Leitsatz (amtlich)
Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die zweijährige Anfechtungsfrist des § 1600b Abs. 1 BGB durch das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 2 BGB nicht gehemmt wird. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 1600b Abs. 1 BGB ist eine Anfechtung durch den leiblichen Vater auch dann nicht möglich, wenn die zuvor bestehende sozial-familiäre Beziehung des Kindes zu dem rechtlichen Vater erst nach Ablauf der Zweijahresfrist beendet worden ist.
Normenkette
BGB § 1600 Abs. 2, § 1600b Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bruchsal (Beschluss vom 18.01.2016; Aktenzeichen 4 F 262/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bruchsal vom 18.01.2016 (4 F 262/15) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich mit der Beschwerde gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft des rechtlichen Vaters R. H. und Feststellung der Vaterschaft des Antragstellers hinsichtlich des am ... geborenen Kindes M. S..
R. H. hatte die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter am 02.03.2012 vor dem Standesamt G. anerkannt. R. H. und die Mutter lebten seit Februar 2012 mit M. zusammen.
Das Kind M. ist im Februar 2014 vom Kreisjugendamt G. in Obhut genommen worden. M. lebt derzeit in einer Erziehungsstelle im Bezirk des AG B.. Mit Beschluss des AG - Familiengericht - G. vom 21.05.2014 (12 F 127/14) sind der Mutter Teilbereiche ihres alleinigen Sorgerechts für M. (Aufenthaltsbestimmungsrecht, Recht zur Gesundheitsfürsorge, Recht zur Beantragung von Leistungen nach SGB VIII sowie Recht zur Regelung von Kindergartenangelegenheiten) wegen Kindeswohlgefährdung entzogen worden. Ausweislich der Gründe des Beschlusses sind die Mutter und R. H. spätestens seit Februar 2014 getrennt lebend; Kontakt zwischen R. H. und dem Kind bestehe seither nicht. Aus dem Beschluss ergibt sich weiterhin, dass die Mutter durch das AG G. wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 180 Fällen am 21.01.2014 verurteilt worden ist.
Mit Urteil des AG G. vom 31.07.2015 ist der Antragsteller wegen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln in 180 Fällen, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in fünf Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Ausweislich der Urteilsgründe hat die Mutter G. S. in mindestens 180 Fällen vom Antragsteller Haschisch erhalten.
Unter dem 27.11.2012 hatte der Antragsteller beim AG - Familiengericht - G. (12 F 1063/12) einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe und Anfechtung der Vaterschaft eingereicht. Er hat beantragt, festzustellen, dass der rechtliche Vater R. H. nicht der Vater des Kindes M. sei. Denn er sei der biologische Vater. Er habe die Mutter auch anlässlich der Geburt des Kindes im Krankenhaus besucht. Die Mutter habe ihm mitgeteilt, dass M. sein Sohn sei; sie habe ihn in der Vergangenheit ein- bis zweimal in der Woche mit dem Kind besucht. Der für das Kind in dem Verfahren bestellte Ergänzungspfleger hat unter dem 27.02.2013 mitgeteilt, dass die Mutter in der Empfängniszeit keinen Geschlechtsverkehr mit dem Antragsteller gehabt habe. Seit 10.06.2011 sei die Mutter mit dem Vater R. H. des beteiligten Kindes zusammen. Eine Vaterschaft des Antragstellers scheide aus.
Das AG hat den Antragsteller, den rechtlichen Vater und die Mutter im Termin vom 16.04.2013 angehört. Die Mutter hat angegeben, sie sei sich nicht sicher, wer der Vater sei. Seit dem 10.06.2011 sei sie wieder mit R. H. zusammen und seit dem 15.02.2012 würden sie zusammen in einer Wohnung in H. leben. Sie seien nach wie vor zusammen und würden mit M. zusammen als Familie leben. R. H. hat angegeben, M. sei sein Kind. Er sei bei der Geburt dabei gewesen. Auch wenn er heute höre, dass die Mutter unsicher gewesen sei bzw. sei, wer der Vater sei, könne er nur sagen, M. sei sein Kind.
Mit Beschluss vom 22.04.2013 hat das AG - Familiengericht - G. den Antrag des Antragstellers auf Anfechtung der Vaterschaft des Beteiligten R. H. zu dem Kind M. S. zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwischen dem rechtlichen Vater R. H. und dem betroffenen Kind bestehe eine sozial-familiäre Beziehung, so dass eine Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft durch den Antragsteller gemäß § 1600 Abs. 2 BGB ausscheide.
Mit am 12.03.2014 beim AG - Familiengericht - G. eingegangenem Antrag hat der Antragsteller die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Verfahren auf Umgang mit dem Kind M. beantragt (12 F 218/14). Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei der leibliche Vater des Kindes. Der Umgang des Kindes mit ihm diene dem Kindeswohl. Es sei unbestritten, dass er mit dem Kind in der Vergangenheit Kontakt gehabt habe. Nach dem Auszug des rechtlichen Vaters aus dem Familienverband mit der Mutter habe er insbesondere in den letzten Wochen vor der Inobhutnahme des Kindes Kontakt zu diesem gehabt. Das Kind möge ihn. Gerade infolge der...