sich mit seiner am 31. 08. 2001 erhobenen Rechtsbeschwerde, mit der er seine Anträge weiter verfolgt und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhebt.

2.

Nachdem dem Beschwerdeführer am 27. 09. 2000 im Rahmen einer "Teambesprechung" mitgeteilt worden war, dass ihm bisher genehmigte Lockerungen (Ausgänge und Urlaube mit der Schwester bzw. den Eltern) nicht mehr gewährt würden, stellte er bei der Strafvollstreckungskammer mit am 02. 10. 2000 eingekommenen Schreiben vom 28. 09. 2000 neben einem (später zurückgewiesenen) Eilantrag in der Hauptsache Anträge auf

  • a.

    Aufhebung des Widerrufs der Lockerungen

  • b.

    Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widerrufs

  • c.

    Verpflichtung der Anstalt auf Gewährung der zuvor genehmigten Lockerungen "unter den vor Juni 2000 geltenden Auflagen"

  • d.

    hilfsweise die Verpflichtung der Anstalt zur Neubescheidung hinsichtlich der Lockerungen

Sämtliche Anträge wurden durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 06. 11. 2000 abgelehnt. Auf die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde hob der Senat diesen mit Beschluss vom 22. 03. 2001 auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Mit Beschluss vom 06. 07. 2001 (7 StVK 287/00) hat die Strafvollstreckungskammer die Anträge des Untergebrachten abermals zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Untergebrachte mit seiner am 09. 08. 2001 erhobenen Rechtsbeschwerde, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

3.

Die erhobenen Rechtsmittel, deren Zulässigkeit gem. § 116 StVollzG zur Fortbildung des Rechts (Rechtsbeschwerde vom 31. 08. 2001) bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Rechtsbeschwerde vom 09. 08. 2001) zu bejahen war, erwiesen sich in der Sache als erfolglos.

II.

1.

Die Entscheidung über den erhobenen Anspr...

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