Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtsstand des Erfüllungsorts bei einer Klage gegen den Erben und gegen den Testamentsvollstrecker

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts (§ 29 Abs. 1 ZPO) gilt auch für eine Klage gegen den Erben und gegen den Testamentsvollstrecker, wenn eine vertragliche Verpflichtung des Erblassers geltend gemacht wird.

2. Eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO kommt nicht in Betracht, wenn ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts durch eine anderweitige Zuständigkeitswahl des Antragstellers im vorausgegangenen Mahnverfahren verloren gegangen ist.

 

Normenkette

ZPO § 29 Abs. 1, § 36 Abs. 1 Ziff. 3; BGB § 269 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Lörrach (Aktenzeichen 5 C 46/16)

 

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers, ein gemeinsam zuständiges Gericht für die Klage gegen beide Antragsgegner im Verfahren des AG Lörrach - 5 C 46/16 - zu bestimmen, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Gerichtsstandsbestimmungsverfahrens trägt der Antragsteller.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist ein rechtsfähiger Verein, der u.a. Träger des Altenpflegeheims St. G. in N. ist. Die am 03.05.2014 verstorbene Frau H. K. wohnte zuletzt in diesem Pflegeheim. Die Antragsgegnerin Ziffer 1 ist Erbin der Verstorbenen; der Antragsgegner Ziffer 2 ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass der Verstorbenen. Die Antragsgegnerin Ziffer 1 hat ihren Wohnsitz im Bezirk des AG Lörrach; der Antragsgegner Ziffer 2 hat seinen Wohnsitz im Bezirk des AG Lahr.

Der Antragsteller macht aus dem mit der Verstorbenen abgeschlossenen Heimvertrag restliche Vergütungsansprüche für den Aufenthalt im Pflegeheim vor dem 03.05.2015 geltend. Der Antragsteller hat zunächst Mahnbescheide gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1 als Erbin und gegen den Antragsgegner Ziffer 2 als Testamentsvollstrecker erwirkt. Das Mahnverfahren gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1 ist nach Widerspruch an das AG Lörrach abgegeben worden, welches der Antragsteller im Mahnantrag als zuständiges Gericht angegeben hatte. In dem nunmehr beim AG Lörrach gegen die Antragsgegnerin Ziffer 1 anhängigen streitigen Verfahren hat der Antragsteller die Ansprüche gegen beide Antragsgegner mit Schriftsatz vom 01.02.2016 begründet.

Mit Schriftsatz vom 01.02.2016, der an das Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - weitergeleitet worden ist, beantragt der Antragsteller, für die Klage gegen beide Antragsgegner ein gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen. Da der allgemeine Gerichtsstand für die beiden Antragsgegner bei verschiedenen AGen liege, sei eine Gerichtsstandsbestimmung geboten, um eine gemeinsame Verhandlung der Klage gegen die Antragsgegner als Streitgenossen zu erreichen.

Mit Verfügung vom 04.03.2016 hat der Berichterstatter des Senats darauf hingewiesen, dass gegen eine Gerichtsstandsbestimmung möglicherweise rechtliche Bedenken bestehen, wenn ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand gegeben ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sowohl der Antragsteller als auch beide Antragsgegner sind daran interessiert, dass das AG Lahr für zuständig erklärt wird.

II. Der Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines gemeinsamen zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO liegen nicht vor.

1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren ergibt sich aus § 36 Abs. 2 ZPO. Der allgemeine Gerichtsstand der Antragsgegnerin Ziffer 1 liegt im Bezirk des AG Lörrach, während der Antragsgegner Ziffer 2 seinen allgemeinen Gerichtsstand beim AG Lahr hat. Das Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - ist für diese beiden Gerichte das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht.

2. Eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO kommt nicht in Betracht. Es reicht nicht aus, dass die beiden Antragsgegner ihren Wohnsitz und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand in den Bezirken verschiedener AGe haben. Denn eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat wäre nach dem Gesetz nur dann möglich, wenn auch kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet wäre. Diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor. Es gibt einen gemeinschaftlichen Gerichtsstand des Erfüllungsortes, welchen der Antragsteller für seine Klage gegen beide Antragsgegner hätte wählen können.

a) Gegenstand des vor dem AG Lörrach geführten Rechtstreits sind Zahlungsansprüche aus einem Heimvertrag. Der Erfüllungsort für die vertraglichen Zahlungspflichten der Verstorbenen ergibt sich aus

§ 269 Abs. 1 BGB. Für die Entscheidung des Senats kommt es nur darauf an, dass es einen solchen Erfüllungsort tatsächlich gibt. Es kann dabei jedoch dahinstehen, welches der vertragliche Erfüllungsort ist. Insoweit kommt in Betracht entweder der Ort, an welchem die vertragscharakteristische Leistung des Antragstellers erbracht wurde, also der Ort des Pflegeheims in N.. (Vgl. zur Maßgeblichkeit der vertragscharakteristischen Leistung auc...

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